Theodor-Heuss-Ring: Gesundheit schützen, Grenzwerte einhalten und Fahrverbote vermeiden

  • Maßnahmenvorschläge der Stadt an Umweltministerium übergeben

Kiel, 18.12.18 – Wie können die Grenzwerte für Stickstoffdioxid in der Luft am Theodor-Heuss-Ring (B 76) in Kiel eingehalten werden? Das soll ein Luftreinhalteplan des Landes zeigen…

Die Landeshauptstadt Kiel hat dem schleswig-holsteinischen Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) am Montag, 17. Dezember, umfangreiche Unterlagen zugeleitet. Darin enthalten sind zwei Gutachten mit den dazugehörigen Stellungnahmen der Stadt sowie der Vorschlag für ein Maßnahmenpaket, mit dem die Stadt Dieselfahrverbote verhindern will. will. Dieses Maßnahmenpaket ist das Ergebnis einer monatelangen intensiven Prüfung der verkehrlichen Verhältnisse und vieler möglicher Maßnahmen und Varianten.

Für Oberbürgermeister Ulf Kämpfer ist das Kieler Ziel klar: „Wir müssen die Grenzwerte rasch einhalten und damit die Gesundheit der Anwohner schützen, gleichzeitig aber auch die Mobilität sichern. Dabei setzen wir auf ein Bündel von zehn Maßnahmen, die die Schadstoffbelastung am Theodor-Heuss-Ring bis 2021 unter den Grenzwert senken sollen – und zwar ohne Fahrverbote. Jetzt muss das Umweltministerium unsere Vorschläge prüfen und ich gehe davon aus, dass es von Dieselfahrverboten absehen wird.“

Die Kieler Stadtverwaltung hält Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in der vom Umweltministerium erwogenen Form für unverhältnismäßig und daher für das falsche Mittel, die Kieler Luft zu verbessern. Fahrverbote auf dem Theodor-Heuss-Ring würden erhöhte Unfallgefahren und neue Verkehre auf Ausweichstrecken bringen, die schon jetzt belastet sind und an denen mehr Menschen wohnen als am belasteten Abschnitt der B 76. Zudem sind die möglichen Ausweichstrecken nicht durchgehend dafür geeignet, den von Fahrverboten ausgelösten zusätzlichen Verkehr aufzunehmen. Außerdem stehen in der als Ausweichstrecke vorgesehenen Alten Lübecker Chaussee in den kommenden Jahren umfangreiche Arbeiten an den Eisenbahnbrücken (Neubau) und der Straße mit entsprechenden Verkehrsbeeinträchtigungen auf dem Programm.

Anstelle von Fahrverboten schlägt die Landeshauptstadt dem Land ein Maßnahmenpaket vor. Einerseits soll der Verkehrsfluss auf dem belasteten Abschnitt des Theodor-Heuss-Rings verbessert werden, andererseits sollen Verkehre von diesem Abschnitt weg verlagert werden. Die Dieselfahrzeuge sollen nicht mehr so dicht an den Wohnungen vorbeifahren und Geh- und Radwege erhalten photokatalytische Plattenbeläge, die Schadstoffe aus der Luft binden. Außerdem sollen diverse andere Maßnahmen im gesamten Stadtgebiet – E-Busse, Landstrom für Schiffe am Kai, Radwegförderung und vieles mehr – den Theodor-Heuss-Ring entlasten und die allgemeine Hintergrundbelastung der Atemluft in ganz Kiel verringern.

Die Maßnahmen sollen zusammen mit Soft- und Hardwarenachrüstungen und einem durch finanzielle Anreize beschleunigten Flottenwechsel die Schadstoffbelastungen am Theodor-Heuss-Ring Stück für Stück unter den Grenzwert sinken lassen – von 56 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel 2017 auf unter 40 Mikrogramm im Jahresmittel 2021. „Hier brauchen wir aber noch viel mehr Entschlossenheit bei der Autoindustrie und der Bundespolitik“, sagt Kämpfer mit Blick auf die erforderlichen Nachrüstungen bei Dieselfahrzeugen.

