Potsdam/Berkeley – In Krisenzeiten verlassen sich Reiche auf Geld, weniger Betuchte hingegen auf Familie und Freunde. Das hat das Team um den Psychologen Paul Piff von der University of California in Berkeley http://berkeley.edu ermittelt. „In Zeiten der Unsicherheit erleben wir eine dramatische Polarisierung: Die Reichen halten an ihrem erreichten Reichtum fest und Arme verbringen mehr Zeit mit der Familie und den geliebten Menschen“, sagt Piff.
Schutz suchen im Überfluss
Sobald Menschen aus unterschiedlichem sozio-ökonomischen Hintergrund mit einer wirtschaftlichen Rezession, politischer Instabilität oder Naturkatastrophen konfrontiert sind, benehmen sie sich sehr unterschiedlich. Die Versuchspersonen wurden zunächst auf ihre soziale Herkunft hin analysiert. Man fragte sie, ob sie für einen guten Job ihre Freunde und Familie hinter sich lassen würden. Die Teilnehmer aus höheren sozialen Schichten bejahten diese Frage, während Menschen aus niedrigeren Schichten ihr soziales Umfeld wegen besserer Jobaussichten nicht verlassen würden.
In Deutschland gibt es noch keine adäquaten Untersuchungen. „Was man sagen kann, ist, dass die Erfahrung, also durch die Sozialisation entwickelten Grundlagen, unsere Sichtweisen und unser Verhalten prägen“, erklärt Corina Hausdorf, Psychologin und Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens Gideon in Potsdam http://gideon-potsdam.de , gegenüber pressetext.
Als Beispiel nennt die Expertin geschäftstüchtige Eltern, die wenig Zeit für ihr Kind hatten und dies mit Geschenken kompensieren. Doch auch Freunde, die des Geldes wegen den Kontakt pflegen, würden das Gefühl vermitteln, dass man sich auf andere Menschen nicht verlassen kann. „In den meisten Fällen wird Zuflucht und Schutz in dem gesucht, was im Überfluss und zuverlässig da ist – das Geld. Insbesondere wenn noch eine gewisse Prominenz dazukommt, erfährt das Kind eine Isolierung vom normalen sozialen Leben“, sagt Hausdorf.
Reiche im Teufelskreis gefangen
Reiche Menschen könnten in einen Teufelskreis geraten, befürchten die Experten. Je mehr Geld und materielle Güter jemand besitzt, desto stärker sei die Angst, diese wieder zu verlieren, so Hausdorf. Besitz verpflichte – dies könne dazu führen, dass soziale Kontakte oberflächlich werden und Geld zum Hauptthema im Leben wird.
„Es dreht sich vieles darum, das Erreichte zu erhalten und zu mehren. Schafft man es jedoch, das Materielle nicht zum Lebensmittelpunkt werden zu lassen, dann kann sich auch eine tiefere soziale Beziehung entwickeln.“ Menschliche Nähe ist Reichen ebenso wichtig, jedoch können sich manche aus diesem Teufelskreis nur schwer befreien.
Menschen aus der Unterschicht haben dagegen weniger Möglichkeiten, ihre Probleme durch Geld erträglicher zu gestalten oder sogar abzuwenden. Somit bedienen sie sich sozialer Möglichkeiten. „Schon das bloße Besprechen von schwierigen Situationen und persönlichen Krisen können Lösungswege offenbaren“, sagt Hausdorf. Es sei auch in manchen Situationen hilfreich, einfach nur Dampf abzulassen.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Oranus Mahmoodi
Kreis: arme Menschen halten in der Krise zusammen (Foto: pixelio.de, M. Siefke)