Social Media: trügerisches Terrain (Foto: pixelio.de, Gerd Altmann)

„Social Media mit Kriegsschauplätzen vergleichbar“ – Kanäle halten Tücken für Firmen, Organisationen und Medien bereit

Wien – Soziale Medien bieten Firmen, Organisationen und Medien die Möglichkeit, direkt mit ihren Kunden in Kommunikation zu treten. Allerdings hat diese Chance auch ihre Schattenseiten. Das haben Vertreter von Wirtschaft, Non-Profit-Organisationen und Medien bei einer Diskussionsrunde im Rahmen der Österreichischen Medientage http://www.medien-tage.at in Wien festgestellt. Moderator Rudi Klausnitzer verglich die hin und wieder herrschenden Zustände auf Plattformen wie Facebook oder Twitter sogar mit Kriegsschauplätzen.Social Media: trügerisches Terrain (Foto: pixelio.de, Gerd Altmann)

 

Möglichkeiten und Gefahren

 

Für Unternehmen ist die Schattenseite der sozialen Medien dann offensichtlich, wenn sich gerade ein von wütenden Kunden und Kritikern forcierter Shitstorm über ihnen zusammenbraut. Die Verantwortlichen, sofern es sie dezidiert gibt, müssen lernen damit umzugehen. „Man muss soziale Medien ernst nehmen. Unternehmen müssen auf aufkommende Kritik eingehen, das nimmt oft schon viel Fahrt aus den Segeln der Kritiker“, sagt Kristin Hanusch-Linser von den Österreichischen Bundesbahnen. Für andere Organisationen kann ein gezieltes Aufwiegeln der Online-Gemeinde sogar nützlich sein.

„Wir setzen seit 2007 sehr stark auf soziale Medien. Dort können wir eine Gegenöffentlichkeit erzeugen, die mit klassischen Medien nicht zu erreichen ist, da dort keiner eine angriffige Kampagne gegen Konzerne wie VW spielt. Wir haben eine klare Strategie, die wir auf die jeweiligen ‚Gegner‘ anpassen“, so Volker Gaßner von Greenpeace. Die Betreiber sozialer Netzwerke mischen sich in die digitalen Volksaufstände meistens nicht ein. „Schwarmintelligenz ist nicht immer mit Intelligenz gleichzusetzen. Wir nehmen außer aus juristischen Gründen keinen Einfluss“, so Wolfgang Fasching-Kapfenberger von Google.

Einfluss auf Medien

Die Medien sind aus wirtschaftlichem Interesse ebenfalls auf die sozialen Medien angewiesen. „Alle Medienhäuser haben Pläne, ihre Inhalte auf möglichst vielen Kanäle zu verbreiten. Allerdings ist die Nutzung hier noch nicht geklärt, etwa wenn Redakteure eigene Accounts unterhalten“, erklärt Franz Manola vom ORF. Unter den Journalisten gibt es etwa überdurchschnittlich viele Twitter-Nutzer. „Ich bin da irgendwie hineingezogen worden, das ist auch ein Suchtverhalten. Derzeit habe ich schon eine Krise, ich mag gar nicht mehr. Die einfache Provokation in sozialen Medien ist eine billige Form von Spaß“, so Klaus Pàndi von der Kronen Zeitung.

Andere Journalisten verweigern Social Media aus Prinzip. „Ich will kein zusätzliches Kontaktnetzwerk mehr aufbauen. Das Profil ist zwar vertreten, ich bin mir aber nicht sicher, ob das gut ist. Monetarisieren lässt es sich jedenfalls nicht. Soziale Medien sind ein rechtsfreier Raum, solange jeder anonym alles sagen darf. Die Medien dürfen die Meinungsführerschaft nicht verlieren, denn soziale Medien können keine demokratische Kontrolle ausüben“, sagt Christian Rainer vom Profil. Für Regeln in den sozialen Medien sind auch die anderen Diskussionsteilnehmer, allerdings nicht unbedingt durch Klarnamen.

Diskussion um Klarnamen

„Seine Meinung einbringen zu können, ist ein hohes Gut. Klarnamen sind aber der falsche Weg. Trolle schmeißen wir einfach raus“, so Gaßner. Andere gehen sogar noch weiter: „Das Netz war von Anfang an für die einzelnen Menschen da. Nach dem Kadi schreien immer nur große Firmen und Gesellschaften. Aber die Unternehmen und Medien sind nur Zaungäste im Netz, wo es immer um den Austausch zwischen Personen ging. Vielerorts ist die Anonymität auch ein Schutz für Aktivisten“, erklärt Manola.

Für die Medien sind soziale Medien und das Internet mittlerweile auch wichtige Recherchequellen, die teilweise sogar schon Nachrichtenagenturen ersetzen können. Die enorme Geschwindigkeit bringt aber auch die Gefahr von Qualitätsverlust und Schnellschüssen mit sich. Unternehmen können teilweise auf PR-Agenturen verzichten und selbst mit ihren Kunden kommunizieren. All diese Einschnitte sind aber zu verkraften, sind sich die Diskutanten einig. Wer willig ist zu lernen, kann sogar zeitweise viel Spaß mit sozialen Medien haben, sofern er sie nicht zu ernst nimmt, so das Fazit.

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Markus Keßler
Social Media: trügerisches Terrain (Foto: pixelio.de, Gerd Altmann)