Wintereinbruch ins Sommerloch – oder warum derzeit nur sauere Gurken unterwegs sind

Wer gestern die LN oder den OHA aufschlug, staunte nicht schlecht. Klaus Winter (CDU), Bürgermeister von Lensahn und Vorsitzender der ZVO-Verbandsversammlung durfte in aller Öffentlichkeit die Müllrebellen, und insbesondere mich, den Vorsitzenden, abwatschen.

 

Kern der Thesen: auf niedrigstem sprachlichen Niveau würde man persönlich attackieren, es ginge nicht um die Sache, sondern nur noch um persönliche Diffamierung einzelner Funktionsträger. Immer mehr Mitglieder der Müllrebellen würden sich darum vom (großen?) Vorsitzenden abwenden.

 

Das wäre ein starkes Stück – wenn es stimmen würde. Beispiele konnte Herr Winter leider nicht präsentieren. Wozu auch, wenn die pauschale Anschuldigung reicht und von der regionalen Presse verbreitet wird.

Der OHA hat von uns keine Stellungnahme angefragt, die LN unsere Stellungnahme zumindest teilweise richtig wiedergegeben.

Zuerst muss man sich die Frage vorlegen, warum die regionale Presse brav beim ZVO zum Pressegespräch antanzt – andererseits aber unsere Großveranstaltung in Lensahn vollständig ignorierte.

Wer am 18.04.2012 mit dabei war und zugehört hat, konnte sich selbst ein Urteil bilden, ob wir ein Haufen pöbelnder Querulanten sind – oder Menschen, die sich ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren und mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln Informationen zusammentragen, auswerten und sachlich begründete Schlüsse veröffentlichen.

Und dies, obwohl unsere Bemühungen seit je her vom ZVO sabotiert werden, in dem z. B. zentrale Unterlagen wie die ZVO-Bilanzen nicht herausgegeben werden, obwohl uns diese Informationen nach IZG zustehen.

Es ist absurd, wenn sich Herr Winter, Herr Suhren oder Herr Lichtenstein damit brüsten, man sei ja zum „kritischen Dialog“ bereit. Eben nicht.

In den Sitzungen des ZVO-Abfallwirtschaftsausschusses oder der ZVO-Verbandsversammlung sind wir auf die „Gnade“ der Einwohnerfragestunde angewiesen. Bei den Sachthemen besteht kein Wortrecht und insbesondere keine Möglichkeit zu kritischen Zwischenfragen.

Und trotzdem haben wir eine Menge Menschen hinter uns versammelt und auch eine Menge für den ZVO und seine Funktionsträger unangenehme Dinge ermittelt und veröffentlicht – wenngleich die zur Kontrolle des ZVO und seines Direktors berufenen Gremien die Fakten bis heute ignorieren.

Statt sich den Argumenten zu stellen, heißt es schlicht, wir seien zur sachlichen Debatte nicht fähig. Im Grunde machen Herr Winter und Co. genau das, was sie uns vorwerfen: persönlich diffamieren und die sachliche Ebene meiden.

Das hat man eigentlich nur nötig, wenn man den Argumenten des Anderen nicht standhalten kann.

Insbesondere ZVO-Direktor Suhren, sein Pressesprecher Lichtenstein – und jetzt auch Herr Winter – sind nicht unbedingt durch Wahrheitsliebe aufgefallen, sondern haben Sachverhalte entstellt, missdeutet oder der Öffentlichkeit schlicht die Unwahrheit gesagt.

Hier mal vier kurze Beispiele:

1. Anlässlich der Privatisierung der ZVO-Müllsparte hat Herr Suhren noch in der Verbandsversammlung vom Dezember 2011 mit Hilfe teuer bezahlter Wirtschaftsprüfer (BDO) darlegen lassen, die Bietergemeinschaft NAD habe für die Millionenschwere Beteiligung an der ZVO Entsorgung einen Kaufpreis von über 4 Mio€ gezahlt. (Entsprechend hat sich Herr Suhren auch gegenüber dem Innenministerium geäußert).

Das war aber derselbe Verbandsdirektor, der der Verbandsversammlung des Jahres 2004 in seinem schriftlichen Bericht wörtlich erklärte, es werde kein Kaufpreis fließen, sondern die Bietergemeinschaft werde in ihr eigenes Unternehmen einzahlen. Das war die Wahrheit, nur will Herr Suhren das heute nicht mehr so gerne hören.

2. Im Vergangenen Jahr „interviewte“ die LN-Redakteurin Sabine Latzel Herrn Suhren zum Thema „Müllrebellen“. (Wir wurden nicht gefragt). Dabei stellte Herr Suhren die These auf, wer für niedrigere Müllgebühren sei, der müsse in Kauf nehmen, dass die Müllwerker nicht mehr nach Tarif, sondern als billige Leiharbeiter beschäftigt würden. Das sei mit ihm nicht zu machen.

Nach Veröffentlichung des Interviews erreichten uns aus dem ZVO-Mitarbeiterkreis entrüstete Hilferufe der Mitarbeiter: In der ZVO Entsorgung GmbH seien derartige Leiharbeitsverhältnisse längst Realität, und zwar nicht nur zur Überbrückung, sondern langjährig.

