Warten auf Therapie: Patienten müssen abgewiesen werden (Foto: MSF/Dailey)

Aids- und Tuberkulosetherapie vor Kollaps – Tausende Patienten aufgrund fehlender Finanzierung abgewiesen

Genf – Nach vielen Erfolgsmeldungen im weltweiten Kampf gegen HIV-Aids, Malaria und Tuberkulose droht nun der Einbruch: Mit dem Rückzug wichtiger Geldgeber des Global Funds http://theglobalfund.org , dem weltgrößten Finanzier im Kampf gegen Epidemien, steht die Zukunft der Prävention, Diagnose und Therapie auf dem Spiel. Mehrere HIV-Kliniken müssen zusperren, Patienten werden abgewiesen und bleiben unbehandelt, zudem fehlen Medikamente, warnt die Organisation Ärzte Ohne Grenzen (Médecins Sans Frontières, MSF) http://www.msf.ch in ihrem Bericht „Im freien Fall“ http://bit.ly/Hm09CZ .Warten auf Therapie: Patienten müssen abgewiesen werden (Foto: MSF/Dailey)

Zu wenig Spenden und Medikamente

 

Konkret geht es um die elfte Finanzierungsrunde, die der Global Fonds bereits im November 2011 nach Spendenrückgängen wichtiger Geberländer annullieren musste. Bis 2013 stehen keine weiteren Gelder zur Finanzierung zusätzlicher Projekte zur Verfügung, gab er damals bekannt, was auch laufende Vorhaben beeinträchtigt. Von den angesuchten 20 Mrd. Dollar konnten nur 11,5 Mrd. gesammelt werden, was unter dem Minimalziel von 13 Mrd. Dollar lag (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20111125010 ).

Die Folgen dieses Einschnittes haben MSF, die vom Fonds selbst keine Gelder bekommen, nun dokumentiert. Beispiele daraus: In Malawi, Lesotho und Uganda läuft die HIV/Aids-Behandlung bereits langsamer an. Die Demokratische Republik Kongo rationiert Medikamente – schon 2011 konnten hier nur 2.000 neue Patienten – ein Fünftel der Zahl von 2010 – aufgenommen werden, und nur jeder siebte Patient erhält antiretrovirale Behandlung. In Myanmar droht die Unterversorgung bei multiresistenter Tuberkulose: Obwohl jährlich 9.300 neue Fälle diagnostiziert werden, kommen nur drei Prozent in den Genuss der Behandlung.

Rückschritte drohen

Das medizinische Personal vor Ort ist erneut im Dilemma, nicht alle Patienten betreuen zu können. Immer öfter muss es entscheiden, wer von der Behandlung ausgeschlossen bleibt, was manchmal ein Todesurteil ist. „Hauptproblem ist, dass man für die Überwindung von HIV/Aids die Projekte und Patientenzahl ausweiten muss. Aufgrund der ausbleibenden Mittel ist dies nicht mehr möglich, obwohl der politische Wille der Empfängerländern dazu wächst“, betont Kerstin Åkerfeldt von der schwedischen MSF-Sektion im pressetext-Interview.

Die Folgen treffen vor allem die dezentralisierte, schnell erreichbare Behandlung, die nachweislich effizienter und auch günstiger ist und durch den Global Fund vorangetrieben wurde. „Nach der Annullierung ist die Errichtung eines neuen Zeitfensters für die Förderung nötig. Wir hoffen auf das Zustandekommen einer Notkonferenz der Geber, da es sonst bei wichtigen Erfolgen Rückschläge geben wird“, sagt Åkerfeldt.

Fonds wird neu strukturiert

Für Gabriel Jaramillo, neuer Generalmanager des Global Funds, ist der Abbruch laufender Programme „keine Option“, wie er gegenüber „El Mundo“ http://bit.ly/HifB3V betont. Vielmehr solle der Fonds neu strukturiert werden: Er werde künftig noch effizienter arbeiten und die Mittelvergabe schärfer kontrollieren, dem Wunsch der Geber entsprechend. Nötig sei die Umgestaltung auch, da sich die Gründungsmotive von 2002 – damals eine Reaktion auf Notfälle, Angst und Wohltätigkeit – gewandelt haben: Dank dem Global Fund hätten sich Prävention, Diagnose und Behandlung wesentlich verbilligt und verbessert.

Jaramillos aktuelles Zwischenresümee zur Lage der drei Armutskrankheiten: Bei Malaria hat sich die Zahl der Patienten und Todesfälle reduziert, und 2015 soll es keine Malariatote mehr geben. Bei Tuberkulose sei dies schwieriger, da die Krankheit in vielen Regionen der Welt auftritt und längerfristig bekämpft werden müsse. Bei AIDS bestätigt der Experte ein dramatisches Sinken der Neuinfektionen. 2015 könnte die Mutter-Kind-Übertragung „praktisch beseitigt“ sein.

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
Warten auf Therapie: Patienten müssen abgewiesen werden (Foto: MSF/Dailey)