Schimpanse: komplexe Kommunikation (Foto: Wittig/MPI evolutionäre Anthropologie)

Affen wissen, wer wie viel weiß – Schimpansen erkennen den Informationsstand von Artgenossen

Frei lebende Schimpansen warnen unwissende Gruppenmitglieder vor Gefahren. Weniger informationsfreudig sind die Affen, wenn die Artgenossen schon alarmiert sind. Forscher am Max-Planck-Institut (MPI) für evolutionäre Anthropologie in Leipzig http://www.evolbio.mpg.de und der University of St. Andrews in Großbritannien http://www.st-andrews.ac.uk haben Schimpansen in Uganda beobachtet und dabei herausgefunden, dass diese erkennen, wer über welches Wissen verfügt. „In Gruppen lebende Tierarten verfügen über solche Informationsmechanismen, weil die Gruppe eine Leistung für das Leben des Einzelnen bringt – da hat die Natur etwas Hervorragendes herausgebracht“, sagt Christina Beck, Wissenschaftlerin vom MPI, gegenüber pressetext.Schimpanse: komplexe Kommunikation (Foto: Wittig/MPI evolutionäre Anthropologie)

Informationen mit anderen teilen

 

Viele Tiere stoßen in Gegenwart von Raubtieren oder anderen Gefahren Alarmrufe aus. Dies geschieht häufiger bei Anwesenheit von verwandten oder befreundeten Tieren. Bisher gab es jedoch keine Belege dafür, dass Schimpansen dabei auch den Wissensstand anderer Gruppenmitglieder berücksichtigen. Die Forscher konnten beobachten: Die Schimpansen gaben Alarmrufe zur Warnung vor einer Giftschlange häufiger in Gegenwart von unwissenden als in Gegenwart von bereits informierten Gruppenmitgliedern. Neue Informationen mit anderen zu teilen, ist ein wichtiger Schritt auf dem evolutiven Weg zur Sprache, den der gemeinsame Vorfahre von Mensch und Schimpanse vermutlich bereits vor sechs Mio. Jahren beschritten hat.

Die Fähigkeit zu verstehen, was ein Anderer weiß oder glaubt, besitzt vermutlich nur der Mensch. Verschiedene Studien über das Wissen um das Bewusstsein anderer, fanden bislang jedoch nur mit Zootieren statt. Die Wissenschaftler kamen zu kontroversen Ergebnissen. Meist war dabei unklar, ob Schimpansen die Aufgabe nicht lösen konnten oder diese nicht verstanden – ein Problem, das bei frei lebenden Schimpansen in ihrem natürlichen Umfeld nicht besteht. Catherine Crockford, Roman Wittig und Kollegen beobachten deshalb frei lebende Schimpansen im Budongo Wald in Uganda. Sie konfrontierten die Tiere mit Attrappen gefährlicher Giftschlangen, zwei Gabunvipern und einer Nashornviper. „Diese gut getarnten Schlangen liegen oft wochenlang am selben Fleck. Es lohnt sich also, wenn der Schimpanse, der sie entdeckt, seine Gruppenmitglieder vor der Gefahr warnt“, sagt Crockford, die an der University of St. Andrews forscht.

33 verschiedene Schimpansen untersucht

Die Forscher beobachteten das Verhalten von 33 verschiedenen Schimpansen, die jeweils eines von drei Schlangenmodellen gesehen hatten. Alarmrufe wurden häufiger ausgestoßen, wenn der Rufer sich in der Gesellschaft von Affen befand, die frühere Warnrufe nicht gehört haben konnten. „Schimpansen scheinen den Wissensstand anderer zu berücksichtigen und stoßen freiwillig einen Warnruf aus, um die anderen über eine Gefahr zu informieren, von der sie nichts wissen“, sagt Wittig, der am MPI für evolutionäre Anthropologie und der University of St. Andrews arbeitet. „Schimpansen verstehen offenbar, dass sie etwas wissen, was ihr Gegenüber nicht weiß. Sie verstehen ebenfalls, dass sie den anderen informieren können, indem sie eine ganz bestimmte Lautäußerung von sich geben“, so Wittig weiter.

Aussender: pressetext, Ansprechpartner: Oranus Mahmoodi
Website: pressetext.com
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