Das BKA stellt klar: Erstmalige Identifizierung des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy am 15. Oktober 2013 in Bezug auf ein kinderpornografisches Verfahren ist weiterhin richtig!

Wiesbaden – Anlässlich fortgesetzter Spekulationen im Zusammenhang mit den Abläufen der „Operation Selm“, bei der auch der frühere Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy festgestellt worden ist, stellt das Bundeskriminalamt (BKA) klar:

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BKA haben die Verbindung zwischen dem Namen Sebastian Edathy und der Person des früheren Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des NSU-Untersuchungsausschusses erstmals von der Polizeidienststelle Nienburg/Schaumburg in Niedersachsen am 15. Oktober 2013 erfahren. Hierzu liegen dienstliche Erklärungen der betreffenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor.

Anderslautende Schlussfolgerungen sind falsch.

Verschwörungstheorien, Informationen zu Sebastian Edathy seien durch das BKA bewusst zurückgehalten worden, entbehren jeder Grundlage.

Richtig ist: Die Speicherung von Informationen zum Sachverhalt um Sebastian Edathy im BKA-internen Vorgangsbearbeitungssystem dokumentiert vielmehr, dass von einem Vorenthalten oder einer Verheimlichung des Sachverhaltes keine Rede sein kann.

Im Detail: Eine Zugriffsmöglichkeit auf die Daten des „Project Spade“ bestand bzw. besteht für alle im Zeitraum November 2011 bis heute der zuständigen Fachdienststelle für die Bekämpfung von Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen im BKA zugewiesenen Bediensteten. Das sind mit Stand vom 13.03.2014 kumulativ 36 Mitarbeiter des BKA, wobei aufgrund von Personalab- und -zugängen nicht alle Personen über den Gesamtzeitraum der Fachdienststelle zugewiesen waren bzw. es heute noch sind. Des Weiteren waren folgende Stellen einzubeziehen, um die Ermittlungen zu unterstützen:

– Zwei Mitarbeiter der für IT-Unterstützung zuständigen Fachdienststelle der Abteilung „Schwere und Organisierte Kriminalität“ hatten zur Einspielung in eine Datenbank Zugriff auf die Excel-Liste und einen Ordner mit allen Bestellformularen deutscher Kunden zu jedem Bestellvorgang. Sechs weitere Mitarbeiter dieser Fachdienststelle hätten Kenntnis nehmen können.

– Zwei Mitarbeiter der „Kriminalpolizeiliche Medienzentrale“ des BKA hatten Zugriff auf Video- und Bilddaten, da sie mit der Konvertierung in einheitliche Datenformate befasst waren. Ein weiterer Mitarbeiter hatte die Möglichkeit, auf diese Video- und Bilddaten zuzugreifen.

– Zwei Mitarbeiter eines Servicereferates der Abteilung „Informationstechnik“ hatten zur Durchführung eines automatisierten Abgleichs der Daten in polizeilichen Datensystemen Zugriff auf die in Rede stehende Excel-Liste. Darüber hinaus besteht für neun Mitarbeiter mit Administratorenrechten eine Zugriffsmöglichkeit.

Von diesen ermittlungsunterstützenden Einheiten hatte niemand Kenntnis des gesamten Beweismaterials.

Am 30.10.2012 wurden im Vorgangsbearbeitungssystem 800 Einzelvorgänge zu den Beschuldigten der Operation „Selm“ – darunter auch für Sebastian Edathy – automatisiert angelegt. Da zum Zeitpunkt der automatisierten Erfassung im BKA nicht bekannt war, dass es sich bei einem der Tatverdächtigen um den Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy handelte, wurde für den Vorgang standardmäßig keine besondere Zugriffsbeschränkung festgelegt. Das bedeutet, dass alle Nutzer dieses Vorgangsbearbeitungssystems mit dem Leserecht für kriminalpolizeiliche Vorgänge der Abteilung „Schwere und Organisierte Kriminalität“ diesen Vorgang und die Dokumente aus dienstlichen Gründen hätten einsehen können. Nach Bekanntwerden der Identität von Herrn Edathy am 15.10.2013 wurden die Zugriffsmöglichkeit auf die Mitarbeiter des zuständigen Fachreferates „Auswertung Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen“ beschränkt. Eine erstmalige Überprüfung der Zugriffs-Protokolle am 18.03.2014 hat ergeben, dass auf den Sebastian Edathy in dieser Sache betreffenden Vorgang seit seiner Generierung am 30.10.2012 im Vorgangsbearbeitungssystem ausschließlich von zwei Beamtinnen des zuständigen Fachreferates im BKA zugegriffen wurde. Vor dem 15.10.2013, dem Datum der Identifizierung von Sebastian Edathy, haben die zwei Beamtinnen in der Zeit vom 30.10.2012 bis 08.10.2013 fünf mal zugegriffen. Eine der Beamtinnen ist bereits im Innenausschuss des Deutschen Bundestages gehört worden. Am Tag der Identifizierung des Sebastian Edathy – also dem 15.10.2013 – hat eine der Beamtinnen zweimal auf den Vorgang zugegriffen.

Die Protokollauswertung ergab darüber hinaus, dass vier weitere Beschäftigte im Zeitraum vom 30.10.2012 bis 15.10.2013 den Namen „Edathy“ im Vorgangsbearbeitungssystem abfragten und dabei unter anderem auch die Verwaltungsdaten des in Rede stehenden Vorgangs angezeigt bekamen. Die Abfragen erfolgten konkret im Zuge der Bearbeitung des vermeintlichen Sprengstoffanschlags auf den Briefkasten des Büros von Sebastian Edathy im Dezember 2012 sowie der Bearbeitung von Gefährdungssachverhalten zum Nachteil der Schutzperson Edathy im August und September 2013. Bei Anfragen nach einem bestimmten Namen werden im Vorgangsbearbeitungssystem amtsweit sämtliche Vorgänge als Fundstellen angezeigt, in denen dieser Name eine Rolle spielt. Der Vorgangsnachweis im konkreten Fall enthielt aber lediglich die Vorgangsnummer und den Betreff „Besitz / Erwerb von Kinder- / Jugendpornografie – OP Selm“. Weitere Informationen zum konkreten Sachverhalt, ein Bezug zum Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy sowie dessen Rolle in dem entsprechenden Vorgang waren dem Vorgangsnachweis nicht zu entnehmen. Den Grundsätzen des Vorgangsbearbeitungssystems folgend wäre für weitergehende Informationen eine konkrete Nachfrage bei der zuständigen Sachbearbeitung im Referat zur Bekämpfung der Kinderpornografie erforderlich gewesen, die jedoch nicht erfolgte. Die Beschäftigten nutzten die Abfragemöglichkeit im Vorgangsbearbeitungssystem lediglich zum Auffinden der für sie relevanten Vorgänge. Die Anzeige weiterer Fundstellen, somit auch des Vorgangs im Referat zur Bekämpfung der Kinderpornografie, spielte für sie keine Rolle und wurde nach eigenem Bekunden auch nicht weiter zur Kenntnis genommen.

Ein Zugriff auf den Vorgang erfolgte ausweislich der Protokollierung nicht.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Der Umgang mit den Daten zum ehemaligen Bundestagabgeordneten Sebastian Edathy entsprach der standardisierten Nutzung des BKA-internen Vorgangsbearbeitungssystems. Zudem erfolgte trotz der Zugriffe auf das Vorgangsbearbeitungssystem eine Identifizierung des Sebastian Edathy als Bundestagsabgeordneter nicht vor dem 15. Oktober 2013.

Bundeskriminalamt