OB Kämpfer betont: „Fahrverbote hätten viele Nachteile und könnten bei realistischer Betrachtung frühestens im Lauf des Jahres 2020 umgesetzt und kontrolliert werden. Unser Konzept vermeidet diese Nachteile und schützt insbesondere die Gesundheit der Kielerinnen und Kieler besser als weitreichende Fahrverbote.“

Wenn es nach den Vorschlägen im Maßnahmenkatalog der Stadt geht, soll schon im Frühjahr 2019 Tempo 50 angeordnet werden für beide Richtungsfahrbahnen des Theodor-Heuss-Rings zwischen etwa in Höhe der Segeberger Landstraße und in Höhe der Saarbrückenstraße. Ebenso sollten recht kurzfristig untergeordnete Ausfahrten vom und Einfahrten zum Theodor-Heuss-Ring provisorisch gesperrt werden. Dazu zählen vor allem die Straßen im besonders stark belasteten Straßenabschnitt (Fahrtrichtung Norden): Lübscher Baum, Dithmarscher Straße, Krusenrotter Weg und Dorotheenstraße sowie die Ausfahrrampe zum Waldwiesenkreisel.

Außerdem sieht die Stadt für Dieselfahrzeuge einen Spurwechsel vor: Im Abschnitt zwischen Barkauer Kreuz und Waldwiesenkreisel sollen alle Pkw und Lkw mit Dieselmotor (einschließlich Euro 6) in Richtung Waldwiesenkreisel nur auf der linken Spur fahren. Dann sind sie deutlich weiter von den am Theodor-Heuss-Ring gelegenen Wohnungen entfernt unterwegs.

Ebenfalls noch im Frühjahr möchte die Stadt durch neue Beschilderung und Markierung vor allem Lkw, aber auch Pkw, vom Schwedenkai auf anderen Wegen zur Autobahn 215 führen: nicht mehr über die schadstoffbelastete Route Bahnhofstraße und Theodor-Heuss-Ring, sondern über Ziegelteich, Exerzierplatz und Schützenwall.

Etwas später im Jahr 2019 will die Stadt dann die zuvor provisorisch angelegten Sperrungen von Abfahrten und Einmündungen richtig bauen. Die Gehwege und Radwege am Theodor-Heuss-Ring sollen Oberflächen bekommen, in denen Titandioxid enthalten ist. Unter Einwirkung von Sonnenstrahlen aktiviert das Titandioxid in der Oberfläche Sauerstoff in der Umgebungsluft. Wenn die Abgase auf die Oberfläche treffen, beginnt die chemische Reaktion zwischen Stickoxid und dem aktivierten Sauerstoff. Durch diese Reaktion werden Stickoxide gebunden und es entsteht Nitrat als Feststoff. Bei Regen wird das Nitrat ausgewaschen. 2017 wurde bereits die Fahrbahn des besonders belasteten Straßenabschnitts mit einem Titandioxid-haltigen Spezialasphalt versehen. Ein ähnlicher Belag war bereits 2014 in der Bahnhofstraße verlegt worden.

Weitere Maßnahmen, die die Stadt entsprechend ihrem Maßnahmenkatalog  für Herbst 2019 vorsieht, sind der Umbau des Knotenpunkts Gablenzstraße / Sophienblatt und die Verbesserung der Radwege an der Hamburger Chaussee zwischen Rondeel und Waldwiesenkreisel. Außerdem soll die Zufahrt für Lkw in die Bahnhofstraße gesperrt werden. Vom Norwegenkai werden Lkw dann nicht mehr über die Bahnhofstraße in Richtung B 76 und Autobahn geführt, sondern über Gablenzbrücke, Sophienblatt und Hamburger Chaussee. Aktuell ist ein Linksabbiegen von der Gablenzstraße ins Sophienblatt noch nicht möglich.

Noch im kommenden Jahr soll eine Zuflussregelung der Verkehrsströme von der B 404 zur B 76 möglich werden. Dafür erhält der „Überflieger“ eine Art Ampel, die einen stetigen Verkehrsfluss auf dem Theodor-Heuss-Ring ermöglicht. Für diese Maßnahme eines zukünftigen Verkehrsmanagementsystems hat die Stadt bereits eine Förderzusage vom Bund erhalten.

Grundsätzlich sollen die von der Stadt vorgeschlagenen verkehrsrechtlichen Maßnahmen wie der erzwungene Spurwechsel und das Lkw-Verbot in der Bahnhofstraße temporärer Natur sein und nur so lange andauern, wie sie zur Einhaltung der Grenzwerte notwendig sind.

Jetzt liegt es am MELUND, die Vorschläge der Stadt zu untersuchen und zu bewerten.

Die Landeshauptstadt Kiel hat ihren vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog, die eingeholten Gutachten und Expertisen sowie weitere Dokumente zum Theodor-Heuss-Ring auf www.kiel.de/luftreinhaltung veröffentlicht.

Aussender: Arne Gloy, Landeshauptstadt Kiel
Redaktion: Torben Gösch