Große Verhandlungsrunde von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP schließt Beratungen über Koalitionsvertrag erfolgreich ab

Kiel, 14.06.17 – Die Große Verhandlungsrunde mit je zwölf Vertreterinnen und Vertretern von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hat am späten Dienstagabend (13. Juni 2017) auch in den Themen „Inneres und Justiz“, „Bildung“, „Soziales“ sowie „Agrar, Umwelt und Energie“ Einigkeit über die Inhalte eines möglichen Koalitionsvertrages erzielt…

Dieser soll nun bis Freitag (16. Juni 2017) ausgefertigt, redaktionell überarbeitet und von den 36 Mitgliedern der großen Verhandlungsgruppe paraphiert werden. Vorbehaltlich der Zustimmung der Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie des Landesparteitages der CDU ist die Unterzeichnung des Koalitionsvertrages für den 27. Juni 2017 geplant.

„Die intensiven Verhandlungen haben sich mehr als gelohnt. Wir haben nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner gesucht, sondern aus den Schnittmengen unserer unterschiedlichen Politikansätze ein echtes gemeinsames Projekt entwickelt. Das wird in allen Kapiteln unseres Vertragsentwurfes deutlich“, erklärte der CDU-Landesvorsitzende und -Verhandlungsführer Daniel Günther am Mittwoch (14. Juni 2017) in einer Pressekonferenz.

„Ökologisch, gerecht und sozial – dafür haben wir im Wahlkampf geworben und diese Leitgedanken ziehen sich durch den gesamten Vertrag. Es war mir wichtig, dass wir als gleichberechtigte Partner an Ideen für die Zukunftsgestaltung unseres Landes gearbeitet haben. Ich werde der Grünen Partei die Annahme des Vertrages empfehlen“, so die Grüne Verhandlungsführerin Monika Heinold.

„Ich danke allen Beteiligten für die in den vergangenen Wochen geleistete Arbeit. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Wir haben gemeinsam eine Vorstellung entwickelt, wie Schleswig-Holsteins Zukunft aussehen soll. Weltoffen, wirtschaftlich wie ökologisch stark – menschlich. Auf dieser Grundlage kann und wird es uns gelingen, Schleswig-Holstein in den kommenden fünf Jahren entscheidend nach vorne zu bringen,“ sagte der FDP-Verhandlungsführer und -Landesvorsitzende Dr. Heiner Garg.

Die drei Verhandlungspartner sind sich von Beginn an über eine solide Finanzpolitik mit dem Ziel des Schuldenabbaus einig gewesen. Alle beschlossenen haushaltsrelevanten Maßnahmen wurden an diesem Ziel ausgerichtet. CDU, Grüne und FDP haben sich auf eine aktive Politik gegen Steuerbetrug und für die Schließung von Steuerschlupflöchern verständigt. Das Programm Impuls (Investitions- und Modernisierungsprogramm für das Land Schleswig-Holstein) wird weiter entwickelt. Über die gesamte Legislaturperiode sind zusätzliche Investitionsmaßnahmen im Umfang von über 500 Millionen Euro mit den Schwerpunkten Mobilität, Bildung und Gesundheit vereinbart worden (Siehe Anlage).

Alle Verhandlungspartner hatten bereits im Wahlkampf erklärt, dass bei ihnen die Kita-Qualität Vorrang vor Beitragsfreiheit hat. Deshalb werden aufwachsend bis 2022 und dann jährlich 170 Millionen Euro zusätzlich in den Bereich Kita für Qualität sowie die Entlastung von Eltern und Kommunen investiert. Mit der Einführung der neuen Kita-Finanzierung entfällt das Kita-Geld.

Die Kommunen erhalten die Möglichkeit, zukünftig in eigener Verantwortung auf Straßenausbaubeiträge zu verzichten. Langfristiges Ziel ist es, dass die Kommunen im Rahmen der geplanten Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs in die Lage versetzt werden, ihrer Verpflichtungen zum Ausbau kommunaler Straßen nachzukommen.

