19.05.2011 – 11:27 Uhr, Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)
Die Bundesanwaltschaft hat am 21. April 2011 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main Anklage gegen den 36-jährigen indischen Staatsangehörigen Bhupinder S. B., den 33-jährigen indischen Staatsangehörigen Gurmit S., den 36-jährigen indischen Staatsangehörigen Sukhpreet S., den 41-jährigen indischen Staatsangehörigen Jagtar S. M. und den 31-jährigen deutschen Staatsangehörigen Mandeep S. wegen Mitgliedschaft – bei Bhupinder S. B. und Gurmit S. wegen Rädelsführerschaft – in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129b Abs. 1 i.V.m. § 129a Abs. 1 und 4 StGB) und Verstößen gegen das Waffengesetz erhoben. Die Angeschuldigten Bhupinder S. B., Gurmit S. und Mandeep S. sind darüber hinaus der Verabredung zum Mord (§ 30, § 211 StGB) hinreichend verdächtig. Dem Angeschuldigten Sukhpreet S. wird außerdem die Nichtanzeige einer geplanten Straftat vorgeworfen (§ 138 StGB). In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:
Die ausländische terroristische Vereinigung „Khalistan Zindabad Force“ (KZF) verfolgt das Ziel, auf dem indischen Subkontinent mit Gewalt einen unabhängigen Staat „Khalistan“ für Angehörige der Religionsgemeinschaft der Sikhs zu errichten. Sie verübt zum einen Anschläge auf indische Einrichtungen und Persönlichkeiten der indischen Politik. In ihr Anschlagsspektrum fallen aber auch religiöse Führer von Sikh-Gruppierungen, die eine andere Ausrichtung als die KZF vertreten. Die Organisation verfügt über ein Netz aus Mitgliedern, das bis nach Europa reicht. Sie ist aufgrund eines Beschlusses des Rates der Europäischen Union seit Dezember 2005 als terroristische Vereinigung gelistet.
Die in Deutschland lebenden Angeschuldigten Bhupinder S. B. und Gurmit S. waren spätestens seit dem Jahr 2009 bis zu ihrer Festnahme im Juli 2010 führende Funktionäre der KZF. Sie standen in ständigem Kontakt mit der Organisationsspitze in Pakistan, um über aktuelle Ereignisse zu berichten und Aktivitäten der Vereinigung abzustimmen. Sie hatten vor allem die Aufgabe, die Beschaffung von Waffen und den Transfer von Geld zu koordinieren. Zudem waren sie dafür verantwortlich, Attentate der KZF zu planen und umzusetzen. Um ihre Aufgaben zu erfüllen, setzten sie die Angeschuldigten Sukhpreet S., Jagtar S. M. und Mandeep S. ein. Diese wirkten vor allem dabei mit, Waffen für die KZF zu beschaffen. Der Angeschuldigte Mandeep S. fungierte außerdem als Kurier und Fahrer.
Im März 2010 verabredete der Angeschuldigte Bhupinder S. B. mit weiteren Verantwortlichen der KZF, einen religiösen Sikh-Führer in Indien zu töten. Der Angeschuldigte versprach, die Familie des als Attentäter vorgesehenen KZF-Mitglieds in Sicherheit bringen zu lassen und für deren weiteren Lebensunterhalt zu sorgen.
Im Juli 2010 beschlossen die Angeschuldigten Bhupinder S. B., Gurmit S. und Mandeep S. mit weiteren KZF-Mitgliedern, den religiösen Führer einer Sikh-Gruppierung bei einer Veranstaltung in Österreich zu erschießen. Nachdem die Führungsspitze der KZF in Pakistan den Anschlag gebilligt hatte, beschaffte der Angeschuldigte Gurmit S. einen Revolver nebst Munition. Dem Angeschuldigten Mandeep S. kam die Aufgabe zu, die Waffe Ende Juli 2010 von Hamburg aus nach Österreich zu transportieren und dem Attentäter zu übergeben. Das Anschlagsvorhaben scheiterte letztlich an der hohen Polizeipräsenz bei der Veranstaltung. Der Angeschuldigte Sukhpreet S. hatte im Vorfeld von dem geplanten Attentat erfahren. Gleichwohl machte er in der Folgezeit keine Anstalten, staatliche Stellen von dem beabsichtigten Anschlag zu unterrichten.
Die Angeklagten Bhupinder S. B. und Gurmit S. wurden am 28. Juli 2010 festgenommen und befinden sich in Untersuchungshaft. Die gegen die Angeschuldigten Sukhpreet S., Jagtar S. M. und Mandeep S. bestehenden Haftbefehle wurden außer Vollzug gesetzt.
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)