Wertvolle Erkenntnisse zur Belastung von Lebensmitteln mit Zoonoseerregern

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat zum zweiten Mal einen Bericht über die Ergebnisse des bundesweit durchgeführten Zoonosen-Monitorings veröffentlicht. Die Ergebnisse für das Jahr 2010 zeigen unter anderem, dass die Belastung von Putenfleisch mit Campylobacter (17,3 Prozent) und Salmonellen (5,5 Prozent) auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr liegt.

Der Bericht, der erstmalig auch eine Bewertung der Ergebnisse durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) enthält, liefert wertvolle Erkenntnisse zum Vorkommen von Zoonoseeregern in Lebensmitteln und Nutztieren. Die Ergebnisse lassen sich nutzen, um Schwerpunkte in der Überwachung zu setzen. Mit den Daten aus dem Jahr 2010 lassen sich zugleich in einigen Bereichen erstmalig Tendenzen in der Ausbreitung von Zoonoseerregern und diesbezüglichen Antibiotikaresistenzen im Vergleich zum Vorjahr analysieren und Entwicklungen verfolgen.

Insgesamt gingen in das Zoonosen-Monitoring 8.180 Proben aus Erzeugerbetrieben, Schlachthöfen und dem Einzelhandel ein, die von den Bundesländern im Rahmen der Lebensmittel- und Veterinärüberwachung im Jahr 2010 entnommen und auf das Vorkommen von Salmonella spp., Campylobacter spp., verotoxinbildende E. coli (VTEC), Listeria monocytogenes bzw. Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) untersucht wurden. Außerdem wurden im Rahmen des Antibiotikaresistenz-Monitorings 3.748 Isolate der verschiedenen Zoonoseerreger und kommensalen E. coli (Bestandteil der normalen Darmflora) am BfR auf ihre Resistenz gegen antimikrobielle Substanzen untersucht.

Die durchgeführten Untersuchungen im Einzelhandel zeigen, dass frisches Putenfleisch häufig (17,3 Prozent) mit Campylobacter spp. kontaminiert ist. Salmonella spp. wurden in 5,5 Prozent der Proben von frischem Putenfleisch gefunden. Diese Werte decken sich im Wesentlichen mit den Ergebnissen aus dem Vorjahr und verdeutlichen, dass von frischem Putenfleisch ein Risiko für eine Infektion des Menschen mit Salmonellen und Campylobacter ausgehen kann. Untersuchungen am Schlachthof konnten aufzeigen, dass Puten Träger der Erreger sind und der Schlachtprozess die Belastung von Fleisch mit Salmonellen und Campylobacter zu begünstigen scheint.

Die verschiedenen Zoonoseerreger wurden, abgesehen von Salmonella spp., in unterschiedlicher Häufigkeit in Proben von Tankmilch, die zur weiteren Bearbeitung bestimmt war, nachgewiesen. Da Konsummilch in Deutschland vor der Abgabe an Verbraucher grundsätzlich wärmebehandelt wird, stellen die betreffenden Zoonoseerreger in der Tankmilch kein Risiko für den Verbraucher dar. Rohmilch sollte vor dem Verzehr grundsätzlich erhitzt werden. Ein gesundheitliches Risiko kann von Rohmilch ausgehen, wenn die Erhitzung ausbleibt, wie beispielsweise bei der Herstellung von Rohmilchkäse.

Proben von Konsumeiern aus dem Einzelhandel waren zu 0,7 Prozent auf der Schale mit Salmonella spp. kontaminiert. Im Inneren der Eier waren dagegen keine Salmonellen nachweisbar. In der Belastung mit Salmonellen wurden zwischen Eiern von Legehennen aus unterschiedlichen Haltungsformen und zwischen Eiern aus Deutschland und nichtdeutscher Herkunft keine wesentlichen Unterschiede festgestellt.

Verotoxinbildende E. coli (VTEC) konnten in 26,5 Prozent der Kotproben von Mastkälbern nachgewiesen werden. Die Ergebnisse aus dem Vorjahr zeigten bereits, dass die Erreger auch bei Tieren am Schlachthof (13,5 Prozent), in frischem Kalbfleisch (5,8 Prozent) und Kalbfleischzubereitungen (3,1 Prozent) aus dem Einzelhandel auftreten, und lassen einen Zusammenhang zwischen dem Fleischgewinnungsprozess und der Belastung von Fleisch mit VTEC vermuten.

Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) konnten auf allen Stufen der Lebensmittelkette von den Erzeugerbetrieben bis zum Lebensmittel im Einzelhandel häufig nachgewiesen werden. 19,6 Prozent der Staubproben aus Mastputen- und Mastkälberbetrieben, 65,5 Prozent der Halshautproben von Putenkarkassen am Schlachthof und 32,0 Prozent der Proben von frischem Putenfleisch aus dem Einzelhandel waren mit MRSA kontaminiert. Nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft kann davon ausgegangen werden, dass das Risiko einer Übertragung von MRSA über kontaminierte Lebensmittel auf den Menschen als gering anzusehen ist. Verbraucher sollten jedoch im Umgang mit bestimmten Lebensmitteln die auch im Hinblick auf andere Zoonoseerreger erforderliche Sorgfalt aufwenden.

Im Rahmen der Resistenzuntersuchungen wurden im Jahr 2010 bei Masthähnchen und Mastkälbern deutlich höhere Antibiotikaresistenzraten festgestellt als im Vorjahr. Als neue spezifische Problematik ist das Auftreten hochgradig fluorochinolonresistenter Salmonella Kentucky in der Lebensmittelkette Putenfleisch zu betrachten.

Verbraucher können sich vor einer lebensmittelbedingten Infektion schützen, indem sie Fleisch durchgaren und eine strenge Küchenhygiene einhalten, welche die Übertragung der Erreger von rohem Fleisch insbesondere auf verzehrfertige Lebensmittel (zum Beispiel Salat) während der Speisenzubereitung verhindert. Rohmilchprodukte und Speisen, die rohe Eier enthalten, sollten von empfindlichen Verbrauchergruppen wie Kleinkindern, älteren und immungeschwächten Menschen sowie Schwangeren nicht verzehrt werden.

Der Bericht zum Zoonosen-Monitoring 2010 ist online abzurufen unter: http://www.bvl.bund.de/ZoonosenMonitoring

Hintergrundinformation

Zoonosen sind Krankheiten bzw. Infektionen, die auf natürlichem Weg direkt oder indirekt zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können. Zoonoseerreger können von Nutztieren zum Beispiel während der Schlachtung und Weiterverarbeitung auf das Fleisch übertragen werden. Mit Zoonoseerregern kontaminierte Lebensmittel stellen eine wichtige Infektionsquelle für den Menschen dar. Häufige Erreger lebensmittelbedingter Infektionen sind Campylobacter spp. und Salmonella spp. Infektionen mit Listeria monocytogenes oder verotoxinbildende E. coli (VTEC) treten seltener auf. Aufgrund der Schwere der Erkrankungen, die sie auslösen können, spielen sie aber eine wichtige Rolle. Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) sind weltweit verbreitete Erreger von zum Teil schwerwiegenden Krankenhausinfektionen. Bei Nutztieren hat sich ein spezifischer Typ von MRSA ausgebreitet, der als „Multilocus Sequenztyp ST398“ bezeichnet wird. Nach derzeitigem Kenntnisstand scheinen aber Menschen, die mit „Nutztier-assoziierten“ MRSA kolonisiert sind, weniger zu einer Ausbreitung von MRSA in Krankenhäusern beizutragen als Träger von „Krankenhaus-assoziierten“ MRSA-Stämmen. Außerdem scheint eine Infektion des Menschen mit diesen „Nutztier-assoziierten“ MRSA-Stämmen auch nur in seltenen Fällen zu schweren Krankheitserscheinungen zu führen.

Basierend auf der Richtlinie 2003/99/EG zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern sind alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, repräsentative und vergleichbare Daten über das Auftreten von Zoonosen und Zoonoseerregern sowie diesbezüglicher Antibiotikaresistenzen in Lebensmitteln, Futtermitteln und lebenden Tieren zu erfassen, auszuwerten und zu veröffentlichen, um so Aufschluss über Entwicklungstendenzen und Quellen von Zoonosen und Zoonoseerregern zu erhalten. Dabei werden vor allem diejenigen Zoonoseerreger überwacht, die eine besondere Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. Das Zoonosen-Monitoring wird von den Ländern seit dem Jahr 2009 auf Grundlage einer Verwaltungsvorschrift bundesweit einheitlich jährlich im Rahmen der amtlichen Lebensmittel- und Veterinärüberwachung durchgeführt. Die von den Ländern erhobenen Untersuchungsergebnisse werden vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gesammelt, ausgewertet, zusammengefasst und im Bericht über die Ergebnisse des jährlichen Zoonosen-Monitorings veröffentlicht.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bewertet die Untersuchungsergebnisse und integriert sie zusammen mit allen anderen auswertbaren zoonoserelevanten Daten in den Bericht über die Entwicklungstendenzen und Quellen von Zoonosen, Zoonoseerregern und Antibiotikaresistenzen, welcher nach den Bestimmungen des Artikels 9 der Richtlinie 2003/99/EG an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zu übermitteln ist. Die EFSA prüft die Daten aller Mitgliedstaaten und veröffentlicht sie in ihrem jährlichen Bericht zu Zoonosen und lebensmittelbedingten Ausbrüchen in der EU, der die Grundlage für das Risikomanagement bezüglich Zoonoseerregern in Europa bildet.

Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)