KIEL, 14.03.19 – In Schleswig-Holstein erproben mittlerweile 130 Modellschulen das „Lernen mit digitalen Medien“…
Eine aktuelle wissenschaftliche Evaluation der zweiten Phase dieses Projektes (Zeitraum von 2017-2018) zeigt auf, wie intensiv die Schulen mit digitalen Medien arbeiten, wie Lehrkräfte und Schülerinnen und Schülern ihre digitalen Kompetenzen einschätzen und welche nächsten Entwicklungsschritte notwendig sind. „Diese Schulen haben in den vergangenen zwei Jahren konsequent ihre Ideen und Konzepte zur Integration digitaler Medien weiterentwickelt. An nahezu allen Schulen wird beispielsweise mit einem Medienkonzept gearbeitet“, sagte Bildungsministerin Karin Prien heute (14. März) in Kiel. Positiv sei auch, dass der Umgang mit digitalen Medien und der Erwerb von digitalen Kompetenzen inzwischen von den Lehrkräften als ein sehr wichtiges Unterrichtsziel bewertet wird. „Auf den Erfahrungen dieser Modellschulen können wir aufbauen. Deshalb ist die Evaluation so wertvoll für uns. Sie zeigt uns, wie wir jetzt die Mittel des Digitalpaktes am besten einsetzen können – zum Beispiel auch, um die IT-Ausstattung der Schulen passgenau zu verbessern“, ergänzte die Ministerin.
Für die Evaluation hatten Prof. Dr. Juli Gerick von der Universität Hamburg und Prof. Dr. Birgit Eickelmann von der Universität Paderborn 865 Lehrkräfte sowie 4.065 Schülerinnen und Schüler von 113 Modellschulen befragt. In ihrem Bericht haben sie unterschieden in schulartübergreifende Ergebnisse auf Ebene der Schule, auf Ebene des Unterrichts und auf Ebene der Akteurinnen und -akteure. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
- Nahezu alle Schulen arbeiten mit einem Medienkonzept/Mediencurriculum:
89,5 Prozent der Grundschulen, 80,2 Prozent der Grund- und Gemeinschaftsschulen, 95,4 Prozent der Gemeinschaftsschulen, 96,3 Prozent der Gymnasien, 97 Prozent der Förderzentren mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung bzw. körperliche und motorische Entwicklung und 77,5 Prozent der Berufsbildenden Schulen. - Ein Großteil der Lehrkräfte schätzt die Fortbildungsmöglichkeiten als ausreichend ein.
- Die Qualität der IT-Ausstattung, das heißt Computer und Software, wird von den Lehrkräften überwiegend als hinreichend eingeschätzt. Die Zufriedenheit mit der Internetanbindung fällt dagegen geringer aus. „Der Internetzugang ist ausreichend“ sagen 57,7 Prozent der Lehrkräfte an Grundschulen, 43,4 Prozent der Grund- und Gemeinschaftsschulen, 49,2 Prozent der Gemeinschaftsschulen, 43 Prozent der Gymnasien, 33,9 Prozent der Förderzentren und 58,4 Prozent der Berufsbildenden Schulen.
- Lehrkräfte nutzen die Chance und kooperieren zum Beispiel in Form von Hospitationen mit anderen Lehrkräften, um besser zu werden bei der IT-Nutzung für den Unterricht: Das gilt für 47,9 Prozent der Lehrkräfte an Grundschulen, für 46,6 Prozent von Grund- und Gemeinschaftsschulen, 55,2 Prozent von Gemeinschaftsschulen, 43 Prozent von Gymnasien, 41,1 Prozent von Förderzentren und 49,2 Prozent von Berufsbildenden Schulen.
- Den Umgang mit digitalen Medien und der Erwerb von digitalen Kompetenzen bewerten die Lehrkräfte überwiegend als sehr wichtiges Unterrichtsziel. Dagegen beurteilen sie den Einsatz digitaler Medien zur Unterstützung des fachlichen Lernens als weniger wichtig.
