NABU fordert Schutz für den seltenen Schreiadler – „Fitness-Check“ darf nicht zum Naturschutz-Abbau führen

Berlin/Schwerin – Die Naturschutzgesetzgebung der EU soll auf den Prüfstand: Bis zum 24. Juli haben alle Bürgerinnen und Bürger in den Mitgliedstaaten die Gelegenheit, sich zur Bedeutung und zu einer möglichen „Modernisierung“ der zwei wichtigsten EU-Gesetze für den Natur- und Artenschutz zu äußern: der Fauna-Flora-Habitat- (FFH-) -und der Vogelschutzrichtlinie. Mit der Aktion „Naturschätze retten“ stellt der NABU jede Woche unter www.NABU.de/naturschaetze ein Gebiet, eine Art oder einen Lebensraum vor, die vom Schutz der EU profitieren oder ohne diesen verloren gehen könnten.

In Mecklenburg-Vorpommern brüten etwa 80 Schreiadlerpaare – und damit der größte Teil des gesamten Schreiadlerbestands in Deutschland. Die anderen rund 20 Paare leben im Nordosten Brandenburgs. Intensive Land- und Forstwirtschaft sowie die Entwässerung von Feuchtgebieten entziehen den seltenen Greifvögeln hierzulande zunehmend die Lebensgrundlagen.

Als sogenannter Langstreckenzieher überwintert der Schreiadler im südlichen Afrika. Doch nicht nur auf dem Zug ist er großen Gefahren ausgesetzt (vor allem durch Wilderei im Nahen Osten). Zwar spielt die direkte Verfolgung in Mitteleuropa bis auf Ausnahmen keine Rolle mehr. Dennoch ist der Schreiadler im Brutrevier sehr empfindlich gegenüber Störungen. Bei Beunruhigung verlässt er schnell auch angestammte Reviere. Schreiadler stellen hohe Ansprüche an ihre Brut- und Nahrungsgebiete. Zum Brüten benötigen sie ungestörte Laub- und Mischwälder. Diese müssen von feuchten Lebensräumen wie Erlenbrüchen oder feuchten Wiesen durchzogen oder umgeben sein, wo die Vögel jagen können. Zudem siedeln die letzten Schreiadler in weitgehend unzerschnittenen Lebensräumen. Doch solche Flächen sind heute in Mecklenburg-Vorpommern fast nur noch in den großen Schutzgebieten zu finden.

„Hierzu zählen die Natura 2000-Gebiete. Außerhalb der Grenzen dieser FFH- und Vogelschutzgebiete werden wertvolle Schreiadlerlebensräume weiter zerstört. Entwässerung und Nutzungsintensivierung vernichten die Lebensräume ebenso wie schlecht geplante Windparks“, sagte der Landesvorsitzende des NABU-Mecklenburg Vorpommern, Stefan Schwill. Der NABU richtet sich daher mit einer Klage gegen die nicht artenschutzkonforme Praxis mecklenburgischer Behörden bei der Windkraftplanung, die das Überleben der Schreiadler gefährdet. Im betreffenden Fall im Landkreis Rostock sind mindestens vier Schreiadlerpaare direkt von einem Windparkprojekt betroffen. Es ist unstrittig, dass Schreiadler durch Vogelschlag an Windkraftanlagen besonders gefährdet sind.

„Der Schreiadler wird im Anhang I der Vogelschutzrichtlinie gelistet. Das bedeutet, dass besondere Schutzgebiete für ihn ausgewiesen wurden. Ein Wegfall oder eine Aufweichung der Vogelschutzrichtlinie hätte dramatische Folgen für den seltenen Greifvogel. Ein baldiges Aussterben des deutschen Brutvorkommens kann nur verhindert werden, wenn die für diese Art ausgewiesenen Natura 2000-Gebiete konsequent geschützt und verbessert werden und gleichzeitig der spezielle Schutz, den die EU-Vogelschutzrichtlinie der Art gewährt voll umgesetzt wird“, so Schwill weiter.

Mit Blick auf die EU-Bürgerbefragung zum „Fitness-Check“ möchte der NABU zahlreiche Menschen dazu bewegen, sich unter www.NABU.de/naturschaetze für starke Naturschutzgesetze in der Europäischen Union auszusprechen. Einige Regierungen und Wirtschaftslobbyisten verlangen bereits die Abschwächung der Fauna-Flora-Habitat- (FFH)- und Vogelschutzrichtlinie. Der Schutz von allein in Deutschland über 5.000 Natura-2000-Gebieten könnte damit geschwächt werden. Die Jagd auf Zugvögel und Wölfe, der Schutz von Fledermäusen, Bibern und Buchenwäldern stünde wieder zur Debatte.

Mehr zum Schreiadler: www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/aktionen-und-projekte/schreiadler/

Aussender: NABU-Pressestelle, Kathrin Klinkusch
Redaktion: TG / Hallo-Holstein