Masern: Impfung in Zukunft vielleicht nicht mehr nötig (Foto: Flickr/Haygarth)

Schlüssel gegen Masern gefunden – Kenntnis der Virentaktitk gibt Hoffnung auf Therapie

Bern – War der Kampf gegen Masern bisher nur vorbeugend per Impfung möglich, so gibt die nun erfolgte Entschlüsselung der genauen Strategie des Auslöservirus Hoffnung auf eine direkte Behandlung der Krankheit. Dieser Fortschritt gelang einer Forschergruppe unter der Leitung der Uni Bern http://unibe.ch . Im „Journal of Biological Chemistry“ lösen sie gemeinsam mit Kollegen aus den USA und Schweden die bislang offene Frage, wie sich Paramyxo-Viren in die Wirtszelle einschleusen.Masern: Impfung in Zukunft vielleicht nicht mehr nötig (Foto: Flickr/Haygarth)

 

Gefährlich für Mensch und Tier

 

Paramyxo-Viren befallen Atemwege und lösen schwerwiegende und folgenreiche Krankheiten aus. Deren prominentester Vertreter ist das Masernvirus, das jährlich rund 120.000 Todesfälle weltweit verursacht. Eng mit ihm verwandt ist das Staupe-Virus, das Raubtiere zu Wasser und Land hinwegrafft. Doch auch das respirtorische Synzytial-Virus (RSV) gehört zu dieser Gruppe, das Lungenentzündungen bei Säuglingen und Kleinkindern auslösen kann.

Tanz der Proteinstängel

Die Medizin versagte bisher gegen das Virus, da dessen genaue Vorgangsweise noch unklar war. Parmyxo-Viren müssen zunächst die physikalische Eindringlings-Abwehr der Wirtszelle überwinden. Für diese Aufgabe besitzen sie ein Bindungs-Protein, das zunächst an einen Rezeptor auf der Zelloberfläche andockt und nach seiner Aktivierung durch ein weiteres, sogenanntes Fusions-Protein darin Poren bildet, durch die das Virus schließlich eindringen kann. Die große Frage lautete bisher trotz jahrzehntelanger Forschung, wie das Bindungsprotein genau aktiviert wird.

Nun konnten die Forscher um Studienleiter Philippe Plattet erstmals den gesamten Prozess beobachten und beschreiben. Das Bindungsprotein des Masern- und Staupevirus gleicht einem vierblättrigem Kleeblatt mit eigenen Hälsen für jedes Blatt, die zu einem einzigen „Stängel“ zusammengezwirbelt sind. Das erste Andocken am Zellrezeptor erfolgt über die Blätter, was die Stängel vibrieren und die Halme sich entzwirbeln lässt. Entscheidendes Detail dabei ist die Vibrationsbewegung, mit der der Bindungsprotein-Stängel das Fusionsprotein aktiviert.

Behandeln statt impfen

Großer Vorteil der Forschung: Die Bindungs-Proteine aller Paramyxo-Viren ähneln sich sehr, weshalb auch die Stängel-Bewegungen aller Viren dieses Stammes dieselben sein dürften. „Wir forschen derzeit an Medikamenten, die durch spezielle Moleküle die Bewegung des Stängels blockieren und somit das Eindringen in die Wirtszelle verhindern. Da die Masern-Impfung in vielen Entwicklungsländern nicht verfügbar ist und auch in Industrieländern auf immer mehr Kritik stößt, wäre eine direkte Behandlung der Krankheit optimal“, erklärt Plattet gegenüber pressetext.

Abstract der Studie unter http://www.jbc.org/content/287/20/16324.abstract

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
Masern: Impfung in Zukunft vielleicht nicht mehr nötig (Foto: Flickr/Haygarth)