Demokratie lernen und leben: Training für 87 Schülerinnen und Schüler sowie 16 Lehrkräfte in Kiel – Kooperation mit Gedenkstätte Yad Vashem

KIEL, 14.02.18 – Die Kooperation des Landes mit der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem trägt Früchte: Heute (14. Februar) startet in Kiel eine dreitägige Demokratie-Fortbildung für 87 Schülervertreterinnen und -vertreter sowie 16 Verbindungslehrkräfte aus ganz Schleswig-Holstein…

Das Lernprogramm „Betzvata – Miteinander“ wurde vor dem Hintergrund des israelisch-palästinensischen Konflikts in Jerusalem entwickelt. Die Fortbildung wird gemeinsam vom Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein (IQSH) und vom schleswig-holsteinischen Landesbeauftragten für politische Bildung veranstaltet. Eröffnet wurde sie von Ministerpräsident Daniel Günther.

„Das Zusammenleben in einer Demokratie setzt bestimmte Fähigkeiten voraus. Wer in einer Demokratie lebt, muss tolerieren, diskutieren und akzeptieren können“, sagte der Regierungschef. Demokratie sei mehr als Gewaltenteilung, Bürgerrechte und Meinungsfreiheit: „Demokratie ist eine Haltung“, sagte Günther. Diese Fähigkeiten und die demokratische Grundhaltung könnten erlernt werden. Grundlage dafür sei die politische Bildung. „Ich danke daher allen Kooperationspartnern, die diese Veranstaltung möglich machen. Die Demokratiefortbildung ist für uns alle ein Gewinn“, so der Ministerpräsident.

„Demokratiebildung ist neben der Vermittlung fachlicher Inhalte integraler Bestandteil eines guten Unterrichts − und zwar in der täglichen Unterrichtspraxis in allen Fächern“, sagte Dr. Thomas Riecke-Baulecke, Direktor des IQSH, im Vorfeld der Fortbildung. Dazu gehöre, Schülerinnen und Schüler  am Unterricht zu beteiligen und sich als Lehrkraft ein Feedback einzuholen, Schülerinnen und Schüler zu ermutigen, eigene Meinungen zu formulieren, und sie zu bestärken, gegebenenfalls auch im Widerspruch zur Meinung der Lehrkraft zu argumentieren. Dazu gehöre aber auch, sie zu ermutigen, Verantwortung zu übernehmen für das Gemeinwohl im Kleinen wie in der Klassengemeinschaft, aber auch im Größeren in den Mitbestimmungsgremien der Schule als Klassensprecher/-in und Schulsprecher/-in. So werde Demokratie in Unterricht und Schule konkret erfahren und gelebt. „Ich freue mich daher sehr, dass diese erstmalig angebotene Fortbildung auf so große Resonanz bei Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften gestoßen ist“, so Riecke-Baulecke. „Ich bin sicher, dass die Schulen von den gemachten Erfahrungen und neuen Kenntnissen profitieren werden.“

Der Landesbeauftragte für politische Bildung, Dr. Christian Meyer-Heidemann, betonte: „Demokratie ist nicht nur eine Staatsform, sie muss als Lebensform im Schulalltag wahrgenommen werden.“ Dies sei nicht nur Aufgabe des Wirtschaft/Politik- oder Weltkundeunterrichts, sondern ein Bildungsauftrag der gesamten Schule. „Schülerinnen und Schüler müssen in allen Schulfächern und in den Schülervertretungen erfahren, wie sich Konflikte demokratisch regeln lassen und wie verschiedene Interessen zum Ausgleich gebracht werden können. Betzavta ist hierfür eine exzellente Methode.“ Darüber hinaus machte sich Meyer-Heidemann für eine Stärkung des Fachunterrichtes stark. „Neben erfahrungsbasierten Methoden wie Betzavta brauchen wir aber ebenso das Wissen über politische Strukturen und Prozesse − und dieses Wissen kann nur im Fachunterricht erworben werden. Ich begrüße es daher ausdrücklich, dass das Bildungsministerium beabsichtigt, den Unterricht in den Fächern Wirtschaft/Politik und Weltkunde an Schleswig-Holsteins Schulen zu stärken“, so der Landesbeauftragte.

Die aus Israel angereiste Referentin Dr. Uki Maroshek-Klarmann stellte die „Betzavta-Methode“ in ihrem englischsprachigen Vortrag vor. Sie ist Leiterin des Adam Institute for Democracy and Peace in Jerusalem und hat diese Methode entwickelt. Die Methode fördert die Konfliktkompetenz des Einzelnen und bietet den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Handwerkszeug für einen neuartigen Umgang mit Konflikten. Andere Personen werden nicht mehr als „Gegner“ empfunden, sondern als Personen, die „eine andere Wahl getroffen haben“.

Hintergrundinformationen:

Die Fortbildung „Betzavta – Mehr als eine Demokratie“ ist im Rahmen einer 2016 beschlossenen Kooperation der Landesregierung mit der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem entstanden. Die Kooperation sieht den Aufbau einer kontinuierlichen und nachhaltigen deutsch-israelischen Zusammenarbeit im Bildungsbereich vor. Das IQSH wurde vom Bildungsministerium beauftragt, diese Fortbildung umzusetzen. Das geschieht gemeinsam mit dem Landesbeauftragten für politische Bildung. Die Fortbildung findet am Gustav-Stresemann-Institut Nieder¬sachsen e. V. (GSI) in Bad Bevensen statt, da dieses über eine langjährige Expertise in der Durchführung von Betzvata-Fortbildungen verfügt und Betzavta-Trainerinnen und Trainer ausbildet.

Das Konzept „Betzavta“ wurde 1988 vom Adam Institute for Democracy and Peace in Jerusalem entwickelt und hat seine Wurzeln in der israelischen Friedensbewegung. Das Institut implementiert Programme zur Förderung von Demokratie-Lernen, Friedenspädagogik und Methoden der Konfliktbearbeitung. Für Deutschland wurde das Programm vom Centrum für angewandte Politikforschung (CAP) der Universität München im Auftrag der Bertelsmann Stiftung adaptiert und unter dem Titel „Miteinander“ veröffentlicht. Mit „Mehr als eine Demokratie“ wurde 2015 eine Weiterentwicklung des Programms vorgelegt.

Die beteiligten Schulen: Flensburg: Handelslehranstalt Flensburg

Kiel: Gemeinschaftsschule Hassee, Goethe-Gemeinschaftsschule

Lübeck: Trave-Gymnasium, Baltic-Schule (Grund- und Gemeinschaftsschule), Dorothea-Schlözer-Schule (Berufliche Schule)

Neumünster: RBZ Walther-Lehmkuhl-Schule

Kreis Rendsburg-Eckernförde: Peter-Ustinov-Gemeinschaftsschule Eckernförde, Gynasium Herder-Schule Rendsburg, Gemeinschaftsschule Altstadt Rendsburg, Schule Hochfeld Rendsburg

Kreis Segeberg: Lise-Meitner-Gymnasium Norderstedt, Gymnasium Harksheide Norderstedt, Kreis Steinburg: Sophie-Scholl-Gymnasium Itzehoe

Kreis Stormarn: Berufliche Schule Ahrensburg, Theodor-Storm-Gemeinschaftsschule Oldesloe, Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule Barsbüttel

Aussender: Petra Haars, Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen (SH)
Redaktion: Torben Gösch