Foto: (c) VIER PFOTEN

TERMIN: Gerichtsverhandlung um Zirkus-Schimpanse Robby – Verwaltungsgericht Lüneburg, 27. April 2017

Lüneburg, 24.04.17 – Am Donnerstag den 27. April urteilt das Verwaltungsgericht Lüneburg im Hauptsacheverfahren über das Schicksal von Schimpanse Robby. Der etwa 40-jährige Menschenaffe wird seit rund 32 Jahren im Circus Belly mitgeführt. Das Kreisveterinäramt in Celle forderte den Zirkus 2015 auf, Robby abzugeben, da die Haltung im Zirkus tierschutzwidrig sei. Daraufhin klagte der Zirkus vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg…

Foto: (c) VIER PFOTEN

Die Stiftung für Tierschutz VIER PFOTEN kritisiert, dass Robby im Zirkus keinen Kontakt zu Artgenossen hat und sein Leben, abgesehen von kurzen Auftritten in der Manege, in einem viel zu kleinen, tristen Gehege fristet. VIER PFOTEN appelliert an das Gericht, Robby einen artgemäßen Lebensabend in einer spezialisierten Auffangstation mit anderen geretteten Schimpansen zu ermöglichen. Dies wäre auch ein wichtiges Signal an die Bundesregierung, endlich ein umfassendes Wildtierverbot im Zirkus zu beschließen.

Die renommierte deutsche Primatologin Signe Preuschoft von VIER PFOTEN hat im Prozess als Gutachterin mitgewirkt.

Wann: 27. April 2017, 10 Uhr

Wo: Verwaltungsgericht Lüneburg, Sitzungssaal 1, Adolph-Kolping-Straße 16, 21337 Lüneburg

Ausführliche Hintergrundinformationen:

Robby, der letzte Zirkusschimpanse Deutschlands

„Der ‚Fall Robby‘ hat seit 2014 die Gemüter erhitzt wie kein anderer. Tatsächlich regt seine Geschichte zum Nachdenken an über das Verhältnis Schimpanse-Mensch“, sagt Primatologin Dr. Signe Preuschoft. Robby ist von Hand aufgezogen worden, in einer Zirkusfamilie mit Menschenkindern aufgewachsen und von Kindheit an aufgetreten. „Die Grenze zwischen Mensch und Menschenaffe verschwimmt. Doch gerade an Robbys Schicksal zeigt sich eben auch, dass am Ende Robby keinerlei Recht auf Selbstbestimmung hat und immer ein Wesen zweiter Klasse bleibt, ohne Privatleben, ohne Artgenossen“, so Dr. Preuschoft. In Argentinien besitzen Menschenaffen übrigens die Rechte einer „nicht-menschlichen Person“.

Erfolgreiche Resozialisierung auch nach Jahrzehnten möglich

Primatologin Dr. Signe Preuschoft von VIER PFOTEN hat bereits erfolgreich Schimpansen, die teils im Tierversuchslaboren über Jahrzehnte in Einzelhaft gesessen hatten, resozialisiert. „Auch damals war gefürchtet worden, dass diese Schimpansen sich alle gegenseitig umbringen würden. Weit gefehlt! In einem therapeutisch angelegten Verfahren konnten diese Schimpansen ein vergleichsweise artgerechtes Gruppenleben erlernen und, wie Stresshormon-Untersuchungen ergaben, sogar genießen“, berichtet Dr. Preuschoft. Die Primatologin, die von VIER PFOTEN in Indonesien gerettete Orang-Utan-Waisen zu einem Leben in Freiheit ausbildet, betont die Lernfähigkeit und den unverwüstlichen Willen zur Genesung von Menschenaffen.

