BERLIN, 17.03.2015 – Bei Luftangriffen der syrischen Streitkräfte in Al-Rakka wurden zwischen dem 11. und 29. November 2014 bis zu 115 Zivilisten, darunter 14 Kinder, getötet. Damit haben die syrischen Behörden erneut gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen. Einige der Angriffe sind allem Anschein nach als Kriegsverbrechen einzustufen. Das belegt ein neuer Bericht von Amnesty International.
Al-Raqqa under attack: Syrian air force strikes against civilians dokumentiert die Luftangriffe, die unter anderem auf eine Moschee, einen Markt voller Zivilisten und andere Gebäude, die keinem militärischen Zweck dienen, abzielten.
„Die Streitkräfte Syriens haben mit diesen Angriffen offenkundig gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen. Sie haben wiederholt nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen unterschieden. Einige dieser Angriffe müssen als Kriegsverbrechen untersucht werden“, fordert Ruth Jüttner, Expertin für den Mittleren Osten und Nordafrika bei Amnesty International in Deutschland.
Laut den syrischen Behörden galt der Beschuss Kämpfern und Stützpunkten des selbst ernannten Islamischen Staates (IS). Recherchen von Amnesty International belegen jedoch, dass in den meisten Fällen keine klaren militärischen Ziele in der Nähe der Angriffsziele ausgemacht werden konnten. Zwar bestätigten Bewohner, dass sie IS-Kämpfer in der Umgebung gesehen haben, diese hätten aber in ziviler Kleidung an den Freitagsgebeten teilgenommen. Der IS hatte im vergangenen Juni Al-Rakka erobert und zur Hauptstadt des „Islamischen Kalifats“ auf irakischem und syrischem Boden erklärt.
„Die bloße Anwesenheit von Mitgliedern des IS berechtigt die syrische Regierung nicht dazu, Wohngebiete zu bombardieren und damit den Tod von Zivilisten in Kauf zu nehmen. Willkürliche Brutalität darf nicht mit dem ‚Kampf gegen Terroristen‘ gerechtfertigt werden“, so Jüttner.
Vier Jahre nach dem Beginn der Krise in Syrien sind die zivilen Opferzahlen erschreckend hoch. Die internationale Gemeinschaft hat bisher beim Schutz der syrischen Zivilbevölkerung versagt. „Eine Verweisung der Situation in Syrien an den Internationalen Strafgerichtshof und ein Waffenembargo würden ein Zeichen gegen die Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung setzen, die vom IS und den syrischen Streitkräften verübt werden“, sagt Jüttner.
Aussender: Amnesty International
Redaktion: TG / Hallo-Holstein