Gipfeltreffen zur Afrikanischen Schweinepest – Landwirtschaftsminister Robert Habeck: „Mit weiteren Maßnahmen verstärken wir den Schutz vor der Tierseuche.“

KIEL, 12.01.18 – Der Schutz vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP) soll verstärkt werden. Bei einem Gipfeltreffen auf Einladung von Landwirtschaftsminister Robert Habeck besprachen Land, Kreise und Verbände Wege, wie die Prävention intensiviert und die Seuche im Ausbruchsfall effizient bekämpft werden kann…

„Wir müssen in dieser Situation alle an einem Strang ziehen. Landwirtschaft, Transportunternehmen, Schlachtbetriebe, Jagd, Veterinärbehörden und Polizei – es ist das enge Zusammenspiel aller gefordert“, sagte Habeck heute (12. Januar 2018) in Kiel nach dem Gipfel. Teilgenommen hatten Vertreter von Verbänden der Landwirtschaft, der Jagd, des Tierschutzes und des Naturschutzes sowie des Innenministeriums, der Polizei und der kommunalen Spitzenverbände. Bereits Anfang der Woche hatten sich Staatssekretärin Anke Erdmann und Verbraucherschutzstaatssekretär Wilfried Hoops unter anderem mit hochrangigen Vertretern der Kreise getroffen, um eine enge Abstimmung zu gewährleisten.

„Die ASP ist für Menschen ungefährlich. Im Falle eines Ausbruchs erkranken Wildschweine und Hausschweine aber gleichermaßen und die Krankheit endet fast immer tödlich. Es gibt bislang keinen Impfungen dagegen. Zudem würde die Seuche den Schweinmarkt zum Erliegen und Landwirte an den Rande ihrer Existenz bringen sowie schwierige ethische Fragen aufwerfen. Deshalb müssen wir sinnvolle und effiziente Maßnahmen ergreifen, um das Land davor zu schützen und die ASP im Falle eines Ausbruchs rasch und effizient zu bekämpfen“, sagte Habeck. Mögliche Einschleppungsursachen sind viruskontaminierte Lebensmittel aus den betroffenen Ländern, eine Verschleppung über Tiertransporte oder ein Eintrag in die Wildschweinpopulation.

Habeck: „Es gilt die Risiken zu minimieren.“

Um die Risiken zu verringern, ist verstärkte Hygiene in schweinehaltenden Betrieben und bei Transporten unabdinglich. Auch sollten aus Sicht des Landwirtschaftsministeriums möglichst Ferkeltransporte aus dem Norden in ASP-Gebiete eingestellt werden. Es müssten schon jetzt präventiv freie Stallkapazitäten gesucht werden, um im Ausbruchsfall die Verteilung von Ferkeln und Mastschweinen zu organisieren. Entscheidend zur erfolgreichen Bekämpfung sind zudem logistische Fragen von der Einzäunung von betroffenen Gebieten über die Einrichtung von Wildsammelstellen bis hin zur hygienischen Verbringung und Entsorgung von Kadavern. Über die verstärkte Jagd auf Wildschweine soll das Ausbruchs- und Verbreitungsrisiko gesenkt werden.

Personal aufgestockt, Tierseuchenübung geplant

Um gerüstet zu sein, stockt das Land Personal im Ministerium und im Landeslabor auf. Ebenso werden die intensive Öffentlichkeitsarbeit und Information aller Beteiligten fortgesetzt und es sind Schulungen von Jägern zur Biosicherheit bei der Jagd geplant. Um die Abläufe zu trainieren, soll in den kommenden Monaten eine weitere Tierseuchenübung stattfinden. Im Fokus steht dabei ein möglicher Ausbruch der ASP innerhalb der Schwarzwildpopulation.

Nach Ausbrüchen in Russland und der Ukraine hat sich die ASP innerhalb der EU bereits in Polen, Estland, Lettland und Litauen ausgebreitet und rückt in den Ländern weiter gen Westen vor. Zuletzt ist die Seuche auch in Tschechien bei Wildschweinen sowie im August in Rumänien bei Hausschweinen aufgetreten.

