Malahide Castle: Akademiker suchen das Weite (Foto: pixelio.de/M. Pflug-Hofmayr)

Irische Wirtschaft kämpft mit Rekordabwanderung – Angespannter Arbeitsmarkt – Baubranche und Jungakademiker betroffen

Dublin – Immer mehr Arbeitnehmer verlassen Irland, um im Ausland ihr Glück zu finden. Zwischen April 2011 und 2012 haben so viele Menschen Irland den Rücken gekehrt wie seit 25 Jahren nicht mehr. Die Auswanderungsrate ist gegenüber dem Jahr zuvor um kanpp acht Prozent auf 87.000 Personen gestiegen. Seit dem Ausbruch der Krise im Jahr 2008 sind 182.900 Menschen im Alter zwischen 15 und 29 Jahren emigriert. Hauptziele der Jobsuchenden sind London, New York, Toronto und Australien. Besonders betroffen von der aktuell prekären Konjunkturlage am Arbeitsmarkt sind Universitätsabsolventen und Beschäftigte in der Baubranche.Malahide Castle: Akademiker suchen das Weite (Foto: pixelio.de/M. Pflug-Hofmayr)

 

Sparkurs und Kreditklemme schmerzen

 

Die irische Wirtschaft hat vor der Krise einen regelrechten Boom erlebt, wie Holger Erdmann, stellvertretender Geschäftsführer der Deutsch-Irischen Industrie- und Handelskammer http://german-irish.ie , im Interview mit pressetext schildert. „In den Jahren 2006 und 2007 wurden in Irland jährlich rund 90.000 neue Wohneinheiten geschaffen, 2011 waren es nur mehr knapp 10.000. Diesem dramatischen Einschnitt folgen zwangsweise nun herbe Steuerausfälle im Immobiliensektor.“ Für die zahlreichen irischen Arbeitslosen mit Qualifikationen in der Bauwirtschaft gebe es für die kommenden fünf bis zehn Jahre kaum vernünftige Perspektiven, so Erdmann.

Hinzu kommt die gegenwärtig angespannte budgetäre Lage. Im Zuge der Finanzkrise mussten irische Geschäftsbanken durch Steuergelder gerettet werden. Die Folge: Der Gürtel ist enger geschnallt und Sparen die oberste Prämisse. „Alles was falsch laufen konnte, ist falsch gelaufen. Der öffentliche Sektor streicht Jobs während die Privatwirtschaft Investitionen zurücknimmt und kleine Firmen in der Kreditklemme stecken“, so das Urteil von Brid O’Brien, Sprecherin der irischen Arbeitslosenvereinigung http://inou.ie . Die Rolle des Staates als Arbeitgeber verliert zusehends an Bedeutung. Die Zahl der Beschäftigten soll bis 2015 um 37.500 auf 282.500 reduziert werden. Auch die Anzahl der über 30-Jährigen, die noch bei ihren Eltern zu Hause wohnen, ist nach oben geklettert. Derzeit sind es rund 91.000.

Deutsche in Irland gefragt

Obwohl momentan die Arbeitslosenquote bei 15 Prozent liegt und der Staat rigoros den Sparstift ansetzt, steht die produzierende Wirtschaft generell sehr gut da, betont Erdmann. Aufgrund des beschränkten Binnenmarktes sind zahlreiche Unternehmen auf den Export von Waren und Gütern spezialisiert, der traditionell ein Steckenpferd der irischen Wirtschaft ist. Aktuell seien in dem 4,5 Mio. Einwohner zählenden Land sogar rund 2.000 deutschsprachige Stellen zu besetzen. Dabei handelt es sich vor allem um Jobs in der Kommunikations- und Technologiebranche, erklärt Erdmann. Ähnlich die Situation bei den Jungakademikern, bei denen die Euphorie bei der Abschlussfeier bald darauf den ernüchternden Erkenntnissen am Arbeitsmarkt weicht.

Irland ist kein Einzelfall. Europaweit suchen immer mehr vom heimischen Arbeitsmarkt enttäuschte Menschen einen Job im Ausland. In Deutschland ist es insbesondere der qualifizierte Mittelstand, der den Schritt über die Grenze vergleichsweise oft in Erwägung zieht (pressetext berichtete: http://pte.com/news/20091211023 ). Die von überbordenden Staatsschulden am meisten gebeutelten Nationen haben in dieser Hinsicht zwangsweise den größten Wandertrieb. Dazu zählen in erster Linie Griechen, Spanier, Portugiesen und Italiener.

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Sebastian Köberl
Malahide Castle: Akademiker suchen das Weite (Foto: pixelio.de/M. Pflug-Hofmayr)