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Forscher therapieren funktionalen Analphabetismus – Neurobiologische Ursachen werden mit zwei Programmen angegangen

Funktionaler Analphabetismus hat nicht nur soziale, sondern auch neurobiologische Ursachen. Das haben Forscher der Universität Bamberg herausgefunden – und mit „AlphaPlus“ und „AlphaPlus Job“ Programme entwickelt, die den Betroffenen effektiv helfen können. Menschen mit funktionalem Analphabetismus können Tätigkeiten des alltäglichen Lebens, wie die Tabelle mit den Abfahrt- und Ankunftszeiten am Bahnhof zu studieren, nur schwer erfassen. Foto: pixelio.de, berwis

Sie können einfache Wörter, Sätze oder Texte nicht oder kaum lesen und nur schlecht schreiben.

Training für auditive Wahrnehmung

Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie und Elektroenzephalografie wurde untersucht, welche neuronalen Netzwerke des Gehirns am Leseprozess beteiligt sind. „Wir konnten messen, dass die Nervenzellen, die für die auditive Wahrnehmung zuständig sind, bei funktionalen Analphabeten schlechter ausgebildet sind als bei Erwachsenen mit normalen Lesefähigkeiten“, unterstreicht Psychologie-Professor Jascha Rüsseler.

Dem Bamberger Experten nach können funktionale Analphabeten akustische Reize, die oft nur Millisekunden dauern, nicht unterscheiden. Die Folge: Ähnlich klingende Laute wie „ba“, „pa“, „ta“ und „da“ sind für sie kaum zu erkennen. Die Fähigkeit, solche Laute zu unterscheiden, ist aber Grundvoraussetzung für eine gut ausgebildete Lese- und Schreibkompetenz. AlphaPlus und AlphaPlus Job seien daher guteTrainingsprogramme für Erwachsene.

Interaktion beider Gehirnhälften als Ziel

AlphaPlus richtet sich speziell an Langzeitarbeitslose, die aufgrund ihres funktionalen Analphabetismus als berufsunfähig gelten. AlphaPlus Job ist gezielt auf die Bedürfnisse berufstätiger Lerner abgestimmt und enthält zum Beispiel Wortschatzübungen, die in bestimmten Berufsgruppen gehäuft vorkommen. Eine Sitzung von AlphaPlus oder AlphaPlus Job baut auf technische Programme auf, die von den Psychologen mitentwickelt wurden.

Eine Sitzung beginnt mit dem Audiotrainer, einem Gerät, das die Wahrnehmung optischer und akustischer Reize und die Unterscheidung von ähnlich klingenden Lauten wie „ba“ und „pa“ schulen soll. Mit dem Computerprogramm Orthofix sollen Lese-, Schreibkompetenz und der Wortschatz ausgebaut werden. Der Lateraltrainer, der die Interaktion beider Gehirnhälften verbessern soll, sowie eine fünfbändige Handbuchreihe ergänzen die Lernmaterialien.

Aussender: pressetext, Florian Fügemann
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Redaktion: TG / Hallo-Holstein