Berlin, 03.08.17 – Das Deutsche Kinderhilfswerk fordert angesichts der heute vom WSI veröffentlichten Auswertung zur steigenden Armut der Kinder und Jugendlichen in Deutschland, dass strukturelle sozialpolitische Maßnahmen zur Bekämpfung der Kinderarmut insgesamt sowie verstärkte und vorausschauende Integrationsmaßnahmen für zugewanderte Kinder und Jugendliche zu einer Priorität in der neuen Legislaturperiode gemacht werden…
„Es ist an der Zeit, dass sich die positive wirtschaftliche Lage in Deutschland endlich auf die Situation armer Kinder und Jugendlicher auswirkt. Für eine deutliche Trendwende braucht es verstärkte Anstrengungen und grundlegende strukturelle Reformen zur Bekämpfung der Kinderarmut in Deutschland. Dazu gehören neben armutsfesten Hartz IV-Regelsätzen, eine Beschäftigungspolitik, die Eltern in die Lage versetzt, sich und ihren Kindern durch eigene Erwerbstätigkeit eine ausreichende finanzielle Lebensgrundlage zu bieten. Zudem ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Ländern erforderlich, um wirksame Konzepte gegen die zu große Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der sozialen Herkunft auf den Weg zu bringen. Mit Sorge sehen wir insbesondere die steigende Armut von nach Deutschland zugewanderten Kindern und Jugendlichen. Hier gilt es verstärkt in die Integration zu investieren, um ihre gesellschaftliche Teilhabe in der Zukunft zu sichern. Wir dürfen uns nicht auf den Fortschritten der letzten Jahre ausruhen, sondern müssen die notwendigen Integrationsmaßnahmen nicht nur weiterführen, sondern ausbauen. Das kann am besten durch ein Integrationsgesetz sichergestellt werden, das die Integration insbesondere von Flüchtlingskindern und ihren Familien sowie ihre Teilhabe und Partizipation an unserer Gesellschaft befördert“, betont Holger Hofmann, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes.
Schlüsselfaktoren bei der Integration von zugewanderten Kindern und Jugendlichen sind aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes das schnelle Erlernen der deutschen Sprache und die schnelle Bildungsintegration über einen ungehinderten Zugang zu Kindertageseinrichtungen und Schulen. Bildungseinrichtungen müssen für die Kinder und ihre Familien aber auch tatsächlich zugänglich, das heißt insbesondere örtlich erreichbar sein und ihr Besuch darf nicht durch hohe Kosten für Lernmittel und Fahrkosten erschwert werden. Gute Bildung schon für Kita-Kinder befördert die Chancengleichheit in unserer Gesellschaft und gleicht herkunftsbedingte sowie soziale Unterschiede am besten aus. Dafür müssen die Bildungseinrichtungen finanziell so ausgestattet sein, dass sie den zusätzlichen Herausforderungen gewachsen sind und etwa ausreichend Personal einstellen sowie notwendige Fortbildungsangebote anbieten können.
Eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes vom 20. Juni 2017 zeigt, dass eine sehr große Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland (90 Prozent) in einem ausreichenden Zugang von Flüchtlingskindern und ihren Familien zu Angeboten der Sprachförderung den größten Handlungsbedarf bei der Integration in Deutschland sieht. Sehr großer Handlungsbedarf wird zudem für den ausreichenden Zugang von Flüchtlingskindern zu Kindertageseinrichtungen und Schulen gesehen (74 Prozent). Das gilt auch für die kindgerechte und sichere Unterbringung von Flüchtlingskindern mit ihren Familien in Wohngegenden, die Kontakte zu einheimischen Familien ermöglichen (74 Prozent). Und auch beim kostenfreien Zugang von Flüchtlingskindern zu Freizeitaktivitäten, beispielsweise Sportvereinen, bei denen sie andere Kinder kennenlernen können, wird überwiegend (67 Prozent) Handlungsbedarf gesehen.
Aussender: Nina Ohlmeier, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Redaktion: Torben Gösch