Die Dosis macht das Gift! Dioxin eine akute Bedrohung unserer Gesundheit?

Aktuell ist Dioxin ja in aller Munde! Aber war es das leider nicht schon immer? Im Durchschnitt früher mehr als heute muss man da wohl konstatieren und kann auf verbesserte Vorschriften und Verbote allgemein sowie niedrigere Grenzwerte insbesondere verweisen. Es sei denn, es gibt wieder mal eine „Panne“, wie beim brandaktuellen Futtermittel-Skandal geschehen und es gelangen weit größere Konzentrationen als erlaubt über die Nahrungskette in unsere Lebensmittel. Forderungen nach schärferen Vorschriften, härteren Sanktionen sowie strikteren Kontrollen sind da nur eine logische Konsequenz. Was aber können wir als Konsumenten tun, sollten wir wissen und beachten, um uns möglichst keiner vermeidlichen Gefährdung durch Dioxin auszusetzen?

Dazu bedarf es erstmal einer Erklärung was Dioxin überhaupt ist und woher es kommt. Dioxine können bei allen Verbrennungsprozessen unter Anwesenheit von Chlor und organischen Kohlenstoff bei Temperaturen von über 300°C entstehen, über 900°C werden sie zerstört. Dioxine wurden nie im technischen Maßstab produziert sondern entstehen unerwünscht zum Beispiel in der Metallurgischen Industrie, Kraftwerken und Feuerungsanlagen oder bei der Herstellung von chlorierten Herbiziden. In den 80er Jahren konnten große Mengen im Kilogrammbereich in die Umwelt gelangen. Die Belastung ist heute aufgrund einer Fülle rechtlicher und technischer Maßnahmen deutlich zurückgegangen.

 

Dioxin ist eigentlich eine Sammelbezeichnung für chemisch ähnlich aufgebaute Moleküle, die aus zwei über Sauerstoffbrücken verknüpfte Benzolringe bestehen, die chloriert sind. Sind es anstatt zwei nur ein Sauerstoffatom erhalten wir Furane. Je nach Anzahl und Ort der verbundenen Chloratome gibt es über 200 verschiedene Moleküle, sogenannte Kongenere, die allgemeinsprachlich als Dioxine bezeichnet werden und immer gemischt vorliegen. Das bekannteste und giftigste ist das als „Seveso-Gift“ benannte 2,3,7,8 Tetrachlor-Dibenzo-p-Dioxin. Im Vergleich zu diesem misst man die Toxizität der anderen Dioxine (Internationale toxische Äquivalenzfaktoren I-TEF).

 

Leitsymptom einer akuten Dioxinvergiftung beim Menschen ist die Chlorakne, wie sie in Seveso über Kontakt (Lunge, Haut) mit einer Giftgaswolke bei über 180 Verunglückten in der Folge auftrat. Verstärkte Verhornung mit Bildung von Pusteln im Gesicht und Extremitäten können über Jahre anhalten. Viktor Juschtschenko, ehemaliger Präsident der Ukraine, litt infolge eines Giftanschlags über die Nahrung an Chlorakne und wies extrem hohe Blutserumkonzentrationen von Sevesodioxin auf. Neben den Hautschädigungen leiden akut Betroffene an Übelkeit, Erbrechen und intensiven Reizungen der oberen Atemwege. Auch die Leber kann in Mitleidenschaft gezogen sein. Zudem können in der Folge Störungen des Immunsystems, des Nervensystems, des Hormonhaushalts, der Reproduktionsfunktionen und der Enzymsysteme auftreten. Dioxine stehen im Verdacht Krebs beim Menschen auszulösen oder die Entstehung zu unterstützen. Das Seveso-Dioxin ist von der Weltgesundheitsorganisation im Februar 1997 als humankanzerogen (krebserzeugend für den Menschen) eingestuft worden. Eine Behandlungsmethode zur raschen Entgiftung bei akuter Intoxikation ist nicht bekannt.

 

Beim aktuellen Skandal haben wir es mit einer Dioxinkontamination bei der Herstellung von Tierfutterfetten zu tun, wobei illegal technische Fette aus der Biodieselproduktion verwendet wurden. Unkontrolliert gelangen so nach Schätzungen der Bundesregierung bis zu 3000 Tonnen belastetes Tierfutterfett in die Betriebe und wurden an Legehennen, Mastschweine und Mastgeflügel verfüttert. Die zulässigen von der EU festgelegten Höchstwerte wurden teilweise erheblich überschritten. Obwohl keine akute, sprich unmittelbare, Gesundheitsgefährdung bei Verzehr der überbelasteten Lebensmittel besteht, kann langfristig gesehen eine größere Gefährdung aber nicht ausgeschlossen werden. Die Dioxine haben nämlich eine perfide Eigenschaft. Sie sind sehr langlebig und lagern sich als lipohiles Molekül in unserem Körperfettgewebe ab. Ähnlich wie radioaktive Strahlung, können sie sich so über Jahrzehnte im Körper anreichern und schwerwiegende Krankheiten bis hin zu Krebs, etwa Karzinome der Leber oder Bauchspeicheldrüse, auslösen oder deren Entstehung unterstützen. Bei chronischer, meist schleichend verlaufender Dioxinvergiftung kann Chlorakne ein untrügliches Zeichen sein.

 

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