Patienten verspüren Schmerzen oft völlig unterschiedlich, obwohl sie an der gleichen Erkrankung leiden. Das Erbgut bestimmt die Wahrnehmung von Schmerzen als auch die Wirkung ihrer Behandlung mit, berichten Experten anlässlich des 16. Internationalen Wiener Schmerzsymposiums http://bit.ly/xlc4u1 am heutigen Freitag in Wien. „In Zukunft wird es möglich sein, unterschiedliche Genotypen maßgeschneidert zu behandeln und Schmerz auch entsprechend vorzubeugen“, berichtet Jörn Lötsch, klinischer Pharmakologe an der Uni Frankfurt http://med.uni-frankfurt.de .
500 Gene beteiligt
Viele Faktoren entscheiden, wie Patienten Schmerzen wahrnehmen: Frühere Schmerzerfahrungen, Geschlecht, soziale Situation oder Einstellung gegenüber Schmerz etwa, doch auch die Genetik spielt bis zu einem gewissen Ausmaß eine Rolle. „Nicht ein einzelnes Gen, sondern bis zu 500 Gene hängen mit der Schmerzempfindung zusammen. Aufgrund erblicher Prägung sind bestimmte Menschen kaum, andere sehr schmerzempfindlich. Das gilt auch für die Wirkung der Therapien: So bringt etwa eine für rotes Haar verantwortliche Genvariante bei Frauen stärkere Reaktion auf bestimmte Opioide“, erklärt der Experte.
In Zukunft wird es möglich sein, den Genotyp eines Patienten genau zu erfassen, wenngleich dazu immer auch der Phänotyp mittels klinischer Prüfung erhoben werden muss. So könne man auf diese Weise die Behandlungsdosis besser abstimmen und deren Hochskalieren entsprechend verkürzen. Im Moment liefert die genetische Untersuchung allerdings noch keine Vorteile für die Schmerzbehandlung. „Es gibt noch viel zu wenige Analgetika, als dass man gezielt auf genetische Informationen eingehen könnte.“
Botox unterstützt Therapie
Ein aktueller Trend in der Schmerzmedizin ist die gezielte Blockade der sympathischen Ganglien, die etwa bei komplexen regionalen Schmerzsymptomen (CPRS), Gürtelrose-, Phantom- oder bestimmten Gesichtsschmerzen zum Einsatz kommt. „Man verhindert dabei invasiv die Übertragung von Nervenimpulsen vom Muskel zum Nervensystem – entweder durch eine Injektion von Lokalanästhetika, Opioiden oder Neurolytika wie Alkohol“, erklärt Hans Georg Kress, Wiener Anästhesist und Präsident des Dachverbandes der Europäischen Schmerzgesellschaften (EFIC) http://efic.org . Allerdings können nur Spezialisten den Eingriff erfolgreich durchführen, da er lange Injektionsnadeln und laufende CT- oder Röntgenkontrolle erfordert. Eine Alternative sind gezielte Hitzeläsionen.
Ein völlig neuartiger Ansatz ist die Kombination des Lokalanästhetikums mit Botulinum-Toxin (Botox). In einer aktuellen Studie erreichte man durch diese Injektion eine über 70-tägige Schmerzfreiheit bei CPRS-Patienten, die sonst nicht oder kaum auf Therapien ansprachen. „Botox greift als Toxin das Nervensystem an und hat in entsprechend niedriger Dosierung schmerzlindernde Effekte. Man weiß aber noch nicht ausreichend, warum. Ein künftig denkbarer Einsatz von Botox scheint nur dort sinnvoll, wo es vertretbare Vorteile gegenüber deutlich billigeren Alternativen wie Alkoholinjektionen bringt“, so Kress auf pressetext-Anfrage.
Aussender: pressetext.redaktion Ansprechpartner: Johannes Pernsteiner
Website: www.pressetext.com
Schmerzen: Gene spielen bei Wahrnehmung mit (Foto: aboutpixel.de/Thorn)