Einem Forscherteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) http://kit.edu ist die erste Demonstration einer Tarnkappe für elastische Wellen gelungen. Damit haben die Wissenschaftler Mythologie und Science Fiction in die Wirklichkeit gebracht. Ihre Entdeckung haben die Forscher dem Fortschritt der Nanotechnologie bei den Metamaterialien zu verdanken. Zum ersten Mal lassen sich Lichtwellen so um ein Objekt lenken, dass es aussieht, als wäre dieses nicht da. Was dabei für elektromagnetische Lichtwellen gilt, lässt sich auch auf andere Wellentypen wie Schallwellen übertragen, wie etwa bei Gitarrensaiten oder Trommelmembranen.
Berlin könnte unsichtbar werden
„In der Anwendung könnte man etwa in einem Flugzeug die Kabine vor dem Lärm – also den akustischen Wellen – verstecken“, erklärt Nicolas Stenger vom Institut für Angewandte Physik gegenüber pressetext. So abstrus es auch klingen mag, man könne sogar eine Stadt wie Berlin für seismografische Wellen unsichtbar machen. Die Grundidee veranschaulicht Stenger mit einer Geschichte: Eine kreisförmige Stadt litt unter dem lärmenden Autoverkehr durch ihr Zentrum. Schließlich kam der Bürgermeister auf die Idee, eine Geschwindigkeitsbeschränkung für Autos einzuführen, die zentral auf die Stadt zu fahren: Je näher die Autos dem Stadtbereich kämen, umso langsamer mussten sie fahren.
Gleichzeitig ließ der Bürgermeister Kreisstraßen um die Stadt herum bauen, auf denen man sogar schneller fahren durfte als sonst üblich. Auf diese Weise konnten die Autos zunächst auf die Stadt zu fahren und dann schnell um sie herum, sodass sie am Ende in der gleichen Richtung wieder herauskamen. Dabei brauchten sie genau so viel Zeit wie ganz ohne Stadt – von außen betrachtet wirkte es so, als wäre die Stadt einfach nicht da. Die Wellen selbst sind lange bekannt, die Forscher haben für die Wellen eine Struktur geschaffen, die sie physikalisch nicht erfassen können.
Die Folge: Sie existieren nicht, obwohl sie da sind. „Der Schlüssel zur Steuerung von Wellen liegt darin, ihre lokale Geschwindigkeit gezielt zu beeinflussen – und das abhängig von der ‚Laufrichtung‘ der Welle“, erklärt Stenger. In seinem Experiment setzte er das mit einem raffiniert mikrostrukturierten Material um, das aus zwei Polymeren zusammengefügt ist: einem weichen und einem harten Kunststoff in einer dünnen Platte. Die Schwingungen dieser liegen im Bereich akustischer Frequenzen bei wenigen als 100 Hertz und lassen sich von oben beobachten.
Schallwellen weder absorbiert noch reflektiert
Die Wissenschaftler fanden heraus: Die Schallwellen werden um einen kreisförmigen Bereich in der einen Millimeter dünnen Platte herum gelenkt, sodass Schwingungen weder in diesen Bereich hinein noch heraus dringen. „Im Gegensatz zu anderen bekannten Lärmschutzmaßnahmen werden die Schallwellen aber weder absorbiert noch reflektiert“, sagt Martin Wegener vom Institut für Angewandte Physik und Koordinator des DFG-Centrums für Funktionelle Nanostrukturen (CFN) am KIT. „Es ist so, als wäre einfach nichts da.“
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Illustration: elastische Tarnkappe im Detail (Grafik: AP, KIT)