Habeck begrüßt strengere Hygieneregeln für Tiertransporte

Landwirtschaftsminister Robert Habeck begrüßte, dass der Bund inzwischen bereit ist, die Hygienevorschriften für Schweinetransporte zu verschärfen. „Wir haben lange gedrängelt. Aber endlich liegt der Entwurf für eine geänderte Schweinepestverordnung vor. So soll sichergestellt werden, dass deutsche als auch ausländische Transportfahrzeuge gereinigt und desinfiziert werden, wenn sie aus ASP-Gebieten zurückkehren“, sagte Habeck. Enthalten seien auch Verfütterungsverbote von Getreide, Grünfutter, Heu oder Stroh, dass in einem von der ASP betroffenen gefährdeten Gebiet hergestellt wurde. „Das ist zu begrüßen. Wir müssen die Risiken, die über den Handel mit Tieren entstehen, reduzieren“, sagte Habeck.

Sinnvoll sei es auch, keine Ferkel mehr über Sammelstellen in Schleswig-Holstein nach Polen zu transportieren. „Die neuen ASP-Fälle treten an unterschiedlichen Orten auf. Daher ist das tatsächliche Ausmaß der Seuchenverbreitung unklar. Somit stellen Transporte von Ferkeln in die ASP-Gebiete, aber möglicherweise auch in andere Gebiete der ASP-betroffenen Mitgliedsstaaten ein großes Risiko für die Verschleppung der Tierseuche dar“, sagte Habeck. Hier sei die Branche gefragt, Lösungen zu finden.

Landesjagdgesetz soll geändert werden

Ebenso müssten die Risiken innerhalb der Wildschweinpopulation gesenkt werden. Dafür will das Land die Voraussetzungen für die präventive Jagd verbessern. So sollen künstliche Lichtquellen zugelassen werden. Über das Wildschadensrecht will das Land dafür sorgen, dass Bauern Schneisen in Maisfeldern anlegen oder diese wildsicher einzäunen. Wenn ein Landwirt solche Schutzvorkehrungen nicht trifft, soll es künftig keine Pflicht des Jagdausübungsberechtigen mehr geben, ihm Wildschäden zu ersetzen. Für diese Schritte soll das Landesjagdgesetz geändert werden.

Auch in Naturschutzgebieten soll unter bestimmten Voraussetzungen regional zur Prävention die Jagd auf Wildschweine zugelassen werden. Die betrifft die Region im Südosten des Landes, wo besonders hohe Schwarzwildbestände zu  verzeichnen sind. „Ich weiß, dass diese Schritte allen Seiten etwas abverlangen. Aber angesichts der Ausbruchsgefahr halte ich die Schritte für angemessen“, sagte Habeck.

Um im Falle des Ausbruchs betroffene Gebiet rasch absichern zu können, beschafft das Land wildschweinsicheres Zaunmaterial. Genauso wird die Logistik für die Entsorgung von toten Tieren gestärkt. Wannen und Säcke werden angeschafft, das Land finanziert ein Pilotprojekt mit, bei dem die Logistik getestet wird.

Frühwarnsystem in Schleswig-Holstein gestärkt

In Schleswig-Holstein wurden bereits in den vergangenen Monaten Präventionsmaßnahmen ausgebaut und das Frühwarnsystem gestärkt. Das Wildschweinmonitoring wurde intensiviert. So wurden bis Jahresende etwa 1500 Proben und untersucht, alle waren negativ. Für die Meldung von Fallwild steht eine Tierfund-App allgemein zur Verfügung; das FLI leitet Daten von Wildschwein-Totfunden an die zuständige Behörde weiter.

Schweinehaltende Betriebe wurden zudem aufgerufen, sich streng an die Hygienevorschriften zu halten, die in der Schweinehaltungshygieneverordnung verankert sind. Diese Hygienevorschriften gelten für alle Schweinehaltungen, in denen Schweine zur Zucht oder zur Mast gehalten werden. Die Betriebsgröße spielt dabei keine Rolle. Eine  ordnungsgemäße Einfriedung der Schweinehaltungen ist hier eine der wichtigsten Maßnahmen.

Für Freilandhaltungen gilt gemäß der Schweinehygienehaltungsverordnung, dass die Bestände doppelt und wildsicher eingezäunt sein müssen. Die Schweine dürfen nicht in Kontakt zu anderen Schweinen oder Wildschweinen kommen. Es müssen unter anderem Vorrichtungen zur Reinigung und Desinfektion von Schuhwerk und Fahrzeugen vorgehalten werden. Futter und Einstreu muss sicher geschützt vor Wildtieren gelagert werden.  Die Veterinärämter wurden gebeten, alle Freilandhaltungen zu überprüfen und die Kontrollen in den stallhaltenden Betrieben in diesem Jahr zu verstärken.

