Die Bundesregierung schwächt im Zuge des geplanten Verkaufs des Urananreicherers Urenco die politischen Kontrollmöglichkeiten für die militärisch höchst brisante Urananreicherungs-Technologie. Zugleich führt sie mit der britischen und niederländischen Regierung sowie den deutschen Urenco-Miteigentümern E.on und RWE einen „Markttest“ durch, um das Interesse an Urenco zu erkunden.
Auch weigert sich die Bundesregierung beharrlich, den Bundestag in die Beratungen um den geplanten Urenco-Verkauf mit einzubeziehen. Dies geht aus einer aktuellen Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor.
Bislang sind alle Eigentümer des Urananreicherers Urenco durch Staatsverträge gebunden. Nun wollen die drei Regierungen zukünftige Eigentümer nicht mehr derselben staatlichen Kontrolle durch neue Staatsverträge mit den jeweiligen Regierungen unterwerfen. Stattdessen soll ein bislang nur nebulös skizzierter „Rechtsrahmen“ das bisherige Kontrollregime ersetzen. Damit werden die Kontrollmöglichkeiten gegenüber zukünftigen Eigentümern deutlich verringert und Missbrauch ist wesentlich leichter möglich.
Urenco-Börsengang im Mai 2015?
Sehr besorgniserregend ist auch das fehlende Dementi der Bundesregierung gegenüber einem Börsengang. Die Nachrichtenagentur Reuters hatte vor zwei Wochen gemeldet, dass die Urenco-Eigentümer gemeinsam mit der Bundesregierung für die Zeit nach der britischen Unterhauswahl im Mai 2015 einen Börsengang planen, um ein möglichst hohes Verkaufsergebnis zu erzielen.
„Die Antworten der Bundesregierung sind alarmierend. Anstatt eine rote Linie zu ziehen, um gemäß dem Atomwaffensperrvertrag die Verbreitung der Atomwaffentechnologie zu verhindern, fördert die Bundesregierung den unkontrollierten Verkauf von Urenco. Doch auf diesem Gebiet kann es null Toleranz geben. Deshalb fordern wir von der Bundesregierung, die Verkaufsvorbereitungen für Urenco sofort zu stoppen und die Urananreicherung sowie die Zentrifugenforschung in Deutschland umgehend zu beenden,“ so Udo Buchholz vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU).
„Offiziell will Deutschland aus der Atomenergie aussteigen, aber die Bundesregierung arbeitet in Gronau unverdrossen an der Zukunft der Urananreicherung in Deutschland. Profitieren werden durch den Verkauf allein E.on und RWE. Der rasant wachsende Atommüllberg kann nirgendwo sicher entsorgt werden und die Folgen der Weiterverbreitung der Atomwaffentechnologie werden die internationale Politik noch Jahrzehnte beschäftigen – wenn die Bundesregierung jetzt nicht die Notbremse zieht,“ ergänzte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen.
Hintergrund:
Urenco gehört zu je einem Drittel dem britischen und niederländischen Staat. Das letzte Drittel teilen sich E.on und RWE. Die Bundesregierung hat durch den Staatsvertrag von Almelo starke Mitsprache- und Kontrollrechte sowie (noch) ein Vetorecht bei jedem Verkauf. Medienberichten zufolge soll der Verkauf von Urenco ca. 10 Mrd. Euro erbringen.
Im westfälischen Gronau betreibt Urenco die einzige deutsche Urananreicherungsanlage, die bislang jedoch vom Atomausstieg ausgenommen ist. Von Gronau wird jedes 10. AKW weltweit mit Atombrennstoff beliefert. Zugleich fallen in Gronau jährlich mehr als 6000 Tonnen abgereicherter Uranmüll an, für dessen Lagerung 2015 ein neues Atommülllager vor Ort ohne zeitliche Befristung in Betrieb gehen soll.
Weitere Urananreicherungsanlagen stehen in Almelo/NL, Capenhurst/UK sowie Eunice/USA.
Weitere Infos: www.bbu-online.de, www.sofa-ms.de, www.urantransport.de, www.aku-gronau.de
Aussender:
Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU)
AKU (Arbeitskreis Umwelt) Gronau
Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
Kontakt: Udo Buchholz, Matthias Eickhoff
Redaktion: Torben Gösch