Berlin – Wegen der bevorstehenden Verabschiedung einer EU-Richtlinie warnt der Bundesverband Haushaltshilfe und SeniorenBetreuung e.V. (BHSB – http://www.bhsb.de ) davor, deutsche Familien und osteuropäische BetreuerInnen zu diskriminieren. Das könnte leicht passieren, wenn die Europäische Kommission am 20. März über den Änderungsvorschlag zur Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Dienstleistungserbringung abstimmt. Was nur wenige wissen: Die geplante Neuregelung wird die Entsendung von osteuropäischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besonders für kleine und mittelständische Unternehmen praktisch unmöglich machen.
Nach vorliegenden Schätzungen werden schon heute cirka 1.5 Millionen kranke und pflegebedürftige Menschen von Ihren Angehörigen zu Hause gepflegt. Sehr oft stoßen dabei die Familien an Ihre Belastungsgrenzen, da die verfügbaren Hilfen wie Pflegedienst, Hausnotruf, Nachbarschaftshilfe oder Verhinderungspflege einfach nicht mehr ausreichen. Letztendlich steht man vor der Entscheidung: Pflegeheim oder Einsatz einer Betreuungskraft in eigenen Haus, wo die osteuropäischen Betreuungskräfte in einem Maß Aufgaben übernommen haben, dass ohne sie die häusliche Versorgung zusammenbrechen würde.
„Nach realistischen Schätzungen“, so BHSB-Vorstandsmitglied Michael Gomola, „arbeiten heute cirka 100.000 bis 150.000 Betreuungskräfte aus Osteuropa in Privathaushalten. Seit Jahren setzen wir uns bei Politik und Behörden für die gezielte Schaffung eines legalen, praktikablen und bezahlbaren Rahmens für die deutschen Familien und die Pflegekräfte aus dem Ausland ein.“
Derzeit gibt es nur zwei anerkannte, legale Möglichkeiten: Entweder stellt die Familie als Arbeitgeber selbst eine Kraft ein oder die Betreuerin wird direkt von einem osteuropäischen Unternehmen angestellt und entsendet. In diesem Fall werden die Sozialversicherungsabgaben in dem Heimatland der Betreuungskraft abgeführt und die Betreuerin wird legal in Deutschland tätig, was über eine entsprechende Bescheinigung (A1) des Sozialversicherungsträgers nachgewiesen werden kann.
„Aus unserer Erfahrung wissen wir“, so Michael Gomola weiter, „dass die Angehörigen in der Regel mit der Pflegesituation überlastet sind und nicht die Kraft aber auch nicht das Wissen besitzen, selbst die Arbeitgeberrolle zu übernehmen. Nach der Statistik des Arbeitsamtes nutzten in den letzten fünf Jahren jährlich nicht mehr als 2000-3000 Familien das System der Anstellung in Deutschland. Und das bei einem Bedarf von deutlich über 100 000 Betreuungskräften.“
Somit bleibt neben der kleinen Zahl der Angestellten derzeit nur noch die eine für die Familien einfache und praktikable Möglichkeit der Entsendung als legale Alternative. Doch nun sollen die im Rahmen der EU-Dienstleistungsrichtlinie anzuwendenden Vorschriften so verschärft werden, dass die Entsendung durch die vorwiegend kleinen und mittelständischen Unternehmen aus Osteuropa praktisch unterbunden wird.
Schon heute arbeiten cirka 90 Prozent der Betreuungskräfte illegal. Wenn jetzt noch die Entsendungslösung für Familienangehörige und Pflegebedürftige praktisch unterbunden wird, bricht der legale Anteil der häuslichen Seniorenbetreuung in Deutschland total zusammen.
Sowohl der deutsche Branchenverband BHSB (http://www.bhsb.de ) als auch der polnische Branchenverband SAO (http://www.sao-verband.de ), die gemeinsam für über 80 Prozent der legalen Anstellungsverhältnisse der osteuropäischen Betreuungskräfte stehen, plädieren dringend an die zuständigen Politiker und Gremien, die Verschärfung der EU-Richtlinie nochmals zu überarbeiten und ggf. die privaten Haushalte und somit auch alle betroffenen Familien und Pflegeangehörige aus dieser Regelung auszuklammern.
Denn der Bereich der Seniorenbetreuung ist nicht das eigentliche Problem bzw. der Auslöser der Verschärfung. Vorrangig in der Baubranche gab es in der Vergangenheit sehr viele Verstöße gegen die bestehende Regelung und so zielt die Verschärfung in erster Linie auf diesen Bereich ab. Insofern darf es nicht sein, dass die Neuregelung die Familien trifft, die als private Leistungsempfänger in einer Notsituation so schnell wie möglich eine Betreuungskraft für Ihre Angehörigen benötigen. Denn hier hat unser in Deutschland bisher vorgesehenes System längst versagt und wenn die Politik nicht kurzfristig korrigierend eingreift, wird auch noch die letzte praktikable und bezahlbare Möglichkeit einer legalen Zusammenarbeit mit osteuropäischen Betreuungskräften unterbunden.
Gomola: „Wir sind ganz klar für eine Verbesserung der bestehenden Richtlinie. Wir setzen uns für mehr Rechte der ausländischen Arbeitnehmer ein! Auch eine bessere Überwachung der ausländischen Unternehmen ist wünschenswert. Allerdings müssen wir darauf achten, dass durch Beseitigung eines Problems nicht woanders ein neues geschaffen wird. Betroffene Bürger sollten sich daher sehr zeitnah an die Europaabgeordneten ihres Wahlbezirks wenden und diese auf die Problematik aufmerksam machen.“
Bundesverband der Haushaltshilfe und SeniorenBetreuung e.V. (BHSB e.V.)