Prinz Heinrich repariert sein Automobil, 1911, Foto: Mercedes-Benz Classic Archives

Prinz Heinrich von Preußen: Ein fast vergessener Hohenzoller in Kiel

Zur Kieler Woche 2013 widmet sich das Stadt- und Schifffahrtsmuseum in zweifacher Weise, nämlich in einer Ausstellungs- und einer Buchpräsentation, einem begeisterten Segler: dem Prinzen Heinrich von Preußen (1862–1929). Fast 40 Jahre lang residierte der Hohenzollernprinz, der jüngere Bruder Wilhelms II., im Kieler Schloss und erlebte Aufstieg und Zusammenbruch des Deutschen Kaiserreiches aus nächster Nähe mit. Nach seiner Flucht aus Kiel während der Unruhen der Novemberrevolution 1918 lebte er bis zu seinem Tod 1929 auf seinem Gut Hemmelmark bei Eckernförde.Prinz Heinrich repariert sein Automobil, 1911, Foto: Mercedes-Benz Classic Archives

Die Ausstellung im Warleberger Hof ist Teil des gemeinsamen Ausstellungsprojektes „Anker auf!“ des Kieler Verbundes „Museen am Meer“. Die umfangreiche Schau, die knapp 200 Exponate zeigt, wird am Freitag, 21. Juni, um 17 Uhr von Kulturdezernent Wolfgang Röttgers eröffnet.

 

Das gleichzeitig präsentierte Buch „Prinz Heinrich von Preußen – Großadmiral, Kaiserbruder, Technikpionier“ versammelt zehn Beiträge, die sich auf dem neuesten Stand der Forschung mit dem Hohenzollernprinzen beschäftigen. Der Band, der zahlreiche, zum Teil unveröffentlichte Bilder enthält, wird herausgegeben vom Direktor des Landesarchivs Schleswig-Holstein, Professor Dr. Dr. Rainer Hering, und der Kuratorin der Ausstellung, Christina Schmidt. Er ist in der Reihe „Zeit und Geschichte“ als Band 23 im Wachholtz Verlag zum Preis von 35 Euro erschienen.

Zur Kieler Woche (22. Bis 30. Juni) werden im Warleberger Hof montags bis sonnabends kostenlose Kurzführungen zu wechselnden Themen angeboten. Sonntags können Besucherinnen und Besucher an „Langführungen“ durch die gesamte Ausstellung teilnehmen (Führung 1 Euro).

Im Alter von 14 Jahren trat Prinz Heinrich in die kaiserliche Marine ein und startete von Kiel aus zahlreiche Ausbildungsfahrten. Er durchlief die seemännische Laufbahn in kurzer Zeit, wurde bereits 1909 vom Kaiser als Oberbefehlshaber der Marine zum Großadmiral ernannt und im Ersten Weltkrieg mit dem Oberbefehl über die kaiserliche Ostseeflotte betraut. Diese Karriere als Seeoffizier war für ihn als Zweitgeborenem von Anfang an vorgesehen, entsprach jedoch auch seinen Neigungen sowie den Bestrebungen des marinebegeisterten kaiserlichen Bruders, die Flotte massiv auszubauen und aufzuwerten.

Als Marineoffizier und Repräsentant des Hohenzollernhauses bereiste Heinrich die ganze Welt. Reisen führten ihn nach Japan, China und Hawaii, nach Afrika, Russland und Amerika. Häufig kam der Kaiser eigens aus Berlin nach Kiel, um Heinrich zu verabschieden oder zu begrüßen. Für die aufwendigen Inszenierungen bildete der Reichskriegshafen eine feierliche Kulisse.

Im Auftrag seines Bruders übernahm Heinrich repräsentative Aufgaben, traf hochrangige Staatsoberhäupter, nahm an Empfängen teil, überreichte Geschenke oder Briefe seines Bruders.

Residenz und Dienstsitz des Prinzen Heinrich war seit 1880 das Kieler Schloss. Aber erst als er sich 1887 mit seiner Cousine, der Prinzessin Irene von Hessen-Darmstadt, verlobte, wurde ihm das gesamte Gebäude überlassen und aufwendig zur repräsentativen Residenz umgebaut.

