Kiel Berlin (22. Juni 2011) Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard unter-stützt die Bundesregierung bei ihren Bemühungen, das deutsche Steuerrecht einfach und transparent zu gestalten. Er warnte jedoch zugleich vor hektischen Steuersen-kungsaktionen, die diese Ziele nicht erreichten, jedoch die Konsolidierung der Haushalte gefährden könnten. „Wir brauchen strukturelle Reformen bei solider Finanzierung. Dabei hat Steuervereinfachung Vorrang vor Steuersenkung“, so der Minister. Am Rande der Finanzministerkonferenz in Berlin bekräftigte Wiegard seine Forderung nach einem Steuerrecht mit einfachen Tarifen und weniger Ausnahmeregelungen. „Deutschland braucht ein neues Steuerkonzept. Einfach. Transparent. Gerecht. Wir müssen endlich weg von den tagespolitischen Entscheidungen, die meist mehr Scha-den anrichten als Nutzen bringen. Dazu brauchen wir einen ordnungspolitischen Steuerkorridor, in dem wir die bereits bekannten Steuerprobleme mit klaren Zielen verbinden und in Meilensteinen bis 2020 umsetzen“, sagte Wiegard. Bloße Steuersenkungen um der Steuersenkung Willen könnten nicht das Ziel sein.
Eine Reform der Einkommensteuer nannte Finanzminister Wiegard als wichtigen Mei-lenstein. Dazu gehöre die Beseitigung des sogenannten Mittelstandsbauches und der Kalten Progression. Ein Vollzeit beschäftigter Arbeitnehmer verdiene derzeit im Durch-schnitt 42.000 Euro, sagte Wiegard. Man könne sehr schnell ausrechnen, wann der Durchschnittsverdiener aufgrund von Inflation und Tarifanpassungen dem Spitzensteuersatz unterliege. „Das wollen wir aber nicht.“ Deshalb müssten heute die Weichen gestellt werden, nicht erst, wenn dieser Zustand bereits eingetreten sei.
Ein weiterer wichtiger Meilenstein ist für Wiegard die Beseitigung von Ermäßigungen bei der Mehrwertsteuer. „Es ist nicht bewiesen, dass die Ziele, mit denen der ermäßigte Steuersatz begründet wird, auch nur annähernd erreicht werden“, erklärte Wiegard. Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz führe zu einer Begünstigung im Volumen von 24 Milliarden Euro, die vorrangig besser Verdienenden zu Gute kämen. Die eigentliche Zielgruppe, die Bezieher niedriger Einkommen, profitierten davon aber nur im Umfang von 13 Prozent, also gut drei Milliarden Euro, so Wiegard. „87 Prozent oder 21 Milliarden Euro werden demnach fehlgeleitet. Die beabsichtigte Lenkungswirkung wird völlig verfehlt.“ Wiegard plädiert dafür, alle Ermäßigungen zu streichen und für Niedrigverdiener einen sozialen Ausgleich für eventuelle Mehrbelastungen zu schaffen.
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