Byzantium, alternatives Netzwerk umgeht Sperren – Experte hält Vernetzung für unrealistisch: „Distanz ist immer ein Feind“

 

Washington D.C. (pte/20.09.2011/13:30) Der „arabische Frühling“ hielt die Welt in Atem, als sich Bürger verschiedener Staaten gegen ihre autokratischen Machthaber auflehnten. Besonders in den Fokus rückte die Rolle des Internets als Organisations- und Kommunikationskanal. Doch die vom Mubarak-Regime durchgeführte Abschaltung der Infrastruktur warf Fragen zur Verfügbarkeit auf. Projekt „Byzantium“ http://wiki.hacdc.org/index.php/Byzantium soll nun in Notsituationen eine Alternative zu den herkömmlichen Leitungen und ein Mittel zur Umgehung staatlicher Unterdrückung bieten. Christian Burkart, Netzwerktechnik-Experte und Geschäftsführer von 2Bsafe http://2bsafe.de findet den Ansatz im pressetext-Gespräch nur teilweise praktikabel und sieht unüberwindbare Hürden für das Vorhaben.

Back to the roots

Die Erfahrungsberichte der bisherigen „Sprints“, den Treffen der Entwickler hinter Byzantium, lesen sich wie Erzählungen aus der Gründerzeit der Hackerbewegung. Verschiedene Geräte werden umprogrammiert, mit anderer Software bespielt oder geöffnet und per Lötgerät modifiziert. Die findigen Bastler experimentieren mit unkonventionellen und teils vergangenen Formen der Datenkommunikation – darunter die Übermittlung der Signale eines Softwaremodems per Radio.

Ziel ist es, routingbasierte Mesh-Netzwerke aufzuziehen, die sich miteinander verbinden können. Diese bestehen aus einzelnen Computern, die jeweils als Knoten fungieren und als Sender, Wegpunkt und Empfänger daran teilnehmen. Ein in das verwendete Protokoll integrierter Algorithmus sorgt für eine hohe Ausfallsicherheit, indem defekte Knoten umgangen werden. Je größer die Teilnehmerzahl, desto stabiler funktioniert der Austausch. Findet ein Computer Zugang zum Internet, so ermöglicht er allen anderen Teilnehmern ebenfalls den Zugriff.

Distanz als Feind

Burkart sieht den Mesh-Ansatz als am besten geeignet für eine dezentrale Netzwerk-Lösung, jedoch hat der Verzicht auf herkömmliche Infrastruktur auch gravierende Nachteile. „Eine eigene Kommunikationstechnologie aufzuziehen, ist mit hohem Aufwand und Kosten verbunden, da diese letztlich mit den verfügbaren Endgeräten kompatibel sein muss“, erklärt er. „Zudem kann ein Regime wesentlich mehr tun als nur die Provider lahmzulegen und so auch alternative Wege des Datenaustauschs blockieren.“

Erschwerend kommt hinzu, dass eine relativ einfache und kosteneffiziente Errichtung nur in urbanen Gebieten realisierbar ist, da die Menschen dort in der Regel nah beieinander wohnen. Eine Umsetzung im ländlichen Raum, meint Burkart, gestaltet sich wesentlich schwieriger. „Die Distanz ist immer ein Feind“, so der Fachmann im pressetext-Interview. Je größer die zu überbrückende Entfernung, desto komplizierter und teurer wird die nötige Technik. Die Vernetzung eines ganzen Landes, ohne auf vorhandene Einrichtungen zuzugreifen, hält er folglich für unrealistisch.

Freifunk könnte Vorbild werden

Wie es zumindest in Städten funktionieren kann, demonstriert das Projekt „Freifunk“ http://start.freifunk.net . Hier läuft die Vernetzung über eigene Router, geteilte Internetbandbreite steht allen zur Verfügung. Die Nutzung ist kostenlos und anonym, die Kommunikation untereinander wäre theoretisch auch möglich, sollte der Zugriff aufs Internet in der jeweiligen Gegend blockiert sein.

In Österreich wird die Initiative vom Verein Funkfeuer http://funkfeuer.at vorangetrieben, der bereits in fünf Regionen freie Netzwerke errichtet hat.

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