Die Stadt Kiel sah in dem Hohenzollern im Kieler Schloss eine wichtige Verbindung zum kaiserlichen Hof in Berlin. Heinrich wurden zahlreiche Schirmherrschaften angetragen. Er trug mit eigenem Kapital zur Einrichtung des ersten Kieler Seemannshauses für Unteroffiziere und Mannschaften der Marine bei, seine Frau Irene gründete 1905, nachdem ihr jüngster Sohn an der Bluterkrankheit verstorben war, das „Heinrich-Kinder-Hospital“, das erste Kinderklinikum der Stadt. In die politischen Belange der Stadt mischte Prinz Heinrich sich nicht ein. 1911 ernannte ihn die Stadt zum Ehrenbürger.

Als im November 1918 nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg die Unruhen unter den Besatzungen der Hochseeflotte in Wilhelmshaven nach Kiel übergriffen und ein bewaffneter Demonstrationszug am 3. November mit acht Toten und zahlreichen Verletzten endete, entschloss sich Prinz Heinrich zur Flucht. Heimlich verließ er mit seiner Familie und einigen Bediensteten am 5. November die Stadt Richtung Hemmelmark. An der Levensauer Hochbrücke wurde der Wagen von aufständischen Matrosen beschossen.

Das Gut Hemmelmark bei Eckernförde hatte Prinz Heinrich 1896 erworben. Nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs wurde Hemmelmark zum ständigen Wohnsitz, in dem nahegelegenen Mausoleum wurde Heinrich 1929 beigesetzt.

Trotz seiner Tätigkeit als Marineoffizier und seiner repräsentativen Aufgaben konnte Prinz Heinrich ausgiebig seinen vielseitigen Interessen nachgehen. Er war begeisterter Regattasegler und es gab kaum eine Kieler Woche, an der er nicht teilnahm. Er war Vize-Kommodore des Kaiserlichen Yacht-Clubs (KYC), die Kopfbedeckung der 1892 eingeführten Mitgliedertracht „lebt“ bis heute weiter als Prinz-Heinrich-Mütze.

Während seiner Amerikareise 1902 erwarb Heinrich sein erstes Automobil, ein fünf PS starkes Gefährt mit Dampfantrieb. Allein bis 1911 legte er sich 17 weitere Modelle der von ihm favorisierten Marke Benz zu, um auf dem neuesten Stand der Entwicklung zu bleiben. Er war für seinen rasanten Fahrstil bekannt und übernahm die Schirmherrschaft oder Ehrenmitgliedschaft zahlreicher Automobilclubs im In- und Ausland. Unzufrieden mit einem 1903 in Amerika erfundenen Scheibenwischer, konstruierte Heinrich einen eigenen Scheibenreiniger, für den er 1908 ein Patent einreichte.

In seiner Begeisterung für die Luftschifffahrt wandte er sich 1910 dem Flugzeug zu und bestand als 38. Deutscher den Pilotenschein. In den folgenden Jahren setzte er sich auch als Förderer des Militärflugwesens ein.

Für die Ausstellung, die zunächst im Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig gezeigt wurde und nun für die Kieler Präsentation um 50 Prozent erweitert wurde, wurden zum ersten Mal die Akten des sogenannten Hofmarschallamtes ausgewertet. Dieses Amt, eine Art Kleinstbehörde, befand sich im Kieler Schloss und war für die Organisation und Abwicklung aller Belange Heinrichs verantwortlich. Hinzu kommen Objekte, die die Familie des Prinzen zur Verfügung stellte, sowie Leihgaben von der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf, vom Stadtmuseum Eckernförde, Zoologischen Museum Kiel, Golfclub Kitzeberg, 1. Kieler Ruderclub, von der Marineschule Mürwik und weiteren privaten Leihgebern.

