Landesregierung leistet dreistes Stück aus dem Tollhaus

In der gestrigen Sitzung des Sozialausschusses des Schleswig-Holsteinischen Landtages hat die Landesregierung durch SPD-Staatssekretärin Anette Langner angekündigt, dass sie die im Koalitionsvertrag des Bundes vorgesehenen Entlastungsmittel zugunsten der Kommunen im Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen zu weiten Teilen für den Landeshaushalt reklamiert. Dazu erklärt der Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU Schleswig-Holstein und CDU-Bundestagsabgeordnete Ingbert Liebing, MdB:

„Das ist ein dreistes Stück aus dem Tollhaus! Der Koalitionsvertrag enthält eindeutige Formulierungen, dass im Bereich der Eingliederungshilfe die Kommunen entlastet werden sollen. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Verhältnis Kommunen und Länder die Aufgaben der Eingliederungshilfe zurzeit finanzieren. In allen 16 Bundesländern gibt es sehr unterschiedliche Regelungen, wer welche Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen finanziert. In einzelnen Bundesländern sind es ausschließlich die Kommunen, z. B. in Nordrhein-Westfalen. In Rheinland-Pfalz teilen sich Kommunen und Land die Kosten hälftig. In Schleswig-Holstein trägt das Land ca. 80 Prozent, die Kommunen 20 Prozent. Zielsetzung ist es aber, die Kommunen zu entlasten, nicht die Länder. Unabhängig von der Eingliederungshilfe haben die Länder eine Bundesleistung in Höhe von 6 Mrd. Euro für sich im Koalitionsvertrag erstritten. Nun kann es nicht sein, dass die Länder auch noch die Kommunalentlastung für sich einstreichen wollen.

 

Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, dass im Bereich der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen die Kommunen jährlich in Höhe von 5 Mrd. Euro entlastet werden sollen. Bis dies über ein Bundesteilhabegesetz erfolgt, soll vorab eine jährliche Entlastung der Kommunen in Höhe von 1 Mrd. Euro erfolgen.

Wenn die Bundesländer die von der Koalition im Bund für die Kommunen vorgesehenen Gelder jetzt für sich beanspruchen, gefährdet dies das Bundesteilhabegesetz insgesamt. Ein Bundesteilhabegesetz, mit dem der Bund zunächst ein Drittel der Kosten übernimmt, muss jedoch nach dem Koalitionsvertrag sicherstellen, dass diese Entlastung bei den Kommunen ankommt. Das Vorhaben der Landesregierung ist deshalb brandgefährlich.

Jetzt stehen insbesondere Ministerpräsident Albig sowie SPD-Chef Stegner in der Verantwortung: Beide haben den Koalitionsvertrag mit ausgehandelt und ihm zugestimmt, in dem die Kommunalentlastung enthalten ist. Sie müssen sicherstellen, dass dies auch in Schleswig-Holstein umgesetzt wird.“

Hintergrund:

Der Text des Koalitionsvertrages ist eindeutig: Auf Seite 88 heißt es als erster Punkt unter „Prioritäre Maßnahmen“ im Finanzkapitel: „Die Gemeinden, Städte und Landkreise in Deutschland sollen weiter finanziell entlastet werden. Im Jahr 2014 erfolgt ohnehin die letzte Stufe der Übernahme der Grundsicherung im Alter durch den Bund und damit eine Entlastung der Kommunen in Höhe von 1,1 Mrd. Euro. Darüber hinaus sollen die Kommunen im Rahmen der Verabschiedung eines Bundesteilhabegesetzes im Umfang von 5 Mrd. jährlich von der Eingliederungshilfe entlastet werden. Bereits vor der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes beginnen wir mit einer jährlichen Entlastung der Kommunen von 1 Mrd. Euro pro Jahr.“ Danach folgt als zweiter Punkt, dass die Länder in der laufenden Legislaturperiode in Höhe von 6 Mrd. Euro entlastet werden sollen, für die „Finanzierung von Kinderkrippen, Kitas, Schulen und Hochschulen“.

Jörg Hollmann – KPV-Landesgeschäftsführer