Berlin (DAV/RAV/Vereinigung Berliner Strafverteidiger). In dem gegen 46 Anwältinnen und Anwälte gerichteten KCK-Verfahren wurden am 18. März 2014 überraschend die letzten zehn Inhaftierten gegen Kautionszahlungen freigelassen. Das Istanbuler Gericht begründete die Entscheidung damit, es lägen keine Anhaltspunkte für eine Fluchtgefahr der Inhaftierten vor.
„Bereits seit Beginn des Verfahrens 2011 trägt die Verteidigung vor, dass bei den inhaftierten Angeklagten keine Fluchtgefahr gegeben ist. Die Kolleginnen und Kollegen waren trotzdem zweieinhalb Jahre lang in Untersuchungshaft. Die jetzige Verneinung der Fluchtgefahr scheint für das Gericht der einzige Ausweg gewesen zu sein, nicht von staatlichem Verschulden sprechen zu müssen in einem Verfahren, das sich bisher ohnehin als Farce dargestellt hat“, kommentierte Rechtsanwältin Antonia von der Behrens, die das KCK-Verfahren für den RAV beobachtet.
Der Deutsche Anwaltverein (DAV), der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) und die Vereinigung Berliner Strafverteidiger begrüßen die längst überfällige Aufhebung der Haft. Sie sind jedoch weiterhin besorgt über den schleppenden Fortgang des Verfahrens. Der Beschleunigungsgrundsatz ist auch im türkischen Recht zu beachten. Dennoch haben seit Verhandlungsbeginn im Juli 2012 erst neun Hauptverhandlungstage stattgefunden. Der für Anfang April 2014 angekündigte zehnte Verhandlungstermin wurde vor wenigen Tagen aufgehoben. Noch ist nicht bekannt, wann das Verfahren fortgesetzt wird.
„Bereits dieser Umstand müsste in einem rechtsstaatlichen Verfahren zu einer Einstellung führen. Es kann nicht sein, dass Angeklagte, gegen die ein Haftbefehl besteht, nicht wissen, wann gegen sie weiter verhandelt wird und das vor einem Gericht, das einfach ausgetauscht worden ist“, sagte Rechtsanwältin Gül Pinar, Prozessbeobachterin des DAV beim KCK-Verfahren.
Durch eine Anfang März 2014 in Kraft getretene Rechtsänderung wurden die bisher zuständigen Sondergerichte aufgelöst und alle Verfahren der ordentlichen Strafgerichtsbarkeit zugeordnet.
„Seit Jahren war die Abschaffung dieser an ein Militärregime erinnernden Sondergerichte überfällig, und es bleibt zu hoffen, dass das neue Gericht nun angemessen Recht sprechen wird“, so Rechtsanwältin Gilda Schönberg, Prozessbeobachterin des KCK-Verfahrens für die Vereinigung Berliner Strafverteidiger.
Im KCK-Verfahren sind 46 Anwältinnen und Anwälte wegen der angeblichen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation angeklagt. Zur Last gelegt wird ihnen die Ausübung ihrer anwaltlichen Pflichten: Der Anklagevorwurf knüpft daran an, dass sie an der Verteidigung von Abdullah Öcalan beteiligt waren oder andere inhaftierte Mandanten besucht hatten.
Während die Änderung der Gerichtszuständigkeit in dem KCK-Verfahren gegen die Anwälte zu deren Entlassung führte, sind in den anderen KCK-Verfahren gegen Journalisten, Gewerkschaftler und kurdische Politiker sowie in dem ÇHD-Verfahren gegen Strafverteidiger weiterhin zahlreiche Personen inhaftiert. Dies ist mehr als besorgniserregend, und wir fordern die umgehende Freilassung auch dieser Inhaftierten.
Wir werden die justiziellen Entwicklungen und den Fortgang der Verfahren gegen unsere Kolleginnen und Kollegen weiterhin beobachten.
Pressesprecher Swen Walentowski – www.anwaltverein.de