Bindung und Bezugspersonen bei Menschenaffen

Für die emotionale Stabilität von Mensch und Menschenaffe sind Bindungen an Vertrauenspersonen sehr wichtig. „Bei meinem Gutachten habe ich mich an Fürsorgefällen für Menschen orientiert – wenn z.B. ein Kind in einer Familie lebt, die das Kind nicht angemessen versorgen und fördern kann. Das ist eine schwierige Abwägung, aber am Ende muss man das Potenzial des Schutzbefohlenen über die Wünsche der Eltern stellen“, sagt Dr. Preuschoft. „Die Trennung Robbys von Zirkusdirektor Klaus Köhler wird nicht einfach werden. Es geht hier jedoch um mehr, als nur Prinzipienreiterei seitens der Tierschützer. Auch im Zirkus ist Robby nicht vor Verlust seines ‚Vaters‘ gefeit. Je eher diese Trennung stattfindet, desto besser sind Robbys Erfolgsaussichten.“

Robby braucht Artgenossen

Vergleichbare Fälle von anderen vermenschlichten Schimpansen lassen erwarten, dass Robby sich auch mit etwa 40 Jahren aus der Rolle des ewigen Kindes emanzipieren wird und seine wahre Schimpansennatur als sein natürliches Erbe antreten und ausleben wird. Viel wird von der Art der Re-sozialisierung abhängen aber auch davon, welche anderen Schimpansen ihm als Interaktionspartner angeboten werden. Schimpansen mit ähnlicher Biographie und ähnlicher Sozialisierung sind hier eher geeignet – Zoo-Schimpansen hingegen dürften für einen sozial fehlangepassten Artgenossen wenig Toleranz haben und könnten Robby in der Tat gefährlich werden. Nur Auffangstationen, die sich auf Schimpansen spezialisiert haben, die aus ehemals Art-ungerechten Verhältnissen stammen, wie z.B. Stichting Aap, verfügen sowohl über die notwendige Sachkenntnis wie auch über geeignete Schimpansen-Sozialpartner, um Menschenaffen wie Robby doch noch zu einem wahren Schimpansenleben zu verhelfen.

Wildtiere gehören in die Wildnis

„Die Zwiespältigkeit, die sich auch in dem über Jahre dauernden Gerichtsverfahren ausdrückt, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Menschenaffen wie Robby, die in eine Menschenumgebung hineinsozialisiert werden, ein großes Unrecht angetan wird. Vermenschlichte Menschenaffen, schon als Säuglinge ihren Müttern entrissen, werden um ihre wahre Natur betrogen. Wildtiere gehören in die Wildnis und nicht in Gefangenschaft – auch wenn diese Stundenweise von liebevollen Menschen geteilt wird. Das Bild, das Robby bei seinen kindischen Zirkusauftritten vermittelt, hat rein gar nichts mit Schimpansen zu tun und beleidigt die echte Intelligenz und verschmitzte Schlitzohrigkeit, mit der sich Schimpansen als unsere haarigen Vettern ausweisen“, resümiert Primatologin Dr. Signe Preuschoft.

Weitere Informationen: http://www.vier-pfoten.de/themen/wildtiere/aktuell/archiv/schimpanse-robby-muss-zunaechst-im-circus-…

Über VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz

Seit 1988 setzt sich VIER PFOTEN dafür ein, dass Menschen Tieren mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnen. Dafür betreibt die international tätige Stiftung mit Büros in zwölf Ländern Aufklärungs- und Bildungsarbeit, nachhaltige Kampagnen sowie Lobbyarbeit. Im Fokus steht dabei die Verbesserung der Lebensbedingungen von Nutz-, Heim- und Wildtieren. In den Schutzzentren von VIER PFOTEN finden Bären und Großkatzen aus schlechter Haltung ein tiergerechtes Zuhause. www.vier-pfoten.de

Aussender: Melitta Töller, VIER PFOTEN Deutschland
Foto: VIER PFOTEN lehnt die Haltung von Schimpanse Robby im Circus Belly strikt ab (c) VIER PFOTEN
Redaktion: Torben Gösch