Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande für Kinderdiabetologin des UKSH

Dr. Simone von Sengbusch wird geehrt für ihr Engagement bei der Versorgung diabeteserkrankter Kinder und Jugendlicher in Schleswig-Holstein Dr. Simone von Sengbusch, Fachärztin für Kinderheilkunde und Diabetologin am UKSH, wird am Dienstag, 4. Oktober 2011, in Berlin vom Bundespräsidenten Christian Wulff für ihr langjähriges Engagement in der Versorgung diabeteserkrankter Kinder und Jugendlicher in Schleswig-Holstein mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Dr. von Sengbusch ist seit 1999 als Ärztin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, tätig und betreut seit Beginn (1999) das Modellprojekt „Mobile Diabetesschulung Schleswig-Holstein“ (MDSH), das zum Versorgungsangebot der Fachabteilung für Kinderhormonstörungen der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, gehört. Die MDSH führt zusammen mit den Teams der einzelnen Kinderkliniken jährlich 24 fünftägige Diabetesgruppenschulungen für Kinder, Teenager und Jugendliche sowie deren Eltern in acht verschiedenen Kinderkliniken durch. Von Anfang an war und ist Dr. Simone von Sengbusch für die medizinische Organisation, Betreuung und Durchführung der fünftägigen Diabetesgruppenschulungen verantwortlich.

„Wir sind stolz, dass Frau Dr. von Sengbusch für ihr wichtiges Projekt ausgezeichnet wird, dass sie bereits als Assistenzärztin am UKSH begonnen und so erfolgreich weiterentwickelt hat“, sagt Prof. Dr. Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender des UKSH. „Es ist ihrem großartigen Engagement zu verdanken, dass diese ungewöhnliche mobile Tätigkeit und Ausbildungsarbeit in zahlreichen Kinderkliniken so positiv aufgenommen und so kontinuierlich ausgebaut wurde“, sagt Prof. Dr. Egbert Herting, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des UKSH, Campus Lübeck, und fügt an: „Wir freuen uns von ganzem Herzen, dass ihre wertvolle Arbeit in dieser Weise Anerkennung findet.“

Dr. von Sengbusch ist Fachärztin für Kinderheilkunde und spezialisiert auf die Diagnostik und Therapie von Diabetes mellitus Typ 1 im Kindesalter. Zudem hat sie einen Masterabschluss in „Public Health“ und ist in zahlreichen Diabetesgremien aktiv. Mit Sachkenntnis, Engagement und ausgeprägtem Verständnis für die Belange der Patienten begleitet sie seit Jahren Aktionen zur Aufklärung rund um Diabetes und organisiert Jugendfreizeiten und erlebnispädagogische Aktionen für betroffene Jugendliche. Sie arbeitet aktiv im Förderverein der MDSH mit, welcher nicht nur das mobile Team, sondern alle Kinderkliniken in Schleswig-Holstein mit modernen Diabetesschulungsmaterialien versorgt. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Teilhabe diabeteserkrankter Kinder an allen Fortschritten der Medizin und die generelle Verbesserung der Versorgung chronisch erkrankter Kinder.

Weiterführende Informationen zur Arbeit der MDSH

Die MDSH wurde in den 90er-Jahren als Modellprojekt vom Diabetesarbeitskreis des Gesundheits- und Sozialministeriums in Kiel und von den leitenden Chefärzten der Kinderkliniken entwickelt, um die damals unzureichende Versorgung diabeteserkrankter Kinder in Schleswig-Holstein zu verbessern. Zum damaligen Zeitpunkt gab es praktisch nur in Lübeck ein Diabetesteam, welches eine spezialisierte und multidisziplinäre Betreuung der an Typ 1 Diabetes erkrankten Kinder und gleichzeitig eine große Erfahrung in der Behandlung mit modernen Insulintherapien anbieten konnte. Von den ca. 100 in Schleswig-Holstein jährlich neu an Typ 1 Diabetes erkrankten Kindern konnten nur wenige alle zwei bis drei Jahre ihr Krankheitswissen in Gruppenschulungen in Wohnortnähe auffrischen und von den modernen, neuen Therapieformen profitieren.

