Carsharing: Sprung aus der Nische braucht Parkplätze (Foto: Flickr/Bocquet)

Carsharing: Verzehnfachung steht bevor – Smartphone ersetzt Privatauto als Statussymbol der Jugend

Berlin/Wien – Carsharing boomt in den deutschsprachigen Ländern. Die Branchenverbände jubeln über starke Anstiege der Nutzer und Experten gehen von einer weiteren Verzehnfachung oder mehr bis 2020 aus, sofern die Politik durch bessere Rahmenbedingungen nachzieht. Für die Umwelt und Städte eine gute Nachricht: Jedes Teil-Auto ersetzt vier bis acht Privat-Pkws und erleichtert damit das urbane Stellplatz-Problem. Anderseits steigen die Nutzer vermehrt auf öffentliche Verkehrsmittel um, wie aktuelle Erhebungen zeigen.Carsharing: Sprung aus der Nische braucht Parkplätze (Foto: Flickr/Bocquet)

 

Boom hat begonnen

 

220.000 Deutsche waren laut Bundesverband Carsharing (BCS) http://carsharing.de im Januar 2012 als Autoteiler registriert, 30.000 mehr als ein Jahr zuvor. Bei 5.600 verfügbaren Wagen kommen somit 39 Nutzer auf ein Auto. „Die tatsächliche Zahl liegt höher, da auch die nicht-gewerblich genutzten Carsharing-Autos dazukommen“, betont Andreas Knie, Geschäftsführer des Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel InnoZ http://innoz.de , im pressetext-Interview. Aus heutiger Sicht werde sich der Boom fortsetzen: „Bis 2020 sind zwei bis vier Mio. Carsharing-Nutzer durchaus möglich“, so der Mobilitätsforscher.

Nutzen statt protzen

Als ersten Motor dieser Entwicklung nennt Knie den generellen Wertewandel. „Der Umgang mit dem Auto wird zunehmend pragmatischer, besonders in der jungen Generation. Das Statusdenken hat ausgedient, denn man protzt heute lieber mit Smartphone und iPad statt mit Führerschein und Auto.“ Zunehmend werden Autos nur dann genutzt, wenn sie gebraucht werden. Das Abstellthema – 95 Prozent des Tages stehen Privat-Pkws bloß – gilt immer mehr als Belastung und Umweltdenken ist mittlerweile Mainstream.

„Eng damit verknüpft ist eine ökonomische Rationalisierung“, fährt der Experte fort. Bei weniger als 12.000 Jahreskilometern sind Teilzeit-Autos billiger als eigene PKWs, berichtet der Verkehrsclub Österreich http://vcoe.at . Ins Gewicht fällt dabei, dass der Treibstoff maximal ein Siebtel der Gesamtkosten eines Neuwagens ausmacht: 6.000 Euro zusätzlich beträgt der Jahresaufwand allein für Wartung und Wertverlust, was junge Erwachsene oft abschreckt. Im Carsharing kommt ein Kompaktwagen bei 6.000 Jahreskilometern auf durchschnittlich 3.600 Euro.

Schlüsselfrage Parkplatz

Der dritte Aspekt der Entwicklung ist die Einführung neuer Technologien, setzen doch Carsharing-Flottenanbieter vermehrt auf besonders sparsame Modelle oder gleich auf Elektroautos. Nach lokalen Privatanbietern haben in Deutschland die Bahn und die Autohersteller das Geschäftsfeld entdeckt – Daimler mit Car2Go, BMW mit DriveNow und Volkswagen mit Quicar. „Die Autoindustrie profiliert sich mit Carsharing glaubhaft als Mobilitätsdienstleister und besetzt ihre Marken neu“, so das positive Urteil Knies.

Der endgültige Absprung aus der Nische steht dem Autoteilen dennoch erst bevor. Der Mobilitätsforscher sieht die Ordnungspolitik am Zug. „Knackpunkt ist vor allem das Gelingen einer Neuaufteilung des öffentlichen Raumes zwischen Interessen des Carsharings, der Radfahrer, Fußgänger und Stadtplanung. Um jederzeit mit gemeinschaftlich genutzten Autos fahren zu können, muss ihr Abstellen billiger und einfacher sein als jenes der privaten Fahrzeuge.“

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
Carsharing: Sprung aus der Nische braucht Parkplätze (Foto: Flickr/Bocquet)