Das Eindämmen der Rinderepidemie wurde durch ein Verbot der Verfütterung von Tiermehl an Nutztiere, durch die Definition und Entfernung von Risikomaterialien sowie durch großflächige BSE-Schnelltestuntersuchungen erreicht. Doch strukturelle Fehler der europäischen Agrar- und Ernährungspolitik sowie der deutschen Lebensmittelüberwachung wurden bis heute nicht korrigiert.
Stattdessen wurden seit dem politischen Höhepunkt der BSE-Krise 2001 mehr als 70 europäische Rechtsakte rund um die BSE-Bekämpfungsmaßnahmen sowie weitere 65 Rechtsakte zum Umgang mit tierischen Abfällen erlassen:
– Dabei konnte die Lobby der Fleischwirtschaft einen weitgehend
freien Handel für etwa vier Fünftel ihrer Abfälle durchsetzen.
Vor BSE mussten diese größtenteils auf Kosten der Industrie
entsorgt werden. Heute sind in der EU jährlich rund 16 Millionen
Tonnen Schlachtabfälle (Material der so genannten
Risiko-Kategorie 3) weitgehend der staatlichen Kontrolle
entzogen.
– Eine der zentralen Vorgaben der europäischen BSE-Politik zum
Schutz der Verbraucher wurde nie umgesetzt: die verpflichtende
Kenntlichmachung von Tiermehl durch einen Farb- oder
Geruchsstoff. Zunächst gab es angeblich keinen geeigneten Stoff.
Seit 2008 ist die Markierung von Tiermehl der Risikokategorie 3
(das zum Beispiel als Düngemittel verwendet, aber nicht als
Futtermittel eingesetzt werden darf) mit Glycerintriheptanoat
(GTH) vorgeschrieben – eine Substanz, die farblos, geschmacklos
und geruchlos ist und nur im Labor nachgewiesen werden kann. Dem
Betrug sind damit Tür und Tor geöffnet.
„Schlachtabfälle, die von der menschlichen Nahrungskette ferngehalten werden sollen, wurden jahrelang gar nicht eingefärbt. Neuerdings werden verarbeitete Abfälle mit einer Substanz markiert, die man weder riecht noch schmeckt noch sieht. Aus lauter Industriefreundlichkeit mutet die EU ihren Bürgern zu, dass ihnen ohne Probleme Schlachtabfälle untergejubelt werden können“, sagte Matthias Wolfschmidt von foodwatch. „Gleichzeitig werden alle BSE-Bekämpfungsmaßnahmen Schritt für Schritt zurückgefahren. Das Fazit: Die europäische Politik hat nichts aus BSE gelernt.“
foodwatch e.V.