Bonn – Trinkgelder sind nicht unbedingt steuerfrei. „Insbesondere bei Unternehmern kommt es häufig zu fehlenden oder falschen Angaben. Sie behalten Trinkgelder ein, ohne die Gelder zu verbuchen. Sie gehen fälschlicherweise davon aus, dass Trinkgelder steuerlich nicht von Belang sind“, sagt Bärbel Ettig, Präsidentin des Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller (BVBC) http://www.bvbc.de , gegenüber pressetext. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten die steuerlichen Spielregeln kennen und beachten, rät der BVBC. Trinkgelder bilden verstärkt einen Schwerpunkt bei Betriebsprüfungen, registriert der Bundesverband.
Drohende Steuernachzahlungen
„Gerade Einzelunternehmer und Gesellschafter einer Personengesellschaft geraten leicht ins Visier der Finanzbehörden. Prüfer ziehen Vergleichswerte aus der Branche zur Rate und haben so Anhaltspunkte, welche Trinkgelder üblich sind. Sie prüfen im Einzelfall, ob die laufenden Privatentnahmen die Kosten der privaten Lebensführung decken“, sagt Ettig. Herrscht hier eine große Diskrepanz, liegt der Verdacht nahe, dass noch andere Einnahmen vorliegen. So kommen Prüfer den Tricksereien schnell auf die Schliche. Wer sich nicht an die Vorgaben hält, riskiert hohe Steuernachzahlungen bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen.
Mitarbeiter müssen wissen, dass bestimmte Trinkgelder steuerpflichtig sind. „Dazu zählen alle Gelder, auf die Mitarbeiter einen Rechtsanspruch haben. Das sind etwa vertragliche Sonderzahlungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, feste prozentuale Bedienungszuschläge in der Gastronomie, Metergelder im Möbeltransportgewerbe, Tronc-Einnahmen von Mitarbeitern in Spielbanken“, erklärt Ettig. Maßgeblich für die Besteuerung ist, wer das Trinkgeld empfängt.
Arbeitnehmer stehen da weniger im Visier. Denn ein von Dritten erhaltenes Trinkgeld ist lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei, wenn es freiwillig und ohne Rechtsanspruch fließt. Hat der Arbeitnehmer auf Zuschläge allerdings einen vertraglichen Anspruch, werden sie steuer- und sozialversicherungspflichtig. Dann sind Arbeitgeber verpflichtet, die Zuschläge als Lohnbestandteile in der Lohn- und Gehaltsabrechnung zu berücksichtigen.
Trinkgeld als Entgelt für Leistung
Wenn der Unternehmer selbst Trinkgeld empfängt, vertreten die Finanzbehörden die Auffassung, dass gezahlte Trinkgelder keine persönliche Wertschätzung darstellen. Sie sind mit der unternehmerischen Leistung verknüpft. Die Folge: Unternehmer müssen Trinkgelder in der Buchhaltung erfassen. „Da der Fiskus Trinkgelder als Entgelt für eine Leistung wertet, müssen Unternehmer aus dem Bruttobetrag die Umsatzsteuer ermitteln und an das Finanzamt abführen“, erläutert BVBC-Expertin Ettig. Viele Unternehmer sind sich der Problematik nicht bewusst. „Das böse Erwachen kommt für viele Unternehmer im Rahmen der Betriebsprüfung“, warnt Ettig vom BVBC.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Oranus Mahmoodi
Angestellte Kellnerin: Trinkgeld ist steuerfrei (Foto: pixelio.de, Anja Müller)