Land und Kreise haben Kontrollen an Häfen verstärkt

Außerdem warnte das Ministerium erneut vor dem Mitbringen von tierischen Lebensmitteln aus Ländern, in denen die ASP ausgebrochen ist. Werden solche Lebensmittel mitgebracht, achtlos in der Natur oder an Autobahnraststätten oder Parkplätzen weggeworfen oder an Haustiere verfüttert, kann auch das zu einem Ausbrunch der ASP in Deutschland führen. „Aus betroffenen EU- Staaten sollten deshalb keine tierischen Lebensmittel mitgebracht werden. Für Nicht-EU-Staaten ist das ohnehin Vorschrift“, sagte Habeck. Entsprechend haben das MELUND und die jeweiligen Kreisbehörden die Kontrolle auch an den Häfen des Landes verstärkt. Das Bundeslandwirtschaftsministerium führt auch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit den Ländern eine Plakatierungs- und Informationskampagne an den Autobahnparkplätzen und Raststätten durch.

Die Afrikanische Schweinepest wird auch auf der Sonder-Agrarministerkonferenz in der kommenden Woche beraten.

Hintergrund

Bei einem Nachweis der ASP bei Wildschweinen wird ein „Gefährdeter Bezirk“ mit umgebender Pufferzone eingerichtet. In diesen Restriktionszonen gelten Beschränkungen wie Verbringungsverbote von Schweinen- und Wildschweinen, Schweine- und Wildschweinefleisch- und von Erzeugnissen daraus. Außerdem bereitet das Land eine Allgemeinverfügung vor, mit der strenge Biosicherheitsmaßnahmen auch für Hobby- bzw. Kleinsthaltungen von Schweinen angeordnet werden können. So müssten unter anderem im Seuchenfall auch solche Haltungen eingezäunt und das Futter so gelagert werden, dass es vor Wildschweinen sicher geschützt ist. Auch Vorschriften für Schutzkleidung und Reinigung und Desinfektion sind für den Seuchenfall geplant.

Beim ersten Ausbruch der ASP in einem Hausschweinebestand ist es zudem erforderlich, den betroffenen Schweinebestand schnell und tierschutzgerecht zu töten, um eine Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Hierfür hat der Bauernverband einen Vorsorgevertrag mit einem Dienstleister unter finanzieller Beteiligung von Land, Tierseuchenfonds und Landkreistag abgeschlossen, um diese Aufgaben  im Ausbruchsfall effektiv und tierschutzgerecht zu bewältigen.

Zudem steht für den Krisenfall ein funktionierendes Meldesystem für tote Wildschweine (Tierfund-App) des DJV zur Verfügung.   Die Einrichtung von Wildsammelstellen  und Annahmestellen für Fallwild wird vorbereitet. Bereits in der Vergangenheit hatten Land und Kreise in Tierseuchenübungen für den Seuchenfall trainiert. Auch für 2018 ist eine solche ASP-Übung geplant.

In Schleswig-Holstein sind mehr als 2000 Schweinehaltungen mit ca. 1,5 Mio. Schweinen gemeldet. 47 Betriebe verfügen über eine Genehmigung für eine Freilandhaltung. Landesweit beträgt die Anzahl der Hobby- und Schweinekleinsthalter ca. 600.

Alle Schweinehalter sind verpflichtet, ihre Tiere beim zuständigen Veterinäramt zu melden.

Weitere Informationen zu Afrikanischen Schweinepest finden Sie unter folgenden Links:

FAQS des MELUND…

http://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/T/tiergesundheit/Downloads/FAQ.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Die aktuelle Risikoeinschätzung des FLI…

https://www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_derivate_00003303/ASP_Risikobewertung_2017-07-12-K.pdf

Karten zur  Verbreitung der ASP in Europa…

https://www.fli.de/de/aktuelles/tierseuchengeschehen/afrikanische-schweinepest/karten-zur-afrikanischen-schweinepest/

Aussender: Nicola Kabel, Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (SH)
Redaktion: Torben Gösch