- Eine große Mehrheit der Schülerinnen und Schüler aller Schularten gibt an, Computer im Unterricht nutzen zu können: Zudem gibt der Großteil der Schülerinnen und Schüler an, digitale Medien regelmäßig – das heißt mindestens in einigen Unterrichtsstunden pro Woche – zu nutzen.
- Allerdings setzt nur ein Teil der Lehrkräfte digitale Medien regelmäßig im Unterricht ein – sie nutzen sie vielmehr weitaus häufiger zur Unterrichtsvorbereitung als im Unterricht selbst.
- Nur ein sehr geringer Anteil der Lehrkräfte setzt digitale Medien zur individuellen Förderung ein.
- Im Fachunterricht werden digitale Medien unter anderem zur Recherche, für Präsentationen und Referate genutzt.
- Schülerinnen und Schüler schätzen ihre eigenen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien vor allem im Bereich „Suchen und Verarbeiten“ als gut bis sehr gut ein. Teilweise gibt es jedoch Abweichungen zwischen diesen Eigeneinschätzungen und den Einschätzungen durch die Lehrkräfte.
- Über alle Schularten hinweg schätzen Lehrkräfte ihre eigenen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien selbst als hoch ein beziehungsweise äußern sich zuversichtlich, dass sie herausfinden können, wie bestimmte Tätigkeiten funktionieren.
- Die Ergebnisse an den Modellschulen zeigen, dass die Einstellung der Lehrkräfte zum Einsatz digitaler Medien in der Schule mehrheitlich positiv ausfallen. Positiv wird beispielsweise von den Lehrkräften angemerkt, dass die digitalen Medien den Lernprozess der Schülerinnen und Schüler unterstützen können und dabei helfen, heterogene Lerngruppen differenziert zu unterrichten.
- Die Schülerinnen und Schüler wünschen sich, dass mehr mit dem Computer/ Smartphone im Unterricht gearbeitet wird.
Die Evaluation zeigt neben den Ergebnissen auch Entwicklungsperspektiven für Schulen, Schulträger und Unterstützungssystem auf. Schulartübergreifend sind das:
- Kontinuierliche Diskussion über Ziel des Einsatzes digitaler Medien unterstützen
- Potenziale digitaler Medien für individuelle Förderung stärker nutzen
- Möglichkeiten der Nutzung digitaler Medien im Ganztag eröffnen
- Wünsche der Schülerinnen und Schüler zum Einsatz digitaler Medien in Schule und Unterricht wahrnehmen
- Schulische IT-Ausstattungsqualität verbessern (insbes. Internetverbindung und WLAN)
- Gewährleistung und Ausbau des technischen Supports
- Ausweitung von schulartspezifischen Fortbildungsmöglichkeiten für Lehrkräfte
- Auf- und Ausbau von Kooperationen innerhalb der Projektschulen vorantreiben
Ministerin Prien: „Wir wissen jetzt sehr viel genauer, welche Hausaufgaben wir noch machen müssen, damit das Lernen, Lehren und Arbeiten mit digitalen Medien in all unseren Schulen selbstverständlich wird.“ Die jetzt endlich zur Verfügung stehenden Mittel aus dem Digitalpakt und unsere geplante Fortbildungs- und Beratungsoffensive könnten entscheidend dazu beitragen, die Lücken, die durch die Evaluation deutlich geworden seien, zu schließen.
Aussender: Beate Hinse, Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (SH)
Redaktion: Torben Gösch
Die eigentliche Herausforderung ist das individualisierte Lernen, nicht die Digitalisierung. Bislang kann in der Schule nicht einmal ein Buch im eigenen Tempo durchlesen – der übliche Frontal-Unterricht synchronisiert. Und es sollen ja gerade die Schwachen von den Starken lernen – und das geht nunmal weniger gut, wenn alle ihr eigens Ding machen, auch wenn sie nebeneinander sitzen.
Schön wäre, wenn die Digitalisierung angebote machen kann, die unsere Kinder auch nachmittags gerne wahrnehmen. Musikunterricht vielleicht? Zeichenkurse?