Die MDSH startete 1999, um diese Unterversorgung zu beheben und einen einheitlichen Behandlungsstandard zu erreichen. Die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin stellte aus ihrem Diabetesteam ein „mobiles Team“ zusammen. Eine Diabetesberaterin und eine Diabetologen, beide Personen qualifiziert nach den Richtlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), begannen damals mit Diabetesgruppenschulungen für Kinder in acht Kinderkliniken des Bundeslandes und bildeten gleichzeitig die Ärzte und das Pflegepersonal vor Ort aus.

„Im Vergleich zu 1999 sieht die Situation für diabeteserkrankter Kinder in Schleswig-Holstein heute besser aus“ sagt Dr. von Sengbusch. Kinder und Jugendliche mit Typ 1 Diabetes werden in allen Kinderkliniken des Bundeslandes auf dem gleichen medizinischen Standard behandelt und mit denselben Materialien geschult. Alle zwei bis drei Jahre können Kinder an einer Gruppenschulung zumeist in Wohnortnähe teilnehmen, die ihnen neben praktischer Erfahrung und altersspezifischen Krankheitswissen vor allem auch neuen Schwung und ein Stück mehr Motivation für die sehr disziplinfordernde Therapie mitgeben kann. In einer wissenschaftlichen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass diese Schulungen nicht nur die Stoffwechsellage verbessern, sondern dass auch die Krankenhausaufenthalte, die durch Komplikationen im Therapieverlauf hervorgerufen werden, abnahmen.

Die MDSH ist ein Modell der Regelversorgung geworden und ermöglicht es Kindern, in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein eine wohnortnahe und qualifizierte Versorgung ihrer komplexen Erkrankung zu erhalten – und das auch dann, wenn sie nicht in der Nähe eines der ganz großen Kinderdiabeteszentren wohnen. „Die Herausforderung dieses Jahrzehnts sehe ich in der Finanzierung der spezialisierten Versorgung diabeteserkrankter und anderer chronisch erkrankter Kinder, deren Betreuung vor allem in Spezialambulanzen der Kinderkliniken stattfindet. Das ist vor allem Beratungsmedizin, und die benötigt Personal und kostet Zeit und Geld“, sagt Dr. von Sengbusch und ergänzt: „Das müssen uns unsere Kinder aber wert sein“.

Kurzinformation zu Diabetes Typ 1

Diabetes Typ 1 ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindesalter. In Schleswig-Holstein betrifft Typ 1 Diabetes ca. 900 Kinder und Jugendliche. Circa 100 bis 120 Kinder erkranken jedes Jahr in Schleswig-Holstein neu an Diabetes Typ 1, zunehmend dabei Kinder vor Vollendung des 5. Lebensjahrs. In Deutschland sind rund 25.000 Kinder an Typ 1 Diabetes erkrankt, ca. 2500 Kinder erkranken jedes Jahr neu, Tendenz steigend. Die Typ 1 Diabetes wird durch eine Zerstörung der insulinbildenden Zellen der Bauchspeicheldrüse ausgelöst, wobei die Zerstörung durch das Immunsystem erfolgt. Eine genetische Disposition, Virusinfektionen und Umweltfaktoren spielen bei der Auslösung des Immunprozesses eine Rolle, aber das genaue Zusammenspiel ist noch immer Gegenstand der Forschung. Mit der durch genetische Faktoren stark beeinflussten und durch Lebensstil und Übergewicht verursachten Typ 2 Diabetes, die 90 Prozent aller Diabeteserkrankungen ausmacht, hat diese Erkrankungsform nichts zu tun. Der Insulinmangel des Kindes mit Typ 1 Diabetes muss von Anfang an durch eine lebenslange Insulinsubstitution mit mehrfach täglichen Blutzuckerkontrollen und Insulingaben mit einer Insulinpumpe oder Insulinpens behandelt werden.

 

 UKSH, Campus Lübeck