Forscher erwecken Zellen im Innenohr zum Leben – Schwerhörige und Taube dürfen auf neuen Behandlungsansatz hoffen

Einschleusen der neuen Wirkstoffe gelungen (Grafik: Matthew Pla Savino)
Einschleusen der neuen Wirkstoffe gelungen (Grafik: Matthew Pla Savino)

Harvard/Los Angeles, 09.04.18 – Millionen Schwerhörige und Taube können hoffen, ihre Gehörfunktion ganz oder teilweise zurückzugewinnen. Forscher der Harvard University http://harvard.edu und der University of South California (USC) http://usc.edu haben einen Weg gefunden, Zellen tief im Inneren des Ohres wiederzubeleben. Der entscheidende Fortschritt gegenüber früheren Versuchen dieser Art: Die Wissenschaftler können Medikamente, die zerstörte Nerven und Zellen wiederherstellen, zu der Stelle befördern, an der sie wirken sollen…

Tierversuche bereits erfolgreich

„Wir haben herausgefunden, wie wir das Medikament so applizieren können, dass es genau dort seine Heilwirkung entfaltet, an der es nötig ist“, sagt USC-Forscher Charles E. McKenna, der zu den Entwicklern der neuen Therapie gehört. „An der entscheidenden Stelle im Innenohr bildet sich ständig eine Flüssigkeit, die das Medikament hinwegschwemmt. Dieses Problem haben wir gelöst.“

Die Anwendung an Menschen steht allerdings noch aus. Die bisherigen Versuche fanden im Labor mit Gewebeproben von Tieren in Petrischalen statt. Doch die Forscher sind zuversichtlich, dass ihre Technik auch in echten Ohren funktioniert, weil sich die Zellen und die eingesetzte Technik stark ähneln. Deshalb planen sie bereits die nächste Phase, in der schwerhörige Tiere behandelt werden sollen.

Die Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der Mittel gezielt in die Cochlea gebracht werden. Dort befinden sich Zellen, die Geräusche ans Gehirn übermitteln. Schwerhörigkeit beruht auf der totalen oder teilweisen Zerstörung dieser Zellen. Zudem werden Synapsen und Neuronen geschädigt, die sich auf dem Weg vom Ohr zum Gehirn befinden.

Wirksamer Mix aus zwei Präparaten

Das Medikament ist ein Gemisch aus zwei Wirkstoffen. Der erste heißt 7,8-Dihydroxyflavon, auch Vitamin P genannt. Das Mittel verhindert, dass Nervenzellen, die Bewegungen steuern, absterben. Das haben Versuche an der Ruhr-Universität Bochum http://ruhr-uni-bochum.de ergeben. Das zweite Präparat aus der Gruppe der Bisphosphonate wird normalerweise bei Knochen- und Calcium-Stoffwechselkrankheiten verabreicht. Letzteres verhindert, dass Ersteres von den Flüssigkeiten im Innenohr hinweggeschwemmt wird.

Noch sind die Forscher vorsichtig, um keine falschen Hoffnungen, vor allem bei Älteren, zu wecken. Immerhin leiden zwei Drittel der Amerikaner, die älter sind als 70, an Schwerhörigkeit oder Gehörverlust. „Wir sagen nicht, dass unser Präparat ein Heilmittel für Schwerhörigkeit ist“, erläutert McKenna. „Doch wir konnten zeigen, dass unsere Herangehensweise äußerst vielversprechend ist.“

Aussender: pressetext, Wolfgang Kempkens
Redaktion: Torben Gösch