Die Sportförderung wird gestärkt. Wir werden ergänzend zum Nachtragshaushalt 2017 weitere 7,5 Millionen Euro Mittel für Sportinfrastruktur zur Verfügung stellen. Durch eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes wird die Erhebung von Steuern auf Sportarten (beispielsweise Reitsport) ausgeschlossen.

In der Bildungspolitik wird nach einer transparenten Bestandsaufnahme an allen Schularten die Unterrichtsversorgung unter Berücksichtigung der Qualifikation des unterrichtenden Personals schrittweise auf mindestens 100 Prozent erhöht. Die Fort- und Weiterbildung soll gestärkt und weiterentwickelt werden. An den Grundschulen soll es ab Klasse 3 wieder standardisierte Notenzeugnisse mit einem Kompetenzraster und Schulartempfehlungen geben. Das Letztentscheidungsrecht hinsichtlich der Wahl der weiterführenden Schule bleibt bei den Eltern. Ab dem Schuljahr 2019/20 soll an den Gymnasien – beginnend mit den Jahrgängen 5 und 6 – flächendeckend G9 eingeführt werden. Gymnasien, die dies wünschen, haben einmalig die Wahlfreiheit, bei ihrem bisherigen G8 oder GY-Modell zu bleiben. Für eine Entscheidung ist ein Votum der Schulkonferenz mit 3/4-Mehrheit der gewählten Mitglieder in geheimer Abstimmung notwendig. Die Inklusion nimmt weiter einen hohen Stellenwert im Bildungsbereich ein. Daher werden wir auch in dieser Legislaturperiode zusätzliche Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen einstellen. Wir stellen 50 Millionen Euro für Schulbau zur Verfügung. Die Hochschulen werden in dieser Legislaturperiode weiter finanziell gestärkt. Das umfasst die Grundfinanzierung, die Hochschulmedizin, die Universität Flensburg sowie die Ausbildung zusätzlicher Ingenieurinnen und Ingenieure. Zudem werden wir weitere 100 Millionen Euro für die Sanierung der Hochschulen bereit stellen.

Besonderen Wert wollen CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP auf die Digitalisierung legen. Sie wird zum Schlüsselprojekt. Allein für den Ausbau der digitalen Infrastruktur sind in den kommenden fünf Jahren 50 Millionen Euro vorgesehen.

Auch der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur bildet einen Schwerpunkt von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Zusätzliche 120 Millionen Euro sind für die Investitionen in Straßen vorgesehen. 40 Millionen Euro sind für den ÖPNV (MOIN-SH), je 10 Millionen für E-Mobilität und den Ausbau des Radwegenetzes vorgesehen. Die Verhandlungspartner wollen die Rahmenbedingungen für Unternehmer so gestalten, dass Schleswig-Holstein zum mittelstandsfreundlichsten Bundesland wird. Dazu gehört auch die Förderung einer neuen Gründungskultur.

Auch in der Umwelt-, Landwirtschafts- und Energiepolitik wurden die zum Teil sehr unterschiedlichen Programme zu gemeinsamen Zielformulierungen und darauf aufbauenden Maßnahmen zusammen geführt. Die bestehenden Naturschutzstandards und Klimaschutzziele bilden die Arbeitsgrundlage auch der neuen Regierung. Deshalb werden wir auch an den zwei Prozent Landesfläche für auszuweisende Windeignungsgebiete festhalten. In ehemaligen Eignungsgebieten und bei Bestandsanlagen, insbesondere an den windreichen Küstenstandorten, die mit dem neuen Kriterienkatalog vereinbar sind, wollen wir Repowering ermöglichen. Wir leiten eine neue juristische Prüfung ein, ob darüber hinaus weiteres Repowering von Altanlagen außerhalb der Potentialfläche möglich ist und werden hierdurch entstehende Spielräume zur Erhöhung der Abstände zu Siedlungsbereichen mit Wohn- und Erholungsfunktion auf 1000 Meter und zu Einzelhäusern und Splittersiedlungen im Außenbereich auf 500 Meter nutzen.