Die Ausstellung beleuchtet Heinrichs Karriere als Marineoffizier und sein Verhältnis zu seinem Bruder Wilhelm. Anschaulich werden seine Reisen von Kiel aus in die ganze Welt sowie der Alltag im Kieler Schloss und das zurückgezogene Leben auf Gut Hemmelmark präsentiert. Die Ausstellung zeigt Exponate aus allen Lebensbereichen des Prinzen: imposante Gemälde, Modelle der Schiffe, auf denen Heinrich reiste, Uniformen, exotische Reisemitbringsel aus der Südsee, aus Japan und China, Fotografien, Dokumente und private Gegenstände aus der Familie, beispielsweise Manschettenknöpfe als Geschenk des Kaisers, Silber- und Porzellangeschirr, Pokale oder ein seidenes Taufkleid. Die faszinierende Vielfalt der Exponate lässt sowohl die öffentliche Person als auch den Privatmenschen Prinz Heinrich erkennen.

Prinz Heinrich von Preußen – Großadmiral, Kaiserbruder, Technikpionier

21. Juni bis 2. September 2013 und 26. September bis 27. Oktober 2013

(Die Ausstellung wird unterbrochen von der Kieler Messe für angewandte Kunst)

Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseum Warleberger Hof

Dänische Straße 19

24103 Kiel

Telefon 0431/901-3425

www.stadtmuseum-kiel.de

twitter @StadtmuseumKiel

Eröffnung: Freitag, 21. Juni 2013, 17 Uhr

Öffnungszeiten: täglich 10 bis 18 Uhr

Eintritt: 3 Euro, ermäßigt 1 Euro

Öffentliche Führungen: sonntags 11.30 Uhr

Gruppenführungen nach Vereinbarung unter Telefon 901-3488

Sonderführungen während der Kieler Woche (22. bis 30. Juni)

Während der Kieler Woche lädt das Stadt- und Schifffahrtsmuseum Warleberger Hof werktags um 12 Uhr zu Kurzführungen und sonntags zu „Langführungen“ durch die Ausstellung ein.

Sonntag, 23. und 30. Juni, jeweils 11.30 Uhr:

Führung durch die gesamte Ausstellung (Führung 1 Euro)

Montag, 24. Juni, bis Sonnabend, 29. Juni, 12 Uhr:

Kurzführungen zu wechselnden Themen (Führung kostenfrei)

Begleitprogramm:

Sonntag, 14. Juli, 11.30 Uhr

Öffentliche Sonderführung durch die Ausstellung mit der Kuratorin Christina Schmidt M.A., ago ausstellungen

Kosten: 1 Euro zuzüglich Eintritt

Donnerstag, 18. Juli, 16.30 Uhr

Sonnabend, 20. Juli, 15 Uhr

Auf den Spuren von Prinz Heinrich in Kiel

Historischer Rundgang mit Ernst Mühlenbrink

Treffpunkt: Kaisertreppe am Bahnhof

Kosten: 4 Euro, Anmeldung unter Telefon 901-3425

Donnerstag, 8. August, 19.30 Uhr

Prinz Heinrich in Kiel

Vortrag von Dr. Doris Tillmann, Museumsdirektorin

Eintritt frei

Donnerstag, 22. August, 19.30 Uhr

Technik, die begeistert. Prinz Heinrich und der Fortschritt seiner Zeit

Vortrag von Christina Schmidt M.A., Kuratorin der Ausstellung

Eintritt frei

Sonntag, 25. August, 11.30 Uhr

Öffentliche Sonderführung durch die Ausstellung mit der Kuratorin Christina Schmidt M.A., ago ausstellungen

Kosten: 1 Euro zuzüglich Eintritt

Freitag, 30. August, 19 bis 24 Uhr

Kieler Museumsnacht mit Aktionen und Führungen, mit Essen und Trinken, mit Film und Musik

Donnerstag, 5. September, 19.30 Uhr

Ein preußischer Prinz auf dem Achterdeck. Prinz Heinrich als Marineoffizier

Vortrag von Dr. Jann Markus Witt, Historiker des Deutschen Marinebundes e.V.

Eintritt frei

Donnerstag, 10. Oktober, 19.30 Uhr

Bilderalben der Kaiserzeit. Beispiele aus dem Fotoarchiv des Stadtarchivs

Christoph Freitag, Stadtarchiv Kiel

Ort: Stadtarchiv Kiel, Rathaus, Raum 400 (Rotunde), Zugang über Eingang Waisenhofstraße

Eintritt frei; Anmeldung erforderlich unter Telefon 901-3425

Landeshauptstadt Kiel – Pressereferat