NABU: Dänemark und EU-Kommission haben sich bei Ostseetunnel verzockt

  • Miller: Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union (EuG) zu rechtswidrigen Staatsbeihilfen gut für den Meeresschutz

Berlin, 13.12.18 – Der NABU begrüßt das Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg, das dänische Staatsbeihilfen für eine staatseigene dänische Bau- und Betreibergesellschaft, Femern A/S, für rechtswidrig erklärt hat…

Geklagt hatte die Reederei Scandlines. Der NABU hatte die Klage in Bezug auf ökologische Belange unterstützt. „Das ist eine gute Nachricht für den Meeresschutz. Jetzt ist klar, dass keine rechtswidrigen Staatsbeihilfen dazu genutzt werden dürfen, um mit dem hoch riskanten Mega-Tunnelprojekt in einem europäischen Schutzgebiet einen ökologischen Totalschaden anzurichten“, sagt Leif Miller, NABU-Bundesgeschäftsführer.

Nun muss der gesamte Prozess um die rechtswidrigen dänischen Staatsbeihilfen im Zusammenhang mit der Fehmarnbeltquerung neu aufgerollt werden. Dabei geht es auch um europäische Fördergelder in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro. „Dänemark muss gegenüber der EU-Kommission nachweisen, dass das Geschäftsmodell der staatseigenen Bau- und Betreiberfirma Femern A/S in Bezug auf geltende Wettbewerbs- und Beihilferegeln tatsächlich europarechtskonform ist“, so Malte Siegert, Fehmarnbelt-Experte des NABU. Denn die ursprüngliche finanzielle Planung der Dänen basierte auf der Annahme, dass Scandlines den Fährbetrieb nach Eröffnung der festen Fehmarnbeltquerung einstellen würde. Weil Scandlines aber mit einem flexiblen Fährkonzept in Konkurrenz zum Tunnel gehen will, wäre die Reederei gegenüber eines durch staatliche Beihilfen gestützten staatseigenen Unternehmens schlechter gestellt.

„Die dänische Regierung hat sich verzockt. Unserer Einschätzung nach werden sie kaum schlüssig nachweisen können, dass sie angesichts radikal veränderter Rahmenbedingungen das Projekt solide ohne Staatsbeihilfen finanzieren können“, so Siegert. Durch mehr Konkurrenz durch die Fähren wird es weniger Maut für den Ostsee-Tunnel geben. Zudem wurde mittlerweile das Bahnaufkommen auf 78 Züge halbiert. Der motorisierte Straßenverkehr ist mit rund 13.000 Fahrzeugen ohnehin extrem gering. Siegert: „Für ein derart marginales Verkehrsaufkommen würde in Deutschland nicht mal eine Ortsumgehung gebaut werden.“ Die Kosten für den von Dänemark zu finanzierenden Tunnel sind inzwischen von 4,2 auf mittlerweile 7,2 Milliarden Euro gestiegen.

Auch die Kosten für die Hinterlandanbindung zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Lübeck, zu deren Ausbau und Finanzierung sich Deutschland staatsvertraglich gegenüber Dänemark verpflichtet hat, explodierten noch vor dem ersten Spatenstich. Nach Einschätzung des Bundesrechnungshofs von Ende November 2018 stiegen sie von ursprünglich 840 Millionen auf heute über vier Milliarden Euro. Angesichts einer Verteuerung von Tunnel und Hinterlandanbindung von über sechs Milliarden Euro fordert der NABU Deutschland und Dänemark erneut auf, angesichts der extremen Kostensteigerungen die Lage neu zu bewerten. Dies ist im Staatsvertrag festgeschrieben. Bisher verstoßen beide Vertragsstaaten beharrlich gegen diese gemeinsame Vereinbarung.

Hintergrund:

Dänemark plant, im Fehmarnbelt zwischen der dänischen Insel Lolland und der deutschen Insel Fehmarn einen 20 Kilometer langen Absenktunnel zu bauen. Dazu haben Deutschland und Dänemark 2008 einen Staatsvertrag, der 2009 in Bundestag und Folketing ratifiziert wurde. Dänemark verpflichtet sich zum Bau und Betrieb der festen Fehmarnbeltquerung sowie dänischer Hinterlandanbindung. Deutschland garantierte im Staatsvertrag den zweigleisigen, elektrifizierten Ausbau der Bestandsstrecke zwischen Puttgarden und Lübeck sowie den durchgehend vierstreifigen Ausbau der E 47/B 207 auf dieser Strecke. Der NABU befürchtet erhebliche Schäden im europäischen Meeresschutzgebiet „Fehmarnbelt“. Die Ostsee ist angesichts wirtschaftlicher Nutzung durch Gaspipelines, Fischerei, Schifffahrt, Offshore-Windparke und Brückenprojekte sowie Überdüngung durch die Landwirtschaft zudem bereits stark belastet.

Mehr Infos: www.NABU.de/synopse

Petition des NABU gegen den Ostseetunnel: www.NABU.de/ostseetunnel

Aussender: Kathrin Klinkusch, Iris Barthel, Britta Hennigs, Nicole Flöper, Silvia Teich, NABU-Pressestelle
Redaktion: Torben Gösch