Graz/Steyr – „Menschen, die an Geld denken oder auf geldbezogene Gedanken gebracht werden, nehmen seltsame – genauer gesagt nutzenmaximierende – Charakterzüge an“, resümiert Ökonom Jörg Kraigher-Krainer von der Fachhochschule Oberösterreich http://fh-ooe.at im Interview mit pressetext seine aktuellen Forschungsergebnisse.
Laut dem Wirtschaftsexperten reichen bei vielen Menschen bereits hintergründig platzierte Geldsymbole aus, um die Bereitschaft zu verringern, zu helfen, zu spenden, um Hilfe zu bitten oder zu kooperieren. „Lange Zeit war die Diskussion um die Frage, ob Geld den Charakter verdirbt, akademisch und von Werthaltungen geprägt. In Experimenten konnten wir nun jedoch das Gegenteil beweisen“, erklärt Kraigher-Krainer angesichts zweier durchgeführter Studien.
Weniger teilen, weniger spenden
In der ersten Studie mussten 60 Studenten einen Text über Krebsforschung lesen. Gruppe A erfuhr dabei, dass die Krebsforschung herausgefunden hat, wie man durch einen gesunden Lebenswandel Krebs vorbeugen kann – sie wurde gesundheitsgebahnt. Gruppe B hingegen wurde bekannt, dass die Krebsforschung in finanziellen Schwierigkeiten stecke und gefährdet sei, wenn sie nicht rasch Fördergelder auftreiben könne – diese Gruppe wurde geldgebahnt.
Beide Artikel wurden mit einem Bild ausgestattet. Gruppe A sah ein Bild mit Obst und Gemüse, Gruppe B ein Bild mit einem Geldstapel. Danach wurden beide Gruppen mit verschiedenen wertebezogenen Aussagen konfrontiert, denen sie mehr oder weniger zustimmen konnten. Die geldgebahnten Probanden verliehen weniger gerne Geld an Freunde, teilten weniger gern was sie hatten, waren lieber allein und besaßen lieber Dinge, die andere Menschen beeindrucken.
Materialistisches Denken dominiert
In der zweiten Studie wurde die kognitive Bahnung der beiden Gruppen einander noch stärker angenähert. Wieder wurden Studenten aus verschiedenen Ländern herangezogen und zufällig aufgeteilt. Im zu lesenden Text erfuhren sie etwas über das Aaustauschprogramm Erasmus. Der erste Absatz gab allgemeine Informationen zum Programm und war in beiden Gruppen ident. Auch der zweite Absatz wurde in beiden Formen bezüglich der Wortwahl so ähnlich wie möglich gehalten und thematisierte in beiden Fällen die Nachteile des Erasmus-Programms.
Gruppe A (Zeitbahnung) wurde insbesondere über die lange Zeitdauer informiert, die Erasmus-Studenten von zu Hause weg seien. Gruppe B (Geldbahnung) erfuhr, dass Erasmus zu teuer sei und Studenten zusätzlich 350 Euro im Monat benötigen würden. Beide Texte wurden wieder mit Bildern unterstützt, Text A mit einem Erasmus-Logo und Text B mit einem Geldbündel. Danach bekamen beide Gruppen wieder Aussagen vorgelegt, um Werthaltungen zu ermittteln.
Dem Wissenschaftsteam um Kraigher-Krainer nach zeigte sich die geldgebahnte Gruppe erneut insgesamt signifikant materialistischer als die zeitgebahnte Gruppe; insbesondere ist diese der Meinung, dass Eigentum ein Zeichen für Erfolg ist. Sie gab sich zudem weniger großzügig – zum Beispiel wenn es darum ging, etwas herzuborgen oder zu spenden.
Aussender: pressetext, Florian Fügemann
Foto: pixelio.de, A. Hermsdorf
Redaktion: TG / Hallo-Holstein