Aktuelle Zahlen zur Rauschgiftkriminalität und
zu den Drogentoten 2010 in Deutschland: Zahl der Drogentodesfälle
2010 weiter gesunken – aber keine Entwarnung
Im Jahr 2010 starben 1.237 Menschen an ihrem Drogenkonsum. Das
sind 7 Prozent weniger als noch im Vorjahr (1.331). Die Mehrheit der
Drogentoten verstarb an den Folgen einer Überdosis von Heroin (529
Menschen) bzw. an einer Überdosis von Heroin in Verbindung mit
sonstigen Drogen (326 Menschen). An dritter Stelle der Todesursachen
stehen erneut gesundheitliche Langzeitschäden aufgrund jahrelangen
Drogenkonsums (214 Menschen). Die größte Zahl von Drogentodesfällen
findet sich in der Altersgruppe der älteren Drogenabhängigen ab 30
Jahren (944 Personen) und unter den männlichen Drogenabhängigen.
Dazu erklärt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild
Dyckmans: „Die Entwicklung der letzten 10 Jahre zeigt, dass immer
weniger Menschen an ihrem Drogenkonsum sterben und das
Durchschnittsalter der Drogentoten ansteigt. Das zeigt, dass es durch
die Angebote zur Überlebenshilfe gelungen ist, immer mehr
Drogenabhängige gesundheitlich zu stabilisieren, ihr Überleben zu
sichern und ihnen einen Ausstieg aus der Sucht zu ermöglichen.
Deshalb werden wir in der Drogenpolitik an diesen erfolgreichen
Hilfs- und Behandlungsangeboten festhalten. Zu diesen Angeboten
zählen: die qualitätsgestützte Substitutionsbehandlung mit Methadon
oder Buprenorphin, die diamorphingestützte Behandlung,
Drogenkonsumräume mit Spritzentausch, Kontaktläden, Beratung sowie
medizinische und soziale Hilfsangebote. Das steigende
Durchschnittsalter der Drogentoten verdeutlicht, dass
Opiatabhängigkeit unter jungen Drogenkonsumenten deutlich weniger
verbreitet ist. Jedoch steigt in Deutschland der Konsum synthetischer
Drogen und das Angebot vermeintlich „legaler“ Kräutermischungen,
denen synthetische Cannabinoide beigefügt werden. Vor dem Konsum
solcher Kräutermischungen müssen wir dringend warnen. Es sind
unkalkulierbare gesundheitliche Risiken damit verbunden. Die Drogen-
und Suchtpolitik wird deshalb den eingeschlagenen Weg von Prävention,
Beratung und Behandlung, Schadensminimierung und Strafverfolgung
konsequent fortsetzen.“
2010 wurden in Deutschland 18.621 Erstauffällige Konsumenten
harter Drogen (EKhD) registriert – dies bedeutet einen Anstieg von
fast drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2009: 18.139). Entgegen
der sinkenden Zahl der Erstauffälligen Konsumenten von Heroin, Kokain
und Ecstasy wurde bei den Erstauffälligen Konsumenten von Amphetamin
mit 11.401 Personen (2009: 10.315) bereits im sechsten Jahr in Folge
ein Anstieg verzeichnet (+ca. 11 Prozent). Besonders auffällig sind
die Steigerungen beim registrierten Erstkonsum von kristallinem
Methamphetamin („Crystal“), denn mit 642 Erstauffälligen Konsumenten
(2009: 364) wurde ein Anstieg um über 76 Prozent registriert. Auch
bei der Zahl der Erstauffälligen Konsumenten von Crack fiel die
Steigerung auf 311 Personen (2009: 181) deutlich aus und lag damit
bei fast 72 Prozent. Bei LSD stieg die Zahl der Erstauffälligen
Konsumenten um 11 Prozent auf 141 (2009: 127).
Der Altersdurchschnitt bei den EKhD lag bei 28 Jahren und damit
auf dem Vorjahreswert. In der Langzeitbetrachtung ist das
Durchschnittsalter seit dem Jahr 2000 um rund 3 Jahre gestiegen.
Allerdings lag das Durchschnittsalter der Erstauffälligen Konsumenten
von Ecstasy (25,7 Jahre), Amphetamin (26,2 Jahre) und „Crystal“ (26,5
Jahre) unter diesem Wert.
Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland die bisher größten
Einzel- und Gesamtmengen an Kokain und kristallinem Methamphetamin
(„Crystal“) beschlagnahmt. 2010 wurden insgesamt 3.031 kg Kokain
sichergestellt – fast 80 Prozent mehr als im Vorjahr. Unter anderem
wurde im Hamburger Hafen mit 1,3 Tonnen die bislang größte
Einzelmenge an Kokain in Deutschland beschlagnahmt. Das Kokain hatte
sich in einem Schiffscontainer aus Paraguay befunden. Die
Gesamtsicherstellungsmenge von kristallinem Methamphetamin
(„Crystal“) stieg von rund 7 auf fast 27 kg. Dies entspricht rund 2,5
Millionen Konsumeinheiten. Bei Amphetamin und Methamphetamin wurden
dagegen erstmals nach acht Jahren rückläufige
Gesamtsicherstellungsmengen registriert – insgesamt wurden rund 1.204
kg (2009: ca. 1.383 kg) sichergestellt (-13 Prozent). Bei
Ecstasy-Tabletten ging die Sicherstellungsmenge im Vergleich zum
Vorjahr um fast 56 Prozent auf 230.367 Tabletten (2009: 521.272
Tabletten) zurück. Die Gesamtsicherstellungsmenge von Heroin sank
infolge ausbleibender Großsicherstellungen um fast 38 Prozent auf
rund 474 kg (2009: 758 kg). Bei den Sicherstellungen von
Cannabisprodukten wurden im Jahr 2010 gegenläufige Tendenzen
registriert. Bei Haschisch sank die beschlagnahmte Menge um rund 3
Prozent auf ca. 2.144 kg. Bei Marihuana stieg die beschlagnahmte
Menge dagegen um rund 13 Prozent auf ca. 4.875 kg.
2010 wurden in Deutschland 46 Cannabis-Outdoor-Plantagen (2009:
67) und 348 Cannabis-Indoor-Plantagen (2009: 342) und damit insgesamt
rund vier Prozent weniger Cannabis-Plantagen als im Vorjahr
festgestellt. Während die Zahl der Kleinplantagen (20-99 Pflanzen)
von 274 auf 257 und die Zahl der Profiplantagen (ab 1.000 Pflanzen)
von 28 auf 23 sank, stieg die Zahl der sichergestellten Großplantagen
(100-999 Pflanzen) von 107 auf 114 an.
Im Jahr 2010 wurden 16 illegale Rauschgiftlabore (2009: 24)
sichergestellt, vorwiegend Kleinlabore zur Herstellung von
Methamphetamin. Erstmalig wurde in Deutschland ein Labor zur
Produktion synthetischer Cannabinoide entdeckt.
BKA-Präsident Jörg Ziercke: „Bei der Bekämpfung des international
organisierten Rauschgiftschmuggels und -handels gibt es keine
Entwarnung. Afghanistan ist weiterhin Hauptursprungsland von Heroin
und die Region Südamerika von Kokain. Während der Schmuggel von
Heroin nach Deutschland seit Jahren über die so genannte Balkanroute
erfolgt, wird Kokain in großen Mengen u. a. auf Containerschiffen
nach Europa verbracht. Neben der Nutzung der Transportrouten auf dem
Land- und Seeweg werden Drogen nach wie vor durch Flugkuriere oder
per Luftpost nach Deutschland geschmuggelt. Deutschland ist dabei
nicht nur Bestimmungsland, sondern wird auch für den Weitertransport
sowohl in das europäische als auch das außereuropäische Ausland
genutzt. Die Niederlande haben nach wie vor eine besondere Bedeutung
für die Rauschgiftsituation in Deutschland. So stammte beispielsweise
der weit überwiegende Teil der in Deutschland sichergestellten
Ecstasy-Tabletten, zu denen ein Herkunftsnachweis geführt werden
konnte, aus den Niederlanden. Auch der größte Teil des
sichergestellten Amphetamins kam aus den Niederlanden nach
Deutschland. Deutschland ist auch Produktionsland illegaler Drogen.
Dabei ermöglichen insbesondere Indoor-Plantagen durch spezielle
Pflanzenzüchtungen mit professionalisierten Anbaumethoden höhere
Produktionsmengen mit sehr hohen THC-Gehalten.
Anlass zu verstärkter Sorge geben die Produktion und der Konsum
von synthetischen Drogen. Wir warnen vor dem Konsum von so genannten
„Legal High“-Produkten. Diese „Legal Highs“ werden z. B. als
„Badesalze“, „Lufterfrischer“ oder „Kräutermischungen“ deklariert und
als angeblich legale Alternative zu herkömmlichen illegalen Drogen
angeboten. Die harmlos wirkenden Produkte enthalten meist
Betäubungsmittel oder ähnlich wirkende chemische Wirkstoffe. Da sich
die Wirkstoffzusammensetzung eines Produktes oftmals verändert,
wissen die Konsumenten nicht, welchen Wirkstoff sie in welcher
Konzentration einnehmen. Zum einen ergeben sich daraus
unkalkulierbare Gesundheitsgefahren. Zum anderen kann der Umgang mit
solchen Produkten unter Umständen strafbar sein. Gerade dieses
Beispiel zeigt, dass wir neben einer konsequenten Strafverfolgung
auch den Aspekt der Aufklärung in den Mittelpunkt unserer Arbeit
stellen müssen.“
Bundeskriminalamt