Das war z. B. eine klare Täuschung der Öffentlichkeit. Obwohl wir die LN informiert haben, sah man dort keinen Bedarf, weiter zu recherchieren oder gar einen richtig stellenden Artikel zu verfassen. (Inzwischen hat Herr Suhren die Existenz dieser prekären Beschäftigungsverhältnisse eingeräumt).

3. ZVO-Direktor Suhren, ZVO-Abfallwirtschaftsausschussvorsitzender Mylius und ZVO-Verbandsversammlungsvorsitzender Winter behaupten unablässig, mit der derzeitigen Gebührenstruktur sei es nicht zu Einnahmeerhöhungen gekommen; der Vorwurf der Abzocke sei ungerechtfertigt.

Tatsächlich aber haben über 10.000 Haushalte nach der Kostenexplosion von einer zwei- auf eine vierwöchige Abfuhr des Hausmülls umgebucht, erhalten also für das gleiche Geld nur die halbe Leistung.

Die dadurch im Müllheizkraftwerk frei werdenden Kapazitäten wirken zwar nicht auf das Gebührenaufkommen, erhöhen aber die Gewinne der ZVO-Entsorgung GmbH von derzeit schon 2,7 Mio€ im Jahr (2011).

4. Im Dezember 2011 führte ZVO-Direktor Suhren in Person – neben dem ZVO – einen kostspieligen (ca. 5.000,00 €) Prozess gegen unseren Verein – und verlor. Er wollte uns sehr unbequeme Äußerungen gerichtlich verbieten lassen und scheiterte. Obwohl das Gericht anordnete, dass die Kosten von Herrn Suhren persönlich und dem ZVO zu tragen waren, hat der ZVO die gesamten Kosten gezahlt.

In der Verbandsversammlung im Juni 2012 ließ sich Herr Suhren dahin gehend ein, der Hauptausschuss habe ihn insoweit ermächtigt.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Verbandssatzung keine Regelung vorsieht, nach der dem Verbandsdirektor über seine Besoldung und seinen Dienstwagen hinaus finanzielle Vorteile gewährt werden dürfen.

Darüber hinaus konnte Herr Suhren bis heute keinen Beschluss des ZVO-Hauptausschusses vorlegen, der dies bestätigen würde.

Das waren nur einige kurze Beispiele für das, was der ZVO sich offenbar unter „offenem Dialog“ vorstellt – und was er als persönliche Diffamierung auffasst, wenn wir zu diesen Themenkomplexen unangenehme Fragen stellen.

Um zu den öffentlichen Äußerungen von Herrn Winter zurück zu kommen:

1. Ich habe mich nie danach gedrängt, den Vorsitz der Müllrebellen zu führen, bin aber von vielen Mitstreitern dazu ermutigt worden und nehme diese Aufgabe mit Interesse, Einsatz und viel Engagement wahr. Es gibt aus dem Verein nicht eine einzige Stimme, die sich gegen mich richtet, sondern ich erhalte für meine Arbeit viel Zuspruch und Anerkennung. Die entgegen stehende Behauptung von Herrn Winter ist eine freie Erfindung.

2. Es gibt von uns keine Anfeindungen auf „niedrigstem sprachlichen Niveau“. Unsere Verlautbarungen erfolgen wohlüberlegt und fußen nach bestem Wissen und Gewissen auf dem jeweiligen Kenntnisstand – wobei auch zu berücksichtigen ist, dass der ZVO unserer Arbeit nach Kräften behindert.

3. Persönliche Diffamierungen gibt es aus unserer Feder nicht. Vielmehr waren es ZVO-Funktionsträger wie ZVO-Pressesprecher Lichtenstein, der unsere Ausarbeitungen als Restmüll bezeichnete; oder einzelne Kreistagsabgeordnete, die uns als „aufdringliche Müllmänner“ zu beleidigen versuchten.

4. Es gibt keine polemischen Fragenkataloge von uns an den ZVO. Es werden punktuell Sachfragen gestellt wie z. B. nach dem Gesamtgebührenaufkommen 2011. Trotz diverser Nachfragen und einer Rüge des Landesdatenschutzbeauftragten haben wir die Antwort bis heute nicht erhalten, (sondern jetzt den Äußerungen Herrn Winters in der Zeitung entnommen).

Der ZVO mag endlich seine Bilanzen der Jahre 2005 – 2010 offenlegen und uns Einsicht in den vorgeblich transparenten Ausschreibungsprozess der Müllspartenprivatisierung gewähren.

Und er sollte wahrheitsgemäß einräumen, dass durch die Privatisierung der Müllsparte Millionenwerte an NAD verloren wurden.

Dann braucht man auch keine Bereitschaft zum „offenen Dialog“ vorzutäuschen, sondern muss sich nur noch den Fakten stellen – und weiß gleichzeitig, warum wir Ostholsteiner die höchsten Müllgebühren weit und breit haben.

Es ist ein unüberbrückbarer Widerspruch, wenn sich die ZVO-Verantwortlichen jedes Jahr aufs Neue in den ZVO-Unternehmensberichten mit den Millionengewinnen zu brüsten – und andererseits den Menschen überhöhte Gebühren abverlangen mit der Begründung, „der demografische Wandel mache dies notwendig“.

Es genügt ein Blick nach Stormarn: dort wurde auch privatisiert und die Menschen haben bis heute weit niedrigere Gebühren. Allerdings fallen dort auch nicht jedes Jahr neue Rekordgewinne an.

Martin Kienitz, Vorstand
Müllrebellen