Sozialminister Heiner Garg setzt sich auf Arbeits- und Sozialministerkonferenz für tragfähige Pflegeversicherung und Opfer von Einrichtungen ein

KIEL, 04.12.18 – Auf der am Mittwoch (5.12.) beginnenden zweitägigen Arbeits- und Sozialministerkonferenz in Münster wird Schleswig-Holsteins Sozial- und Gesundheitsminister Heiner Garg mehrere Anträge einbringen…

1) Zum Antrag „Pflegeversicherung tragfähig und zukunftsfest gestalten“ betont Minister Garg: „Der Kreis der Leistungsbezieher in der Pflegeversicherung ist in den vergangenen Jahren, auch durch die notwendige Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs, stark angestiegen. Eine grundlegende Reform der Finanzierungsbasis und eine strukturelle Weiterentwicklung der Pflegeversicherung sind daher zwingend erforderlich. Denn eine menschenwürdige Pflege, mit einer fairen Bezahlung der Pflegekräfte, kostet Geld und es kann nicht sein, dass alle Kostensteigerungen einseitig zu Lasten der Leistungsempfänger und Beitragszahler gehen.“

Garg schlägt die Einrichtung einer Kommission zur Erarbeitung einer grundlegenden Reform der Finanzierung zur Pflegeversicherung vor. Dazu soll ein neues „Sozialgesetzbuch Versorgung“ erarbeitet werden, das die bisherigen Gesetzbücher der Krankenversorgung (SGB V) und der Pflegeversorgung (SGB XI) zusammenführt. „Nicht das Finanzierungssystem, sondern der Mensch muss ausschlaggebend für die Versorgung sein. Die bisherige unterschiedliche Systematik baut viele unnötige Hürden auf. Stattdessen brauchen wir zukünftig ein patientenzentriertes Modell, um Synergieeffekte zu nutzen und die wertvollen personellen sowie finanziellen Ressourcen zielgerichteter zur Versorgung einzusetzen.“

Minister Garg fordert zudem, dass das bisherige „Teilkasko-Prinzip“ in der Pflege überprüft wird, wonach Kosten für pflegerische Leistungen auch durch die Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger oftmals aus Eigenmitteln aufgestockt werden müssen. Dies solle durch ein System der vollständigen Übernahme pflegebedingter Aufwendungen ersetzt werden, so dass die Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger nur Kosten des persönlichen, individuellen Bedarfs, z.B. für Verpflegung, Unterkunft oder Freizeitgestaltung aus Eigenmitteln tragen müssen. „Der steigende Finanzbedarf in der Pflege darf nicht allein durch Mehrbelastungen der pflegebedürftigen Menschen oder der Beitragszahler finanziert werden. Die Sicherstellung der Pflege ist vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Vor diesem Hintergrund ist die Einführung eines Bundeszuschusses gerechtfertigt und geboten“, so Garg.

2) Mit Anträgen zur „Stiftung Anerkennung und Hilfe“ will Minister Garg eine Verlängerung der Antragsfrist und eine zeitliche Erweiterung des Leistungsanspruchs für Betroffene erreichen. Über die Stiftung unterstützen die Bundesländer, Bund und Kirchen Menschen, die zwischen 1949 und 1975 als Kinder und Jugendliche in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe oder stationären psychiatrischen Einrichtungen untergebracht waren und noch heute unter dem erlebtem Unrecht leiden.

Sozialminister Garg: „Opfer von Gewalt, Missbrauch, Ausbeutung, Willkür oder Medikamentenversuchen haben in Schleswig-Holstein zutiefst bewegend über ihre Leidenszeit berichtet. Dabei wurde erneut deutlich, wie viel Kraft und Überwindung es auch nach 40 Jahren kostet, über die Übergriffe in der Zeit zu sprechen. Wir wollen Betroffenen mehr Zeit geben, in der sie sich an die Anlaufstellen der Stiftung wenden können“.

Die Initiative sieht vor, die Antragsfrist der Stiftung um ein Jahr bis Ende 2020 zu verlängern. „Zudem gibt es viele Hinweise, dass es auch nach dem großen Umbruch in der Psychiatrie Mitte der 70er Jahre weiterhin Leid und Unrecht in den Einrichtungen gab. Der Zeitraum, in dem Anspruchsberechtigte in entsprechenden Einrichtungen untergebracht sein müssen, um Leistungen der Stiftung zu erhalten sollte daher über 1975 hinaus verlängert werden.“ Dazu sieht Schleswig-Holsteins Antrag vor, dass der Lenkungsausschuss einen entsprechenden Vorschlag zur Verlängerung vorlegt. Voraussetzung für eine Umsetzung der Forderungen Schleswig-Holsteins ist eine Zustimmung zunächst der Länder sowie dann von Bund und Kirchen. Betroffene können über die Anlaufstellen mit 9.000 Euro sowie einer Rentenersatzleistung von bis zu  5.000 Euro unterstützt werden.

Aussender: Christian Kohl, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren (SH)
Redaktion: Torben Gösch