Europa Task Force

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe des Präsidenten des Europäischen Rates vom 18. Oktober 2010 (sog. Van Rompuy Task Force)…

Die Krise der Eurozone im Mai dieses Jahres wurde maßgeblich durch eine nicht nachhaltige Finanz- und Wirtschaftspolitik einiger Mitgliedstaaten der Eurozone verursacht. Die Krise machte deutlich, dass die existierenden Mechanismen des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes nicht mehr ausreichen, um eine unsolide Haushalts- und eine nicht nachhaltige Wirtschaftspolitik in den Mitgliedstaaten zu verhindern.Europa Task Force

Die Arbeitsgruppe des Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, hat daraus die Konsequenzen gezogen: In dieser Woche am 18. Oktober 2010 haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe, die Finanzminister der 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union, einstimmig ihre Empfehlungen zur Stärkung der Haushaltsdisziplin der Mitgliedsstaaten der EU, zur Verbesserung der wirtschafispolitischen Überwachung und zur Vermeidung und Bewältigung zukünftiger Finanzkrisen in Europa abgegeben.

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe sind ein großer Erfolg für Deutschland und Europa und ein gewaltiger Fortschritt gegenüber dem Status quo:

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt greift mit dem neuen Frühwarnsystem der wirtschaftlichen Überwachung wesentlich früher als bisher, bekommt endlich mehr Biss, um die Defizite und Schulden in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zu begrenzen und erstmals haben sich alle Mitgliedsstaaten darauf verständigt, ein neues Regelwerk zu entwickeln, um zukünftige Krisen auf den (Staats-) Anleihemärkten zu bewältigen.

Die Kernergebnisse sind:

Für die Bewertung der Haushaltslage eines Mitgliedsstaates spielt neben dem Defizit [Glossar] künftig die Verschuldung eine wichtigere Rolle als bisher. Genauer: Um den Stabilitäts- und Wachstumspakt einzuhalten, muss jedes Land nicht nur seine Defizitquote – also seine Neuverscliuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt [Glossar] (BIP) – auf unter 3 Prozent des BIP senken, sondern zwingend auch seine Schuldenquote verringern, also das Verhältnis der Gesamtschulden zum BIP. Zielgröße ist das Referenzkriterium des Maastricht-Vertrages (60 Prozent des BIP). Damit haben sich alle Länder Europas auf einen nachhaltigen Konsolidierungskurs verpflichtet.

Deutliche Schärfung des Sanktionsmechanismus…

Sanktionen kommen früher: Im sog. präventiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts, also wenn das Staatsdefizit kleiner als 3 Prozent des BIP ist, wird ein neuer Sanktionsmechanismus für die Eurozone eingeführt. Der präventive Arm verpflichtet die MS zu einer tragfähigen Finanzpolitik mit einem nahezu ausgeglichenen Haushalt oder einem Überschuss in konjunkturellen Normallagen. Bislang ergeben sich aus dem präventiven Arm keine verbindlichen Verpflichtungen.

Sanktionen kommen schneller: Im korrektiven Arm des Stabilitäts- und Wachstumspakts, also wenn das Defizit größer als 3 Prozent des BIP und/oder der Schuldenabbau nicht ausreichend ist, wird ein neuer Sanktionsmechanismus für die Eurozone eingeführt, wenn der Rat ein übermäßiges Defizit feststellt. Der neue Mechanismus wird wesentlich schneller greifen als das bestehende Instrumentarium. Der Zeitgewinn beträgt im Extrem mehrere Jahre.

Sanktionen werden schärfer: Mittelfristig können nicht nur Finanz- und Geldstrafen verhängt, sondern dem Land erstmals auch EU-Haushaltsgelder gestrichen werden.

Sanktionen werden erstmals nach einem klar strukturierten und vor-definierten Entscheidungsprozess zwischen Kommission und Rat verhängt. Sanktionen unterbleiben zukünftig nur dann, wenn eine Mehrheit im Rat sie ablehnt (umgekehrte Mehrheitsentscheidung). Kann eine solche Mehrheit im Rat nicht vom betroffenen Mitgliedsland organisiert werden, erfolgt automatisch die Sanktion. Durch diesen quasi-automatischen Mechanismus wird es zukünftig wesentlich schwieriger, Sanktionen zu stoppen. Bislang musste jeder Sanktionsschritt aktiv vom Rat beschlossen werden.

In Zukunft verpflichten sich die Mitgliedsländer zudem auf Mindestvorgaben für nationale fiskalische Regeln, wie wir sie in Deutschland mit der Schuldenbremse [Glossar] bereits haben.

Zudem einigten sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe auf das sogenannte „Europäische Semester“. Das heißt, die Haushaltspolitiken der Mitgliedsländer werden kontinuierlich starker koordiniert, ohne -das ist wichtig – in das Budgetrecht der nationalen Parlamente einzugreifen.

Die Erosion der Wettbewerbsfähigkeit in einigen Ländern Europas war – neben der nachlässigen Haushaltspolitik – die zweite strukturelle Ursache für die Krise in der Euro [Glossar]-Zone. Die Wettbewerbsfahigkeit wird in Zukunft anhand ausgewählter Indikatoren – zum Beispiel nominale und reale Lohnstückkosten – überwacht. Auch in diesem Bereich sind Sanktionen möglich.

Arbeiten an einem permanenten Krisenhewältigungsmechanismus werden fortgesetzt…

Die Task Force war sich einig, dass der derzeitige Rettungsschirm mittelfristig durch einen neuen, glaubwürdigen und permanenten Krisenbewältigungsmechanismus ersetzt werden muss. Dieser soll falsche Anreize vermeiden. Eine Beteiligung des Privatsektors ist ausdrücklich erwähnt.

Deutschlands Position ist klar: Kernelement des Mechanismus muss die Einbeziehung des Privaten Sektors sein. Halter von Staatsanleihen müssen das Anleiherisiko im Krisenfall auch tatsächlich tragen. Nur so können Risiken auf den Anleihemärkten korrekt bewertet und der Steuerzahler entlastet werden.

Die Einigung erkennt ausdrücklich an, dass zum Abschluss der Folgearbeiten Vertragsänderungen notwendig sein können. Das betrifft sowohl die Arbeiten zu einem dauerhaften Krisenbewältigungsmechanismus als auch die Frage, im Falle schwerwiegender Verletzungen der Grundprinzipien der Wirtschafts- und Währungsunion [Glossar] die Stimmrechte des betroffenen Mitgliedstaates im Rat auszusetzen.

Szenario 1 bezgl. Wirtschaftsstabilität

Szenario 2 bezgl. Wirtschaftsstabilität

Bundesfinanzministerium