Der Handel mit Waren im Internet nimmt stetig zu. Auch Lebensmittel sind mit einem Mausklick zu kaufen. Neben zahlreichen Vorteilen birgt das wachsende Marktsegment jedoch auch neue Risiken, die nicht jedem Internetnutzer bewusst sind. Mit einem Projekt zur amtlichen Kontrolle des Internethandels mit Lebensmitteln will das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin den virtuellen Marktplatz sicherer gestalten.
Etliche „Schwarze Schafe“ machen sich das oftmals undurchsichtige und anonyme Medium Internet zunutze. Aber auch die Unwissenheit einzelner Online-Lebensmittelhändler stellt ein Problem dar. Nicht selten werden Produkte als Nahrungsergänzungsmittel, Sportlernahrung oder diätetische Lebensmittel angepriesen, sind aber tatsächlich Arzneimittel mit starker Wirksamkeit. „Das Internet ermöglicht Verkäufern, Herstellern und Händlern, an verschiedenen Orten zu agieren und dabei unerkannt zu bleiben. Die Lebensmittelüberwachung stößt dabei an ihre Grenzen“, so der Präsident des BVL, Dr. Helmut Tschiersky-Schöneburg. „Mit unserem Projekt verfolgen wir das Ziel, dass der Einkauf von Lebensmitteln im Internet so sicher wird wie der Einkauf von einem Brot beim Bäcker um die Ecke.“
Das BVL hatte zusammen mit den Bundesländern ein Konzept zur Kontrolle des Online-Lebensmittelhandels erarbeitet. Beim BVL ist daraufhin eine zentrale Stelle zur Internetrecherche eingerichtet worden. Diese arbeitet eng mit den an dem Projekt beteiligten Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen zusammen, welche die Kontrollen vor Ort wahrnehmen. „Für die Länder bedeutet die Einrichtung der Zentralstelle beim BVL eine große Unterstützung bei der Suche nach potentiell risikobehafteten Lebensmitteln im Internet“, erklärt Dr. Volker Kregel, Vorsitzender der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz. „Ein derartiger Aufwand könnte nicht in jedem Land geleistet werden, da hierfür sehr spezialisierte Softwaretechniken erforderlich sind. Die Bündelung der Recherche-Abfragen stellt darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Effizienz in der Lebensmittelüberwachung dar.“
Die BVL-Zentralstelle durchsucht das Internet stichprobenartig nach Angeboten risikobehafteter Lebensmittel, die die Gesundheit der Verbraucher eventuell schädigen oder die Verbraucher täuschen können, und leitet diese an die zuständigen Behörden zur Kontrolle weiter. Daneben wird versucht, alle nicht registrierten deutschen Lebensmittelunternehmen, das heißt den Kontrollbehörden nicht bekannte Betriebe, mittels kontinuierlicher, automatisierter Suche aufzuspüren und unter das Dach der amtlichen Lebensmittelkontrolle zu bringen. Kontrollierte Betriebe sollen dies in Zukunft durch ein Siegel der D21-Initiative auf ihrer Internetseite kenntlich machen können.
Bislang hat die BVL-Zentralstelle durch die Zusammenarbeit mit dem Bundeszentralamt für Steuern, das mittels der Software „Xpider“ aktiv nach Lebensmittelunternehmen im Netz sucht, ca. 1.800 im Internet tätige Lebensmittelunternehmen an die Länder weitergeleitet. Die Überprüfung durch die Länder zeigt, dass ca. 25 Prozent der erfassten Betriebe zuvor nicht registriert waren.
Bei der Recherche nach möglicherweise nicht sicheren Lebensmitteln legt die Zentralstelle den Fokus auf Nahrungsergänzungsmittel (NEM), insbesondere auf die Suche nach nicht zugelassenen neuartigen Lebensmitteln oder solchen, die pharmakologisch wirksame Stoffe als Zutat enthalten. Daneben werden auch Meldungen des europäischen Schnellwarnsystems und Warnungen anderer Behörden im Hinblick auf entsprechende Angebote im Internet weiter verfolgt. Bisher wurde nach über 20 Stoffen/Zutaten recherchiert. Ca. 270 Rechercheergebnisse, die sich auf rund 120 Online-Shops bezogen, hat die Zentralstelle an die teilnehmenden Länder weitergeleitet. Die Rückmeldungen zeigen, dass die Angebote in der Regel gelöscht werden. Positiv ist außerdem, dass bisher die meisten beanstandeten und gelöschten Produkte nicht wieder auf neuen Websites angeboten werden.
Durch zusätzliche Informationskampagnen will das BVL die im Internet tätigen Lebensmittelunternehmen, inkl. der reinen Händler, auf ihre Registrierungspflicht und ihre Verantwortung für die Sicherheit der angebotenen Produkte hinweisen. Verbraucher sollen sich über die Gefahren beim Internetkauf klar werden. Mit seinem neuen Flyer „Lebensmittel online kaufen! Tipps für Verbraucher“ weist das BVL auf kritische Punkte und Gefahren im Internethandel hin und stellt Möglichkeiten vor, diese zu minimieren.
Die Ergebnisse des deutschen Pilotprojekts sollen auch der Festsetzung EU-weiter Kontrollmechanismen dienen. Da der Online-Handel grenzüberschreitend stattfindet, ist eine Zusammenarbeit der nationalen Behörden mit denen der anderen Mitgliedstaaten und Drittländer nötig. Zur Vorbereitung einer EU-weiten Kontrolle hat sich auf Initiative des BVL bereits eine europäische Arbeitsgruppe zum Thema E-Commerce gegründet, die sich über geeignete Vorgehensweisen zur Kontrolle des Internethandels mit Lebensmitteln und Erfahrungen in diesem für Kontrollbehörden neuen Bereich austauscht.
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit