Vattenfall beantragt beim Bundesamt Neu-Genehmigung für Zwischenlager Brunsbüttel

BRUNSBÜTTEL/KIEL. Der Betreiber des Kernkraftwerks Brunsbüttel hat heute (16. November 2015) beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) eine neue Genehmigung zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen im Standortzwischenlager in Brunsbüttel beantragt.

Der Antrag bezieht sich ausschließlich auf die bereits im Standortzwischenlager gelagerten Brennelemente und den noch im Kernkraftwerk befindlichen Kernbrennstoff, nicht auf hochradioaktive Abfälle aus der Wiederaufbereitung (WAA-Castoren). Das Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle hatte aufgrund einer Gerichtsentscheidung Anfang 2015 rechtskräftig die Genehmigung verloren.

Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck erklärte dazu heute in Kiel: „Seit dem Verlust der Genehmigung duldet die Atomaufsicht des Landes die Lagerung der neun Castorbehälter im Zwischenlager per befristeter Anordnung, damit kein rechtloser Raum besteht. Das ist aber kein Dauerzustand. Zwischenlager müssen mit rechtssicheren Genehmigungen betrieben werden. Insofern entspricht der Schritt Vattenfalls den rechtlichen Erfordernissen.“ Die Duldung ist bis 2018 befristet und gilt nicht für weitere Brennelemente aus dem Reaktordruckbehälter.

Der Minister betonte: „Ich erwarte, dass im Genehmigungsverfahren des BfS allen Anforderungen, die das Oberveraltungsgerichts formuliert hat, Rechnung getragen wird. Das gilt insbesondere für den Sicherheitsnachweis für den A 380 und panzerbrechende Waffen.“ Das Oberverwaltungsgericht hatte 2013 unter anderem bemängelt, dass die vom BfS erteilte Genehmigung wegen Ermittlungs- und Bewertungsdefiziten in Bezug auf den Schutz des Standortzwischenlagers vor Terroreinwirkungen rechtswidrig war. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte diese Gerichtsentscheidung Anfang 2015.

Nach Einschätzung der Atomaufsicht ist es aufgrund der weggefallenen Genehmigung nicht auszuschließen, dass sich der Rückbau des Kernkraftwerks Brunsbüttel im Vergleich zu den bisherigen Planungen des Betreibers verzögert. Der Abbau kann erst beginnen, wenn die 517 Brennelemente aus dem Reaktordruckbehälter entfernt und zwischengelagert sind. Das ist aber nur in einem genehmigten Zwischenlager möglich. „Ein zügiges Verfahren für eine neue Genehmigung ist daher von hoher Bedeutung“, sagte Habeck.

Vermutlich wäre es mit geringerem Zeitaufwand verbunden, den Kernbrennstoff aus Brunsbüttel im Zwischenlager in Brokdorf aufbewahren zu lassen. Das würde voraussetzen, dass die e.on-Betreibergesellschaft des Kernkraftwerks Brokdorf beim Bundesamt für Strahlenschutz einen entsprechenden Antrag stellt. Diese Entscheidung liegt aber einzig und allein beim Betreiber. Erschwert werde ein solches Vorgehen auch, weil auf Bundesebene die Frage der Zwischenlagerung von Castoren aus der Wiederaufbereitung nach wie vor nicht gelöst sei, sagte Habeck. „Jetzt haben wir fast ein ganzes Jahr verloren. Das ist ärgerlich.“ Nach einem Konzept des Bundesumweltministeriums soll ein Teil der WAA-Castoren nach Brokdorf, wie die Pläne aber umgesetzt werden, ist aber offen. „Hier muss es endlich Klarheit geben“, forderte der schleswig-holsteinische Umweltminister.

Hintergrund zu den WAA-Castoren:

Nach dem Atomgesetz müssen abgebrannte Brennelemente standortnah in Zwischenlagern gelagert werden. Dies geschieht gegenwärtig an 12 Kernkraftwerks-Standorten in Deutschland in im Wesentlichen baugleichen Zwischenlagern

Nicht mehr erlaubt ist seit Mitte 2005 der Transport abgebrannter Brennelemente zum Zweck der Wiederaufarbeitung im Ausland. Vor diesem Zeitpunkt wiederaufgearbeiteter Kernbrennstoff muss allerdings noch von den Betreibergesellschaften zurückgenommen werden. Unklar ist hier nach wie vor die Verteilung dieses Kernbrennstoffs auf einzelne Lagerstätten.

Bundesumweltministerin Hendricks hatte im Juni 2015 ein Konzept vorgelegt, nach dem an den Standorten Biblis (Hessen), Brokdorf (Schleswig Holstein) und Isar (Bayern) insgesamt 21 CASTOR-Behälter aus der Wiederaufarbeitung in Großbritannien verteilt werden sollten. Die Energieversorgungsunternehmen haben die Vorlage des Konzeptes begrüßt und angekündigt, es zu prüfen. Entsprechende Genehmigungsanträge haben die Betreibergesellschaften bisher allerdings nicht gestellt.

Hintergrund zum Stand des Genehmigungsverfahrens für Stilllegung und Rückbau des Kernkraftwerks:

Das Kernkraftwerk Brunsbüttel produziert keinen Strom mehr und befindet sich im Nachbetrieb. Ende 2012 hatte Vattenfall eine Genehmigung für die Stilllegung und den Rückbau bei der zuständigen Atomaufsicht des Landes beantragt. Derzeit läuft das Genehmigungsverfahren; im Sommer dieses Jahres fand der Erörterungstermin statt. Die Atomaufsicht rechnet damit, dass über den Genehmigungsantrag 2017 entschieden werden kann. Erst danach darf der Rückbau beginnen, vorausgesetzt die Brennelemente aus dem Reaktordruckbehälter sind zwischengelagert.

Nähere Informationen finden Sie hier: http://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/R/reaktorsicherheit/faq_kkw.html

Aussender: Nicola Kabel, Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (SH)
Redaktion: TG