Stellungnahme von Väter ohne Rechte zum Entwurf des Kindschaftrechts-Änderungsgesetzes 2012

Dem Kindeswohl wird im vorliegenden Gesetzesentwurf eindeutig höhere Bedeutung eingeräumt. Das Recht auf Familienleben wird durch das sog. „Mindestbesuchsrecht“ gestärkt. Dieses sieht allerdings bereits die nächste Diskriminierung vor, da nur schulpflichtige Kinder davon profitieren dürfen. Gerade bei kleineren Kindern ist aber ein Kontakt zu beiden Elternteilen in kurzen Zeitabständen, auch nach einer Trennung, notwendig.

Dass die automatische alleinige Obsorge, wie sie § 166 ABGB zwingend verordnet, von der Reform unberührt bleiben soll, ist unverständlich und lässt die Diskriminierung unehelicher Kinder gegenüber ehelichen unverändert.

 

Das Antragsrecht unverheirateter Väter auf gemeinsame Obsorge entspricht der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Weiters ist positiv, dass die gemeinsame Obsorge nach Scheidungen nunmehr der Regelfall ist und nicht unbegründet jederzeit aufgehoben werden kann. Allerdings sollte auch bei Eltern, die in häuslicher Gemeinschaft leben, die gemeinsame Obsorge der gesetzliche Normalfall sein – dies wurde im Entwurf nicht realisiert. Die gleichwertige Betreuung in den Haushalten beider Eltern („Doppelresidenz“) ist als Möglichkeit vorgesehen, damit wird dem Lebensmodell vieler Eltern endlich Rechnung getragen. Insgesamt ist dies jedoch nicht konsequent genug geregelt.

 

Das im Entwurf vorgesehene Inkrafttreten mit 1. Jänner 2012 ist zu spät. Zu viele Menschen leiden unter der herrschenden Rechtslage.

 

Durch die vielen Beteiligten an familienrechtlichen Außerstreitverfahren (Richter, Sozialarbeiter, Gutachter, Kinderbeistand etc.) werden die Verfahren unnötig in die Länge gezogen. Dass zusätzliche Beteiligte (Familiengerichtshilfe) aufgenommen werden sollen, lehnen wir ab.

 

Die Verpflichtung der Gerichte, bei vorläufigen Obsorge- bzw. Besuchsrechtsentscheidungen das Kindeswohl zu berücksichtigen, ist zu befürworten.

 

Im Ö1-Morgenjournal vom 9.8.2010, hat die Frauen- und Gleichbehandlungsministerin, Gabriele Heinisch-Hosek, bekanntgegeben, dass es „keinen Reformbedarf im Obsorgerecht“ gebe und dass die „bestehende Rechtslage absolut ausreichend“ sei. Wenige Monate später wurde die Republik Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen ihres menschenrechtswidrigen Familienrechts verurteilt. Wir hoffen, dass die Ministerin die nächste „Bewährungsprobe“ bestehen wird.

 

Väter ohne Rechte