München – Die Pläne der Yahoo-Chefin Marissa Mayer http://yahoo.com , die eigenen Mitarbeiter vom Home Office wieder ins Büro des Konzerns zurückzuholen, stoßen bei Branchenbeobachtern auf blankes Unverständnis. „Die radikale Entscheidung von Mayer kann die Vertrauensbasis zerstören“, resümiert Maximilian Nobis, Personalexperte vom IT-Beratungshaus Harvey Nash http://harveynash.com/de , auf Nachfrage von pressetext. „Mit Zwang erreicht man eher das Gegenteil. Es gibt Mitarbeiter, die die Trennung von Privat- und Geschäftsleben schätzen. Es gibt aber auch Mitarbeiter, die Mischformen favorisieren“, urteilt der Fachmann.
Schlechter Stil
Kritik zu Mayers Entscheidung hagelt es aber auch direkt aus der IT-Branche. In einer Zeit des Fachkräftemangels gehe dies vor allem zulasten der Motivation und führe sogar zu einer Abwanderung von Talenten, so der Tenor. „Yahoo ist ein Technologiekonzern und lebt von guten Arbeitskräften. Der Belegschaft so eine Maßnahme per E-Mail mitzuteilen, ist kein guter Stil. Es ist wohl der verzweifelte Versuch von Mayer, ihren angeschlagenen Konzern wachzurütteln“, betont Nobis. In der IT-Branche seien eher Mischformen gefragt.
Der Fachmann kennt bei den Firmenkunden von Harvey Nash keinen Fall, wo ausschließlich auf die Arbeit in den eigenen vier Wänden gesetzt wird. Es dominieren flexible Modelle. Ob es Mayer gelingen wird, auf den Spuren ihres alten Arbeitgebers Google zu wandeln und eine ähnliche Campus-Kultur auf die Beine zu stellen, sei schwierig. „Die Leute zurückzuholen, ist mit hohen Investitionen verbunden. Auch ist ein Home-Office-Arbeitsplatz günstiger“, weiß Nobis. Wenn man dann noch den Anspruch habe, ein Wohlfühl-Klima wie bei Google zu schaffen, müsse man noch mehr ausgeben. „Mayer wird mit dieser Aktion kein Geld sparen.“
Google-Kultur als Ziel
Um eine Google-Kultur zu schaffen, braucht man langen Atem, so Nobis. „Das wird Mayer nicht so schnell bewerkstelligen, schon gar nicht mit radikalen E-Mails. Auch Schwarz-Weiß-Denken führt hier nicht weiter. In der IT-Branche dominieren flexible Arbeitszeitmodelle. Und das ist sehr sinnvoll – etwa bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Reine Home-Office-Arbeit wird sehr häufig abgelehnt, denn viele Ideen und Innovationen entstehen nicht in Meetings, sondern auf dem Flur im direkten Austausch“, verdeutlicht Nobis.
Eine Umkehr in der Technologiebranche nach dem Modell von Yahoo sieht er nicht. Es gebe verschiedenste Formen bei den Arbeitszeiten: Vertrauensarbeitszeit, Kernzeiten, Kombination von Präsenztagen im Büro und Möglichkeiten für das Arbeiten zu Hause. „Da hat sich eine Menge getan – auch bei den technologischen Möglichkeiten, an fast jedem Ort der Welt arbeiten zu können. Einen Rückfall in alte ‚9 to 5′-Zeiten wird es nicht geben“, so Nobis‘ Fazit. Eine Wende konnte Mayer als Vorstandschefin bislang nicht einleiten. Der Marktanteil von Yahoo am Suchmaschinenmarkt ist weiterhin rückläufig.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Gunnar Sohn
Marissa Mayer: Noch kein Jahr CEO und schon in der Kritik (Foto: yahoo.com)