Gesundheitsminister Garg: Versorgungsstrukturgesetz wichtiger Schritt zur Sicherstellung der Versorgung – Schleswig-Holstein für weitere Verbesserungen

BERLN. Der Bundesrat wird heute (23.9.) zum geplanten Versorgungsstrukturgesetz beraten. Der Entwurf des Gesetzes enthält eine Reihe von Verbesserungen für die dauerhafte Sicherstellung der medizinischen Versorgung. Anreize für Mediziner zur Niederlassung in unterversorgten Regionen, Lockerung der Residenzpflicht und eine flexiblere Bedarfsplanung gehören dazu. Schleswig-Holstein wird sich im Bundesratsverfahren für weitere Verbesserungen in der Versorgung einsetzen. Unter anderem mit Anträgen zur Verbesserung in der Krankenhausfinanzierung. Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg betonte anlässlich der Bundesratsbefassung: “Wir brauchen in der Gesundheitspolitik zukünftig 5 Leitlinien:

ERSTENS

Eine offene und ehrliche Diskussion

– über darstellbare Leistungen bei begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen.

– über haltbare Zusagen in Bezug auf die Versorgungsstruktur der Zukunft – Versprechen einer Versorgungslandschaft wie vor 10 Jahren sind schlicht Irreführung des Bürgers.

– und wir müssen mit den Bürgern diskutieren, was uns Gesundheit in einer älter werdenden Gesellschaft wert ist, was uns als Solidargemeinschaft als zumutbar erscheint.

ZWEITENS

Wir müssen die Eigenverantwortung stärken!

Gesundheit ist das höchste Gut – unwidersprochen – dennoch muss Politik den Mut haben, die Fakten klar und deutlich zu benennen: In Zukunft wird jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten auch selbst einen Beitrag zur Gesunderhaltung leisten müssen. Eigenverantwortung bedeutet allerdings nicht, den Einzelnen eigenverantwortlich im Regen stehen zu lassen.

DRITTENS

Wir brauchen mehr Miteinander und weniger Gegeneinander aller gesundheitspolitischen Akteure: Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte, Apotheker, Psychotherapeuten, medizinische Dienstleister, Kostenträger, Krankenhäuser und Patientenverbände müssen mit Respekt füreinander und auf Augenhöhe kooperieren. Starre Sektorengrenzen müssen überwunden werden.

VIERTENS

Gesundheitsversorgung muss dezentral statt zentralistisch sein. Nutzen wir die Kompetenzen vor Ort. Es muss Schluss sein mit der Ideologie, Versorgung ließe sich zentral planen, zentral steuern und zentral sichern. Stattdessen müssen – wie im Gesetzentwurf vorgesehen – die Länderkompetenzen gestärkt werden, um regionale Handlungsspielräume zu erlangen.

FÜNFTENS

Wir wollen ein klares Bekenntnis zur Freiberuflichkeit als Rückgrat der Versorgung! Diejenigen, die seit Jahrzehnten die Versorgung gewährleisten, brauchen und verdienen unser Vertrauen, und wir können ihnen mehr zutrauen. Sie sind die Garanten für die weltweit beste Gesundheitsversorgung.

Ich bin froh, dass sich der Gesetzentwurf der Bundesregierung an diesen Leitlinien orientiert. Dafür spreche ich dem Bundesgesundheitsminister meinen aufrichtigen Dank und meine Anerkennung aus. Ich warne ausdrücklich davor, in alte Reflexe zu verfallen. Ich appelliere an uns Politiker in den Ländern, aber auch an die Kolleginnen und Kollegen in den Bundestagsfraktionen, das Gesetzgebungsverfahren nicht zum Wunschkonzert der Leistungsausweitungen verkommen zu lassen! Es wären Versprechen, von denen die, die sie heute geben möchten, schon wissen, dass sie nicht gehalten werden können. Unsere Bürgerinnen und Bürger sind heute schon weiter und weitaus klüger. Sie wissen, dass nicht alles geht, was vielleicht wünschenswert wäre. Enttäuschen wir sie nicht mit plumper Empörungs- oder Betroffenheitslyrik!

Die Menschen erwarten zu Recht von uns, dass wir uns, dass wir die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie auch in den kommenden Jahren – und zwar über eine Legislaturperiode hinaus – Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheits- und Pflegeleitungen haben werden.

Versorgung wird in den kommenden Jahren anders aussehen als das noch heute vielerorts der Fall ist: vernetzt, sektorenübergreifend, mit neuen Kooperationsformen.

Der vorliegende Gesetzentwurf bietet eine ganze Reihe ausgezeichneter Möglichkeiten, dem Anspruch, Versorgung sicherzustellen, gerecht zu werden.

Exemplarisch:

– Regionalisierung und Flexibilisierung der Bedarfsplanung

– Lockerung der Residenzpflicht – ein Relikt aus vorautomobiler Zeit

– Möglichkeit zur Regionalisierung der Honorarfestsetzung.

– Die Möglichkeit, Zulassungen aus Medizinischen Versorgungszentren auch

wieder herauszulösen mit dem Ziel der Niederlassung

Um die Leistungsfähigkeit der Versorgung aufrechterhalten zu können, bitte ich aber ausdrücklich um Nachbesserungen:

Im stationären Sektor arbeiten schon heute Krankenschwestern und Krankenpfleger nicht nur am Limit, sondern oft darüber hinaus.

In den vergangenen Jahren fand ein beispielloser Abbau von Pflegepersonal statt. In kaum einem anderen entwickelten Land kommen inzwischen so viele Patientinnen und Patienten auf eine Pflegekraft wie bei uns.

Aber auch im ärztlichen Bereich ist die Arbeitsbelastung in vielen Häusern inzwischen unzumutbar.

Es ist daher nicht nur ökonomisch vertretbar sondern auch gesundheitspolitisch geboten, die Erlössituation der Krankenhäuser wenigstens etwas zu entspannen. Wir können nicht über Fachkräftemangel klagen und gleichzeitig zulassen, dass diejenigen, die ihren Beruf noch voll Hingabe ausüben, verheizt werden.

Neben der Gesundheit der Patientinnen und Patienten geht es genauso um die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kliniken.

Ich werbe und bitte daher sehr herzlich die Bundesregierung um Berücksichtigung der Länderanträge, die auf eine Entspannung der Erlössituation der Kliniken hinwirken.

– Neuregelung der Mehrleistungsabschläge (Mitantragsteller Schleswig-Holstein)

– Streichung der gedeckelten Veränderungsrate (Mitantragsteller Schleswig-Holstein)

– Neuregelung einer Annäherung der Landesbasisfallwerte (Antrag Schleswig-Holstein)

Inzwischen liegen acht Länder unter der unteren Korridorgrenze. Mit Berlin kommt ein weiteres Land hinzu, das immerhin noch unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Der von Schleswig-Holstein vorgelegte Kompromiss berücksichtigt aber auch die Interessen der Länder mit besonders hohen Basisfallwerten.

 

 Christian Kohl | 
Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit | Kiel |