Tokio -In Japan verfügen Computer- und Videospiele bekanntermaßen über eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz. Dass dieser Umstand mitunter auch eher skurrile bzw. sogar recht bedenkliche Entwicklungen mit sich bringt, zeigt ein aktueller Bericht von einer Hochzeit der etwas anderen Art. Demnach hat ein junger Japaner zu seiner Vermählung mit seiner echten Freundin gleich drei virtuelle Beziehungspartner aus dem Dating-Videospiel „Love Plus“ „aufmarschieren“ lassen, weil er sich von diesen offenbar nicht losreißen konnte. Die eingeladenen Gäste staunten dabei nicht schlecht, als die fiktiven Gespielinnen im Zuge der Feier auch noch eigene Sessel zugewiesen bekamen.
„Egal, ob Internet oder Computerspiele – die Neuen Medien haben für die Menschen nicht nur Vorteile, sondern auch einige problematische Verhaltensweisen mit sich gebracht“, stellt Artur Schroers, Leiter des Instituts für Suchtprävention der Sucht- und Drogenkoordination Wien http://drogenhilfe.at , gegenüber pressetext klar. Zum konkreten Fall in Japan könne er zwar keine spezifische Diagnose abgeben. „Die beschriebenen Symptome erinnern aber sehr stark an das, was wir aus dem Suchtbereich kennen“, betont der Experte, der in diesem Zusammenhang auch noch auf einen anderen wichtigen Aspekt verweist: „Vielfach wird versucht, sich virtuelle Ersatz-Befriedigungen für echte Bedürfnisse zu suchen. Die Neuen Medien bieten hierfür zahlreiche Möglichkeiten.“
Kein Einzelfall
„Japanische Männer halten ihre virtuellen Freundinnen in hohen Ehren. Sogar diejenigen, die eventuell eine echte Partnerin finden, haben oft Probleme damit, sich von ihren digitalen Bekanntschaften zu trennen“, kommentiert das japanische Online-Portal http://www.japantoday.com die kürzlich abgehaltene Hochzeitszeremonie. Dieses Abhängigkeitsverhalten sei bei weitem kein Einzelfall. „Es gibt unzählige solcher Geschichten, wo Männer von ihren Freundinnen oder Ehefrauen verlassen werden, weil sie zu viel Zeit mit ihren virtuellen Gespielinnen verbringen“, heißt es im Bericht.
Dass im Land der aufgehenden Sonne tatsächlich eine große Nachfrage nach einschlägigen digitalen Dating-Erfahrungen besteht, zeigen die Verkaufszahlen entsprechender Spieletitel. Alleine das oben genannte Dating-Game „Love Plus“, das von Konami http://www.konami.com für Nintendos portable Videospielkonsole Nintendo DS angeboten wird, soll innerhalb der japanischen Landesgrenzen mehr als 250.000 Mal über die Ladentische gewandert sein.
Reale versus virtuelle Welt
Zumindest die Geschichte des skurrilen Hochzeitsberichts hat aber letztendlich doch noch ein gutes Ende für Braut und Bräutigam genommen. Letzterer nahm sich Augenzeugenberichten zufolge nämlich gegen Ende der Zeremonie ein Herz und entfernte mit Tränen in den Augen das „Love Plus“-Steckmodul aus seiner Nintendo-Konsole, um es anschließend gemeinsam mit seiner frisch vermählten Gattin symbolisch mit einem Holzhammer zu zertrümmern. „Also hat die Realität zum Schluss doch noch über die virtuelle Welt gesiegt“, freut sich Suchtexperte Schroers abschließend.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Markus Steiner
Virtuelle Liebe: „Love Plus“ ist in Japan sehr beliebt (Foto: konami.com)