foodwatch kritisiert „Trick“ der EU: Bundestag soll bei JEFTA-Handelsabkommen mit Japan übergangen werden – Eil-Appell an Bundestagspräsident Schäuble

Berlin, 05.07.18 – Die Verbraucherorganisation foodwatch fordert eine Abstimmung im Bundestag über das neue JEFTA-Handelsabkommen zwischen der EU und Japan…

Nach Plänen der Europäischen Kommission entscheiden allein der EU-Ministerrat und das Europaparlament über das Abkommen. Der Bundestag und die Parlamente in den EU-Mitgliedstaaten sollen nur über einen kleinen Teil abstimmen dürfen. foodwatch kritisierte das Vorgehen als undemokratisch. Bereits am Freitag, 6. Juli steht die Entscheidung zu JEFTA im EU-Rat an.

„Im Schnellverfahren soll JEFTA am Bundestag und den nationalen Parlamenten vorbei beschlossen werden – das dürfen sich die Abgeordneten nicht gefallen lassen“, erklärte Lena Blanken von foodwatch. Die Verbraucherorganisation forderte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble auf, sich dafür einzusetzen, dass der Bundestag an der Entscheidung zu JEFTA beteiligt werde. Der deutsche Vertreter im EU-Ministerrat müsse seine Zustimmung zu dem Abkommen verweigern, solange es keine Abstimmung im Bundestag gäbe. Über eine E-Mail-Protestaktion unter www.jefta-aktion.foodwatch.de unterstützen bereits mehr als 35.000 Bürgerinnen und Bürger den Eil-Appell.

Die EU-Kommission hat das JEFTA-Abkommen formal zweigeteilt: in einen Teil, der Handelsbeziehungen regelt und einen Teil, der Investitionen zum Gegenstand hat. Formalrechtlich fällt der Handelsteil in die alleinige Zuständigkeit der Europäischen Union („EU-only“) und kann deshalb im Alleingang von den EU-Gremien in Kraft gesetzt werden. Lediglich über den kleineren Investitionsteil sollen die Europäische Union und die Mitgliedstaaten gemeinsam entscheiden. Laut foodwatch ist diese Aufspaltung des Vertrages ein Kniff, mit dem die EU-Kommission vermeiden will, dass sich der „Ärger“ um das EU-Kanada-Abkommen CETA wiederholt. Auch CETA wollte die Kommission ursprünglich als „EU only“-Abkommen durchsetzen, die nationalen Parlamente hätten somit nicht abstimmen dürfen. Erst nachdem einige Mitgliedstaaten – darunter auch Deutschland – dagegen protestierten, lenkte die Kommission ein. Die nationalen Parlamente dürfen jetzt doch mitentscheiden und haben somit großen Einfluss: Verweigert zum Beispiel der Bundestag die Ratifikation, ist das gesamte CETA-Abkommen gestoppt.

„Die EU-Kommission hat aus den Protesten gegen das CETA-Abkommen offenbar ihre eigenen Lehren gezogen: Mit einem Trick sollen die nationalen Parlamente bei JEFTA übergangen werden – zugunsten der Schnelligkeit, aber auf Kosten der Demokratie“, so Lena Blanken von foodwatch. Sei das Handelsabkommen erst einmal beschlossen, könne es nicht einfach durch das EU-Parlament gekündigt werden, sondern nur mit Zustimmung aller 27 Mitgliedstaaten. Unter diesen Umständen müssten die nationalen Parlamente zwingend an der Entscheidung zu JEFTA beteiligt werden, forderte foodwatch. „Wir sind nicht gegen freien Handel, aber wir wollen einen Handel, der den Menschen dient – und nicht allein den großen Konzernen. Es ist eine demokratische Selbstverständlichkeit, dass die nationalen Parlamente ihre Zustimmung zu einem so weitreichenden Abkommen wie JEFTA geben müssen.“

Der JEFTA-Vertrag geht nach Ansicht von foodwatch weit über „klassische“ Handelsabkommen hinaus. Ähnlich wie bei dem geplanten TTIP-Abkommen mit den USA oder dem CETA-Abkommen mit Kanada sei nicht nur der Abbau der Zölle zwischen den Handelspartnern das Ziel, sondern auch die Angleichung von Standards und Normen. Dies berge die Gefahr, dass etwa Umwelt- und Verbraucherschutzstandards quasi „eingefroren“ würden und kaum mehr verbessert werden könnten. Zudem würden durch JEFTA einflussreiche sogenannte Handelsausschüsse etabliert, deren Entscheidungen keine ausreichende demokratische Legitimation hätten. Vertreterinnen und Vertreter aus den Parlamenten seien in diesen Ausschüssen nicht vorgesehen, so die Kritik.

Link:
E-Mail-Protestaktion von foodwatch an Wolfgang Schäuble: www.jefta-aktion.foodwatch.de

Aussender: Andreas Winkler, foodwatch e.V.
Redaktion: Torben Gösch