Abschlussbericht zu Munitionsaltlasten liegt vor Keine akute, großräumige Gefährdung der marinen Umwelt

KIEL/HAMBURG. Von alter Weltkriegsmunition geht derzeit keine akute großräumige Gefährdung von Flora und Fauna in Nord- und Ostsee aus. Eine Gefährdung besteht jedoch punktuell für Menschen, die bei Tätigkeiten in Nord- und Ostsee Grundberührung haben. Das ist der zentrale Befund des gut 1000seitigen Schlussberichts, den die Bund/Länder Arbeitsgruppe „Munitionsaltlasten im Meer“ am Montag (5. Dezember) in Hamburg präsentierte. Mehr als drei Jahre hatten Experten aus den zuständigen Ministerien der Küstenländer zusammen mit ihren Kollegen aus dem Bundesumweltministerium sowie Vertretern der Deutschen Marine, der Wasser- und Schifffahrtsdirektionen und anderer Organisationen daran gearbeitet, das aktuell verfügbare Wissen zusammenzutragen, ein aktualisiertes Lagebild zusammenzustellen und daraus Empfehlungen abzuleiten.

„Aus den Augen aus dem Sinn“, das war nach Ende der beiden letzten Weltkriege das Motto, als es um die Beseitigung von jeder Menge Munition nach Ende der Kampfhandlungen ging. Dabei wurde in den Nachkriegswirren der einfachste Weg zur Entsorgung gewählt. Ergebnis: Noch heute lagern nach jetzigem Kenntnisstand mindestens 1,6 Millionen Tonnen Altmunition in Nord und Ostsee. Mehr als 60 Jahre nach der Versenkung haben Küstenländer und Bund dieses gesamtgesellschaftliche Problem auf Initiative Schleswig-Holsteins nun erstmalig systematisch und gemeinsam angepackt.

Der Schlussbericht „Munitionsbelastung der deutschen Meeresgewässer – Bestandsaufnahme und Empfehlungen“ wurde unter Federführung des schleswig-holsteinischen Innen- und Umweltministeriums von einer Expertenkommission erarbeitet. Damit liegt jetzt erstmals für alle deutschen Gewässer in Nord- und Ostsee ein zusammenfassender Lagebericht vor, der neben der chemischen Kampfstoffmunition auch die großen Mengen an konventioneller Munition in den Blick nimmt, die Situation bewertet und auf dieser Basis Empfehlungen ausspricht.

Zusammenfassend dargestellt und bewertet wurden: Belastete Flächen in Text und Karte; Art, Eigenschaft, Menge und derzeitiger Zustand der Munition im Meer; bisherige Vorkommnisse/Unfälle sowie aktuelle Gefährdung; Methoden der Beseitigung; derzeitige Überwachung der Meeresumwelt und das Melde- und Berichtswesen. Weiterhin sind Empfehlungen zu historischen und technischen Erkundungen, zur Überprüfung und Überwachung von Umweltauswirkungen, zum Umgang mit Gefahrensituationen sowie zu Meldewegen und Dokumentation von Zwischenfällen entwickelt worden.

Konkrete Beispiele für Schleswig-Holstein sind: Warnhinweise für die Fischerei, Empfehlung eines Fischereiverbots für das mit Kampfstoffmunition belastete Helgoländer Loch, ein Kataster der Munitionsaltasten im Meer sowie die gezielte Überwachung der betroffenen Meeresgebiete.

Umweltministerin Juliane Rumpf und Innenminister Klaus Schlie sprachen von einer lange überfälligen Arbeit. Jetzt gehe es darum zu prüfen, welche konkreten praktischen Konsequenzen aus den Empfehlungen zu ziehen sind. Das Thema habe höchste Priorität. Rumpf und Schlie riefen zu einer sachlichen und an wissenschaftlich abgesicherten Fakten orientierten Diskussion auf. „Alles gehört auf den Tisch und nichts darf beschönigt oder kleingeredet werden“, sagten Rumpf und Schlie. Sie warnten aber auch vor Hysterie und voreiligen Schlussfolgerungen.

Der Ergebnisbericht steht ab sofort unter www.Munition-im-Meer.de vollem Umfang zur Verfügung. Daneben gibt es eine Kurzfassung des Berichts, die unter derselben Web-Adresse zugänglich ist. Vorgesehen ist darüber hinaus, diese Arbeit jährlich um neu gewonnene Erkenntnisse zu ergänzen.

Thomas Giebeler | Innenministerium | Kiel