Im Bereich Innenpolitik wird ein besonderer Schwerpunkt auf die Stärkung der Polizei gelegt. Die Polizei soll konsequent von vollzugsfremden Aufgaben entlastet werde. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden so ausgestaltet, dass sie den Beamten eine größere Handlungssicherheit geben. Das zur Zeit geltende Polizeirecht werden wir unverzüglich einer Schwachstellenanalyse

unterziehen, um Handlungsnotwendigkeiten, insbesondere im Bereich der Terrorismusbekämpfung und in Fällen der organisierten Kriminalität, zu identifieren. Die Erschwerniszulage wird werden wir weiterentwickeln und schrittweise erhöhen. Wie im Finanzkapitel beschrieben werden im Bereich Polizei die Stellen bis 2023 um 500 Stellen aufgestockt. Diese dienen der Stärkung von Präsenz, Prävention und Ermittlung sowie dem Aufbau einer zweiten Einsatzhundertschaft. Unter dem Grundsatz, dass eine Verbesserung der Sicherheitslage nicht zu Lasten der persönlichen Freiheiten der Einzelnen in der Gesellschaft gehen darf, haben die Partner eine umfassende Stärkung unserer Polizei, aber keine Verschärfung des Rechtsrahmens beschlossen. Dementsprechend wird es keine Schleierfahndung und keine verdachtsunabhängigen oder anlasslosen Eingriffe und auch keine flächendeckende Videoüberwachung geben.

Eine humane Flüchtlingspolitik ist die Leitlinie unserer Koalition. Im Einwanderungs- und Flüchtlingsrecht freuen wir uns über die Übereinstimmung bei der Notwendigkeit eines Einwanderungsgesetzes, das auch den so genannten Spurwechsel aus dem Asylverfahren ermöglicht. Wir werden umfassende Sprachkurse für alle Geflüchteten in den Erstaufnahmeeinrichtungen von Anfang an ermöglichen und stocken die Unterrichtseinheiten in den Sprachkursen in den Kommunen auf. Wir werden ein Landesaufnahmeprogramm für 500 besonders schutzbedürftige Geflüchtete schaffen. Wir werden uns auf Landes- und Bundesebene für eine verbesserte Bleibeperspektive von Langzeitgeduldeten und eine deutliche Erleichterung des Familiennachzuges einsetzen.

Die Sanierung der schleswig-holsteinischen Krankenhäuser wird fortgesetzt. In Abstimmung mit den Kommunen wird das Land die Mittel für Krankenhausinvestitionen um 50 Millionen Euro aufstocken. Eine zentrale Aufgabe nimmt die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit medizinischen und pflegerischen Leistungen ein. Dies gilt sowohl für die ambulante als auch die stationäre Versorgung. Die Chancen der Telemedizin im Gesundheitswesen wollen wir nutzen.

Ressortzuschnitt:

CDU:

• Staatskanzlei und Bundesangelegenheiten

• Innenministerium, ergänzt um Ländliche Räume, Landesplanung, ein zusätzlicher Staatssekretär für Integration

• Ministerium für Justiz, Europa, Gleichstellung und Verbraucherschutz (ergänzt)

• Ministerium für Bildung, Wissenschaft (ergänzt) und Kultur (ergänzt)

Bündnis 90/Die Grünen:

• Ministerium für Energie, Umwelt, Landwirtschaft und Digitalisierung (ergänzt)

• Finanzministerium, ergänzt um KoPers und DLZP (Dienstleistungszentrum Personal), ein zusätzlicher Staatssekretär

FDP:

• Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus, ergänzt um Berufliche Bildung

• Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren

Aussender: CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP – Schleswig-Holstein
Redaktion: Torben Gösch