Warschau – Die polnische Wirtschaft wird im kommenden Jahr nur mehr 1,5 Prozent wachsen. Gegenüber 2012 mit einem derzeitigen Wachstum von 2,1 Prozent bedeutet dies einen Rückgang um 28,5 Prozent bzw. 0,6 Prozentpunkte. Im Vergleich zu den aktuellen Zahlen mancher rezessionsgeplagter Volkswirtschaften in der Eurozone steht Deutschlands Nachbar noch relativ gut da, doch auch östlich der Oder spürt man die Auswirkungen der Schuldenkrise immer intensiver. Polen arbeitet derzeit an seinen Defizit- und Inflationszielen und will künftig Teil der Währungsunion sein, doch zuvor muss nach Ansicht der polnischen Regierung die Schuldenkrise gelöst sein.
Fiat streicht Stellen
Polen genießt den Ruf eines billigen Produktionsstandortes. Unternehmen wie Opel, Bosch, Electrolux oder Whirlpool sind dort tätig. Die Fiat-Fabrik im südpolnischen Tichau galt lange Zeit als eine der produktivsten Europas. Doch nun hat Konzern-Chef Sergio Marchionne angekündigt, 1.500 Stellen streichen zu müssen. Das entspricht rund einem Drittel der ganzen Belegschaft. Während im Jahr 2009 noch 600.000 fertige Wagen die Fabrikhallen verließen, werden es 2013 nur mehr die Hälfte sein. Die starke Abhängigkeit des Unternehmens von den kriselnden Märkten in Italien und Spanien trifft nun auch den Standort Polen.
Bürokratische Hürden
Die Wirtschaft hängt naturgemäß von der Nachfrage seiner Nachbarn ab. Rund 55 Prozent der gesamten polnischen Ausfuhren werden in den Euroraum geliefert, insbesondere nach Deutschland, das derzeit selbst mit Wachstumsproblemen kämpft. Neben der schwachen Nachfrage aus dem Euroraum, ist es auch Polen selbst, das die Situation nicht unbedingt verbessert. So kritisiert etwa Antoni F. Reczek, Präsident der Britisch-polnischen Handelskammer http://bpcc.org.pl , dass Regierungsbeamte durch willkürliche Entscheidungen für kleine- und mittelgroße ausländische Unternehmen bürokratische Hürden errichten, die sie an Investitionen hindern. Umso mehr ist das Land von großen Konzernen wie Fiat abhängig.
„Dynamik und Stabilität“
Trotz der negativen Auswirkungen vonseiten der Euroländer und den bürokratischen Schwierigkeiten gibt es auch Lichtblicke. Wesentlicher und zentraler Vorteil ist, dass Polen bislang nicht den Euro als Währung eingeführt hat. Umso schlechter die Lage in den Nachbarstaaten ist, desto attraktiver werden die Ballungszentren Warschau und Krakau, so der Tenor. „Ich glaube, dass Warschau die Hauptstadt Zentral- und Osteuropas wird. In diesen schwierigen Zeiten bietet die Stadt nicht nur Dynamik, sondern auch Stabilität“, erklärt die Warschauer Bürgermeisterin Hanna Gronkiewicz-Waltz. Auch Krakau gewinnt an Attraktivität. Insbesondere die städtische Universität ist mittlerweile zu einem Outsourcing-Center für Unternehmen wie IBM, Citigroup oder Lufthansa geworden.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Sebastian Köberl
Fans: Polen ist nicht immun gegen Eurokrise (Foto: pixelio.de/Barbara Nowak)