Börse Frankfurt: Viele Start-ups starten IPO in Übersee (Foto: pixelio.de, Gast)

Börse Deutschland: Mut und Visionen fehlen – Wachstumskapital für Tech-Unternehmen ausreichend vorhanden

Frankfurt – Wachstumskapital und Innovationskraft für Internet- und E-Commerce-Unternehmen in Deutschland existiert reichlich, allein es fehlt an Mut und Visionen, bis zu einem möglichen IPO durchzuhalten, so der Tenor einer Podiumsdiskussion über Hightech-Unternehmen auf dem Deutschen Eigenkapitalforum http://eigenkapitalforum.com in Frankfurt. Bemängelt wurde, dass sich viele erfolgversprechende Start-ups zu früh an einen strategischen Investor verkaufen. Dadurch entgingen der Börse interessante Unternehmenskarrieren. Die Wahl des Börsenplatzes selbst sei relativ egal.Börse Frankfurt: Viele Start-ups starten IPO in Übersee (Foto: pixelio.de, Gast)

Qualität und Vision fehlen oft

 

168 Hightech-IPOs mit einem Volumen von 50 Mrd. Dollar in den USA in den vergangenen fünf Jahren stehen 25 Börsengänge in Europa mit einem Volumen von gerade einmal vier Mrd. Euro gegenüber, erläuterte Berenberg-Manager Jochen Schmidt. Letztes Highlight war der äußerst erfolgreiche Börsegang von Twitter in der vergangenen Woche. Warum das in Deutschland nicht möglich sei, erklärte Christian Nagel von der Earlybird Venture Capital in Berlin. „Wir haben die Qualität nicht, wir haben die Marktführer nicht, und es fehlt die große Vision.“

Hingegen meinte Burkhard Ley von der Wirecard AG, dass es heute egal sei, wo ein Hightech-Unternehmen seinen Sitz habe. Allerdings klärte auch er auf, dass sich über 70 Prozent seiner Aktionäre in London oder in den USA befinden. Wichtig sei, dass man es mit seinem Unternehmen auf den Radarschirm der potenziellen Investoren schaffe. Dazu sei ein überzeugender USP und ein gewisses Finanzvolumen erforderlich. Dies bestätigte auch Investor Metehan Sen von der Lesire AG. Er kritisierte die Überregulierung des Aktienmarktes und die fehlende Aktienkultur in Deutschland (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20131111016 ).

Auch Hans Cornehl, Chef des börsenotierten Glücksspielunternehmens Tipp24 SE bemängelte, dass es in Deutschland das Talent gibt, so viel wie möglich zu regeln – anstelle von so viel wie nötig. Daher werde sein Unternehmen den Sitz nach London verlegen. „Wir haben das Geschäftsmodell verändert, die Strategie geändert, aber nicht mehr in Deutschland“, sagte der Vorstandschef.

Wachstumsgrenzen in Köpfen

Jörn Nikolay von General Atlantic hingegen sieht eine Reihe fantastischer Unternehmensgeschichten in Deutschland, wie etwa Trivago, über die allerdings zu wenig berichtet werde. Er zeigte sich überzeugt, dass „wir noch eine größere Anzahl von Unternehmen sehen werden, die an die Börse gehen“. Der Börsenplatz sei egal, wenn man einen internationalen Anspruch hat. Er würde sich mehr Offenheit und Risikofreude wünschen, das Potenzial in Europa sei groß: immerhin mit zwei Emerging Markets vor der Haustür – Osteuropa und Afrika.

Cornelius Patt, Chef der Zooplus AG, klärte über die Vorteile des E-Commerce gegenüber dem stationären Handel auf und verwies auf den Reisemarkt, der inzwischen zu einem guten Teil ins Internet abgewandert sei. „Wir müssen den Online-Handel als Mega-Chance begreifen, die Märkte migrieren vollständig ins Internet“, prognostizierte Patt. „Wachstumsgrenzen für das digitale Geschäftsmodell gibt es nicht – nur in den Köpfen.“ Das bestätigte auch Tipp24-Chef Cornehl. Der Lottomarkt ist 750 Mrd. Euro schwer, bis dato werden erst drei Prozent über das Internet abgewickelt. „Der gesamte Markt wird online gehen“, gibt sich Cornehl überzeugt.

Christian Nagel von der Earlybird VC-Gesellschaft ergänzte, dass sich in den vergangenen Jahren gerade in Berlin eine hohe Online-Marketing-Kompetenz entwickelt hat. Das gibt es weltweit nirgendwo. Da könne was entstehen. „Wenn die Leuchttürme mal produzieren, dann wird auch mehr Geld kommen.“ Patt fügte hinzu, der Markt sei riesig, er könne aber nur in den Nischen funktionieren. „Gewinnen werden die Spezialisten.“

pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Dr. Wilfried Seywald
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